Ein Fest mit 24 000 Gästen Hinter den Kulissen des Rocco del SchlackoWo die Stars Haare lassen

Für ein "richtiges Festival sind hier, ehrlich gesagt, noch etwas wenig Leute." Diese Beschreibung des Musikfestivals Rocco del Schlacko stammt von Johnny Bottrop, Gitarrist der Punkformation Terrorgruppe. Das war vor zehn Jahren, Terrorgruppe waren die Headliner des zweiten Rocco, und damals kamen keine 1000 Besucher

Für ein "richtiges Festival sind hier, ehrlich gesagt, noch etwas wenig Leute." Diese Beschreibung des Musikfestivals Rocco del Schlacko stammt von Johnny Bottrop, Gitarrist der Punkformation Terrorgruppe. Das war vor zehn Jahren, Terrorgruppe waren die Headliner des zweiten Rocco, und damals kamen keine 1000 Besucher. Dass der Rocco einmal gut 24 000 Menschen ins Köllertal locken würde, mehr als Püttlingen Einwohner hat, das wäre Johnny Bottrop damals wahrscheinlich nicht im Traum eingefallen. Aber so viele meist junge Leute waren es, die von Donnerstag bis Sonntag auf dem Sauwasen-Gelände campierten, feierten und die letzten Ferientage genossen.Bis der Rocco zum größten Rock-Festival im Südwesten werden konnte, war es ja auch ein langer Weg. So mussten die Ticketpreise immer wieder angehoben werden, um große Bands buchen zu können. Umgerechnet knappe fünf Euro zahlte man 2000 an der Abendkasse, um die Terrorgruppe zu sehen. In diesem Jahr waren es für zwei Tage 55 Euro. Zwei Mal wurde der Festivalplatz verlegt. Und mehr als einmal wurde das Konzert von Regenmassen heimgesucht.

Nicht so dieses Mal. Die paar Tropfen, die da am Samstagabend vom Himmel fielen, waren kaum der Rede wert. Dafür hatte das Publikum in diesem Jahr mit dem Staub zu kämpfen, den die Menschen durch das ausgelassene Feiern selbst aufwirbelten. Aber das störte niemanden. Größtenteils störungsfrei und vor allem friedlich verlief das Festival auch aus Sicht der Sicherheitsdienste. "Da sind einfach ein paar Tausend Menschen, die Spaß haben und feiern wollen", zeigte sich denn auch Püttlingens Bürgermeister Martin Speicher entzückt. "Klar, das hier ist nicht ganz meine Musik. Aber den Leuten gefällt es, also muss es gut sein. Deshalb komme ich immer wieder gern her."

Dasselbe muss wohl für viele Menschen im Publikum gelten, die in den über zehn Jahren mit dem Festival gealtert sind. Vor zehn Jahren waren unter den Zuschauern noch ein Großteil Jugendliche, und auch die Bands waren meist knackig frisch. Jetzt war das Publikum im Schnitt deutlich älter, auch die Musiker entsprechend erfahrener.

Kein Wunder, dass den gefühlten Höhepunkt des Freitags die Formation Bad Religion darstellte. Die Punk-Band besteht mit ihren drei Hauptakteuren unverändert bereits seit über 30 Jahren.

Mit Blumentopf und Fettes Brot waren zwei Hip-Hop-Gruppierungen beim Rocco vertreten, die - beide 1992 gegründet - das Genre in Deutschland quasi mit aus der Taufe gehoben hatten. Und Ärzte-Schlagzeuger Bela B., der (nach seinem Bandkollegen Farin Urlaub 2009) diesmal beim Rocco solo spielte, ist auch nicht mehr der Jüngste: Der Mann wird bald ein halbes Jahrhundert alt und begeisterte neben den vielen jüngeren Besuchern vor allem das Stammpublikum.

Dass dennoch immer wieder neue, junge Besucher den Weg zum Sauwasen-Festival finden, zeigte das Abschlusskonzert auf der Ponyhof-Bühne: Da waren es vor allem die Jungen, die nicht in ihren Zelten pennen wollten und stattdessen mit "The toten Crackhuren im Kofferraum" bis in die Nacht feierten. Dass sich zu der irren Berliner Formation zu vorgerückter Stunde für einen kurzen Moment Top-Act Bela B. gesellte, fiel dem jungen Publikum kaum weiter auf. Eben noch Superstar, jetzt Untergrund-Gastmusiker. Das würde Johnny Bottrop von der Terrorgruppe, Gott hab sie selig, ganz bestimmt ein richtiges Festival nennen.Püttlingen. Man muss es schon mit eigenen Augen gesehen haben, um es zu glauben: Weit ab von den Menschenmassen und der großen Bühne, dort wo die Stars ihre Freizeit vor und nach den Auftritten verbringen, gibt es beim Rocco del Schlacko einen echten Friseursalon!

