Ein bedeutender Kirchenpolitiker

St. Wendel. War Nikolaus Cusanus jemals in St. Wendel? Diese Frage wird in der wissenschaftlichen Forschung größtenteils verneint. Nicht jedoch von dem Hobby-Historiker Werner Martin. Der 78-Jährige beschäftigt sich seit fast 30 Jahren leidenschaftlich mit Cusanus und seinen Beziehungen zu St. Wendel. Die Ergebnisse seiner Nachforschungen präsentierte er im Cusanus-Haus

 Cusanus soll Beobachtung am St. Wendeler Dom gemacht haben, um den Ostersonntag besser bestimmen zu können. Foto: B&K

Cusanus soll Beobachtung am St. Wendeler Dom gemacht haben, um den Ostersonntag besser bestimmen zu können. Foto: B&K

St. Wendel. War Nikolaus Cusanus jemals in St. Wendel? Diese Frage wird in der wissenschaftlichen Forschung größtenteils verneint. Nicht jedoch von dem Hobby-Historiker Werner Martin. Der 78-Jährige beschäftigt sich seit fast 30 Jahren leidenschaftlich mit Cusanus und seinen Beziehungen zu St. Wendel. Die Ergebnisse seiner Nachforschungen präsentierte er im Cusanus-Haus.Die Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land veranstaltete diesen Vortrag als Teil der Seminarreihe "St. Wendeler Land steinreich - auf den Spuren einer 2500-jährigen europäischen Kulturentwicklung."

Nikolaus von Kues (1401-1464), latinisiert Cusanus, war einer der bedeutendsten Kirchenpolitiker und Gelehrten des 15. Jahrhunderts. Er besaß mehrere Pfründe, also mit regelmäßigen Einkünften verbundene kirchliche Ämter, darunter St. Wendel. Werner Martin ist davon überzeugt, dass Cusanus mehrfach in der hiesigen Kirche gepredigt hat.

Und noch mehr: Für Martin ist es offensichtlich, dass Cusanus in St. Wendel astronomische Messungen durchgeführt hat. Ein Indiz sei das Torquetum des Cusanus, ein astronomisches Instrument, mit dem die Koordinaten von Himmelskörpern gemessen wurden. Das Gerät ist noch heute im Cusanus-Stift in Bernkastel-Kues ausgestellt. Es ist auf den Breitengrad von Nürnberg eingestellt. Dort hatte Cusanus das Gerät 1444 gekauft. Jedoch entspricht der Nürnberger Breitengrad auch dem von St. Wendel. Der Referent geht davon aus, dass Cusanus entweder das Torquetum wegen dieser Übereinstimmung gekauft hatte oder aber dass sogar das Instrument von ihm auf St. Wendel eingestellt wurde. Somit könne auch eine von ihm gemachte Beobachtung am St. Wendeler Dom erklärt werden: Im Frühling und Sommer wirft die Sonne um neun Uhr an der Ost- und um 19 Uhr an der Westseite der Basilika Schatten der Kreuzblumen auf den Stützpfeilern am Mittelteil der Kirche auf jeweils den Nachbarpfeiler. Martin folgert daraus, dass Cusanus auf Grundlage seiner Berechnungen für diese besondere Bauweise verantwortlich sei. Damit habe Cusanus vor allem eine Stütze bei der Bestimmung des Ostertermins schaffen wollen. Denn während der Zeit des Cusanus wurde das Datum für den Ostersonntag - der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond - häufig falsch berechnet.

Der Vortrag ging noch auf weitere Punkte ein: Der von Cusanus vertretene Grundsatz, weltliche und geistliche Macht zu trennen, spiegele sich an der getrennten Anordnung der Kirchen- und Herrscherwappen an der Decke des St. Wendeler Doms wider. Martin erläuterte die politischen Vorstellungen Cusanus' und referierte sogar kurz über den Besuch Kaiser Maximilians I. in St. Wendel im Jahre 1512.

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