Eckstein und Pionier der Arbeiterbewegung

Hasborn · Aus Hasborn kam einer der bedeutendsten Kämpfer für die Rechte der saarländischen Bergarbeiter im 19. Jahrhundert. Seine Zeit, sein Leben und ein Theaterstück waren Thema einer Veranstaltung in seinem Geburtsort.

 Bergarbeiter am Arbeitsplatz hinter Gittern. Der Theaterverein Edelweiß spielt eine Szene aus „Eckstein ist Trumpf“. Auf dem Bild: Tobias Scheid, Klaus Backes, Christian Schneider und Rene Klein. Foto: kulani

Bergarbeiter am Arbeitsplatz hinter Gittern. Der Theaterverein Edelweiß spielt eine Szene aus „Eckstein ist Trumpf“. Auf dem Bild: Tobias Scheid, Klaus Backes, Christian Schneider und Rene Klein. Foto: kulani

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"Acht Stunden müssen genug sein!", flucht Nikolaus Warken. Der Bergmann legt sein Eisen nieder und fordert seine Kumpel, die mit ihm unter Tage schuften, zum Skatspiel auf. Doch ist die zwölfstündige Schicht noch nicht vorbei. "Und wenn der Steiger kommt?", bemerkt ein Kumpel ängstlich. Warken: "Der kann uns mo!" Die Karten werden ausgeteilt. Kurz darauf erscheint der Steiger: "Was ist hier los? An die Arbeit!" "Nix da, Eckstein ist Trumpf", entgegnet Warken.

Die Überlieferung will es, dass derart der Hasborner Nikolaus Warken zu seinem Spitznamen "Eckstein" kam. Das Volksstück "Eckstein ist Trumpf" beschreibt das Leben und Wirken dieses ersten Bergarbeiterführers an der Saar. Vier Szenen daraus führte der Theaterverein Edelweiß Hasborn-Dautweiler in der Kulturhalle Hasborn auf. Darunter jene, die den Spitznamen erklärt. Die Spielstücke untermalten den Vortrag des stellvertretenden Leiters des Landesarchivs Saarbrücken, Michael Sander, der über Warken, Industrialisierung und die Arbeiterbewegung im Saargebiet sprach. In einer kleinen Veranstaltungsreihe wollten die Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land, die Gemeinde Tholey, der Historische Verein Hasborn-Dautweiler und die Ortsgruppe Eckstein Bohnental und Hasborn der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) an diesen berühmten Sohn des Ortes erinnern. Über 60 Gäste wohnten dem Auftakt bei.

Als erstes von acht Kindern wurde Warken 1851 geboren. Mit 16 Jahren fuhr er auf dem Helenen-Schacht in Friedrichsthal seine erste Schicht. "Die Gruben im späteren Saargebiet brauchten Arbeitskräfte. Auch in den nördlichen, ländlich geprägten Gebieten, im sogenannten Hinterland, wurde man fündig", bemerkte Sander. Etwa in Hasborn. 926 Einwohner hatte der Ort 1890. In die Gruben fuhren zu dieser Zeit 130 Hasborner ein. Zählt man ihre Familien hinzu, waren etwa 46 Prozent vom Bergbau abhängig.

Ein leichtes Leben war das nicht. Preußisch war nicht nur das Saargebiet, sondern auch die Disziplin in den staatseigenen Gruben. Knochenharte Arbeit, karge Löhne. Regelrecht eingesperrt wurden die Kumpel unter Tage, wie eine Spielszene des Theatervereins eindrucksvoll zeigte. "Wir wollen hier raus!", schreien die Bergleute hinter einem verschlossenen Gatter. "Ruhe! Wir sind hier in Preußen, und nicht im Urwald", entgegnet der Grubenleiter.

In Preußen wurde auch an anderen Stellen Kohle gefördert, etwa im Ruhrgebiet. Dort brach im Mai 1889 eine Streikwelle aus, die auch die Saar erfasste. Sander: "Die hiesigen Bergleute sahen den Massenstreik nicht als Klassenkampf im sozialdemokratischen Sinne. Sie forderten nur die Rechte, die ihnen, ihrer Meinung nach, zustanden." Und daher mussten sie sich organisieren: Der Rechtsschutzverein wurde gegründet. Der Vorsitzende: Nikolaus Warken. Der Hasborner wohnte in Bildstock und fiel durch sein Organisations- und Redetalent auf. Die Obrigkeit war alarmiert. Wegen Beleidigung von Bergbeamten wurde der gesamte Vorstand im Dezember 1889 angeklagt. Warken musste sechs Monate ins Gefängnis. Nicht zum letzten Mal. Auflagen und Repressionen erschwerten die Arbeit des Vereins. Zu einem Verbot kam es indes nicht. "Man ließ den Verein einfach langsam ausbluten", bemerkte Sander. Durch Drohungen, Intrigen, Entlassungen. Zudem kamen interne Streitigkeiten hinzu. Im August 1893 löste sich der Verein auf.

Warken verkaufte sein Haus in Bildstock und kehrte nach Hasborn zurück. Als Landwirt verbrachte er seine letzten Tage in seinem Geburtsort. Nikolaus Warken, genannt Eckstein, starb am 24. August 1920. Vergessen hat ihn seine Heimat nicht.

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Auf einen BlickDer Lyriker Johannes Kühn gestaltet im Rahmen der Veranstaltungsreihe am kommenden Dienstag, 7. Mai, 19.30 Uhr, im Alten Rathaus (Am Kirchheck) in Hasborn eine Lesung mit einer Auswahl seiner Bergarbeitergedichte. Der Historische Verein Hasborn-Dautweiler hat eine Ausstellung mit Dokumenten und Bildern zum Leben von Nikolaus Warken zusammengestellt, das im Alten Rathaus in Hasborn an diesem Tag zwischen 17 und 19 Uhr geöffnet ist. Der Eintritt ist frei. red

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