Eher Zocker als Abzocker?

Saarbrücken. Als Abzocker sind die Manager der Energie SaarLorLux (ESLL) beschimpft worden, als sie ihren Fernwärmekunden Rechnungen mit saftigen Nachzahlungsforderungen geschickt haben. Preissteigerungen bis zu 30 Prozent haben zur Gründung der Interessengemeinschaft "Fernwärmekunden Saarbrücken" geführt, die das Unternehmen mächtig unter Druck setzt

Saarbrücken. Als Abzocker sind die Manager der Energie SaarLorLux (ESLL) beschimpft worden, als sie ihren Fernwärmekunden Rechnungen mit saftigen Nachzahlungsforderungen geschickt haben. Preissteigerungen bis zu 30 Prozent haben zur Gründung der Interessengemeinschaft "Fernwärmekunden Saarbrücken" geführt, die das Unternehmen mächtig unter Druck setzt.Der Druck ist so groß, dass der Vorstand von Energie SaarLorLux einer Forderung der Initiave nun nachkommt: Das Unternehmen zahlt einen Gutachter, der neutral überprüft, ob Energie SaarLorLux die Preise korrekt erhöht hat oder bei den Fernwärmekunden Geld kassieren wollte, das es womöglich zum Ausgleich von Verlusten in anderen Sparten braucht. Den Gutachter, sagt der ESLL-Vorstand, dürfe die Initiative bestimmen.Was einen Preisnachlass angeht, wird sich das Unternehmen nach SZ-Informationen nicht bewegen. Die Rechnungen müssen bezahlt werden. Das werden die Verantwortlichen den Kunden auch bei einer Informationsveranstaltung der ESLL morgen um 18 Uhr im Haus der Zukunft in der Richard-Wagner-Straße erklären.Die Nachricht, dass die Fernwärmepreise wieder sinken, dürfte bei den Kunden schon angekommen sein. Zum 1. Oktober hat das Unternehmen nämlich einen neuen Fernwärmeliefervertrag abgeschlossen. Warum dieselbe Fernwärme nun plötzlich wieder billiger ist, ergibt sich aus einem Vertragsbestandteil, der für die Preisgestaltung wesentlich scheint: dem so genannten Brennstoffindex, an dem sich der Fernwärmepreis orientiert.ESLL erklärt das so: Der Fernwärmepreis berechnet sich im Wesentlichen aus den Gebühren, die ESLL für die Benutzung der Rohre an die Stadtwerke bezahlen muss, aus den Lohnkosten und dem Brennstoffindex. Im Vertrag, den ESLL mit der Muttergesellschaft GDF Suez abgeschlossen hat, gilt der Preis der Steinkohle als Maßstab für den Preis der Fernwärme. Dieser Index wird vom Statistischen Bundesamt ermittelt.Dass sich das ESLL-Management für die Bindung an die Steinkohlepreise und gegen eine Orientierung an Gas-, Roh- oder Heizöl entschieden hat, war zunächst gut für die Kunden, erklärt der Vorstand. Der Steinkohleindex lag lange unterhalb anderen Brenstoffindizes. Auch wenn im Kraftwerk Römerbrücke immer weniger Energie und warmes Wasser für die Fernwärme mit Kohle erzeugt wird: ESLL konnte auf seinen Vertrag pochen, in dem die Steinkohle Maßstab war.Mitte vergangenen Jahres stieg der Steinkohleindex sprunghaft an - unter anderem weil Länder wie China immer mehr Kohle brauchten und die Preise stiegen. Nun konnten die Fernwärmelieferanten auf den Vertrag verweisen.Wie der neue Vertrag, der ab Oktober gilt, aussieht, sei noch nicht klar, heißt es in der ESLL-Zentrale. Es wird noch gepokert. Die Silbe "Ab-" kann man im Fall ESLL wohl streichen. Das Energiegeschäft scheint ein Feld für Zocker. Meinung

Von SZ-RedakteurMartin Rolshausen

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