Untergebracht in einem eigens umgebauten Lkw hat Starfriseur Philippe Rinkenbach mit seinem dreiköpfigen Team im Backstagebereich Kamm und Schere ausgepackt und verfeinert auf Wunsch die Frisuren von Band-Mitarbeitern, legt aber auch bei den Stars selbst Hand an. Die SZ durfte sich exklusiv im Truck umsehen. "Die Frisuren der Stars sind keine leichte Aufgabe", sagt Wahl-Saarbrücker Rinkenbach, "denn man darf beim Frisieren den Charakter des Künstlers, sein typisches Image, nicht verändern." Die Fans achten schließlich auf jede Nuance ihres Idols. "Dennoch lässt man uns genügend Freiraum, um uns kreativ entfalten zu können", bestätigt Mitarbeiter Eckhard, den alle nur Scissorhands ("Scherenhände") nennen, in einer Schneidepause.

"Wir haben hier regen Andrang und haben Listen mit Terminen ausgelegt", freut sich auch Friseurin Ute Rixecker. Auch die Top-Acts des Rocco waren von der Idee des Friseur-Lasters begeistert und ließen ihrer Haarpracht den letzten Schliff geben. Wer dabei war? Streng geheim! Nur soviel: Es wäre nicht das erste Mal, dass Rinkenbach etwa Ärzte-Drummer Bela B. gestylt hätte. Jedenfalls verließen viele Stars den Rocco nicht nur mit frischen Eindrücken vom Saar-Publikum, sondern auch mit einem frischen Haarschnitt. sma

Püttlingen. Camping-, Park- und Bühnenvorplatz machen den Großteil des Rocco del Schlacko-Geländes auf dem Sauwasen aus. Doch hinter den Bauzäunen im Zuschauerbereich ist noch längst nicht Schluss. Die Saarbrücker Zeitung konnte einen exklusiven Blick in alle anderen Bereiche werfen - hinter die Kulissen des Rocco del Schlacko.

Direkt hinter der Bühne ist es meistens genauso betriebsam wie davor. Während die eine Band schon vor dem Publikum steht, wird der Auftritt für die nächste bereits vorbereitet. Techniker, Manager und Betreuer der Künstler sprechen letzte Details mit den Rocco-Veranstaltern ab. Es wird hektisch telefoniert und diskutiert. Und wenn kurz vor dem Auftritt die Künstler hinter der Bühne auftauchen, steigt die Anspannung auf ihren Höhepunkt. Fotoapparate sind hier strengstens verboten.

Das gilt auch für den Band-Bereich, in dem die Musiker die Zeit bis zum Auftritt verbringen. Es ist ein ziemlich langer Fußmarsch zu der kleinen Wiese, wo Musiker die Chance haben, ihre Kollegen einmal besser kennenzulernen oder ein paar private Worte mit den Machern des Rocco del Schlacko zu wechseln. Für die Künstler gibt es einen eigenen Schuttle-Service hierher, im Kleinbus mit getönten Scheiben.

Drei junge Männer übernehmen im Band-Bereich eine ganz besondere, man könnte sagen ur-saarländische Aufgabe: Stefan Schwarz, Sebastian Ziegler und Jannik Eberhardt legen an einer Feuerstelle neben anderem Grillgut vor allem saarländische Schwenker und die bei uns berüchtigten Merguez auf. "Über 200 Schwenker haben wir für die Stars und deren Mitarbeiter schon gebrutzelt", verrät Schwarz. Beschwerden gab es dabei keine - die saarländische Kost scheint sehr gut anzukommen.

Ein wenig einfacher geht es im Helferbereich in der Sauwasen-Hütte zu. Dieser Bereich ist geschaffen für die über 1500 Leute, die helfen, das Festival auf die Beine zu stellen. Zu essen gibt es Nudeln oder Gulaschsuppe. Dazu stehen den oft schweißgebadeten Helfern Cola oder Sprudel in mehreren Kühlschränken zur Verfügung. Weil die Arbeiter oft gar nichts von den schönen Seiten des Rocco mitbekommen, werden die Auftritte per Bildschirm übertragen. Manchen Helfern ist das egal, sie sind so erschöpft, dass sie sich in eine Ecke legen und trotz der lauten Musik einfach einschlafen. Entspannen können sich hier auch die Sicherheitskräfte; sie müssen im Helferbereich nicht mehr hoch konzentriert ihre Aufgaben verfolgen, legen die roboterhaften Züge ab und werden für einen Moment wieder zu normalen Menschen.

Ganz normale Menschen trifft man auch im VIP-Bereich - auch wenn man viele davon sonst nur aus dem Fernsehen oder der Zeitung kennt. So wurde beispielsweise Manuel Andrack auf dem Festival gesichtet. Im Fernsehen vor allem bekannt als ehemaliger Redaktionsleiter von Harald Schmidt, fällt er im VIP-Bereich vor allem durch seine Unauffälligkeit auf. Und als Rocco-Besucher natürlich durch seinen guten Musikgeschmack. sma

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