Tierschutz Drohne soll Rehkitze vor Mähdrescher retten

Saarwellingen · In einem Modellprojekt testen die saarländischen Jäger das Gerät, um Wildtiere vor dem Tod durch Mähmaschinen zu bewahren.

 Bislang werden Rehkitze, die sich im Gras verstecken, vor der Maht von Hunden aufgespürt. Doch mancher Landwirt verzichtet auf die Suche. 

Bislang werden Rehkitze, die sich im Gras verstecken, vor der Maht von Hunden aufgespürt. Doch mancher Landwirt verzichtet auf die Suche. 

Foto: Birgit Rein

Hilflos mussten Jäger im vergangenen Jahr zusehen, wie ein Landwirt bei St. Wendel bei Mäharbeiten an einem Tag mindestens zwölf Kitze, zwei Rehböcke und eine trächtige Ricke tötete. Umgehend erstattete die Vereinigung der Jäger des Saarlandes (VJS) Strafanzeige. Die juristische Aufarbeitung läuft zurzeit noch. Dabei gibt es probate Mittel, dem Wild den grässlichen Tod durch blitzende Mähmesser zu ersparen. Traditionell werden in Absprache zwischen Landwirten und Jägern vor der Maht Hunde eingesetzt, die Kitze suchen, die sich im hohen Gras verstecken, damit diese rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden können.

Heute bietet moderne Technik laut VJS eine erfolgversprechende Alternative bei der Suche nach versteckten Jungtieren. Der Landestierschutzbeauftragte des Saarlandes, Hans-Friedrich Willimzik, forderte den Bauernverband Saar, die VJS und Umweltminister Reinhold Jost (SPD) vor Kurzem auf, Drohnen mit Wärmebildkameras zur Rettung der Kitze einzusetzen. Diese Idee habe die VJS in enger Kooperation mit Minister Jost schon längst in die Tat umgesetzt, sagte Landesjägermeister Josef Schneider der SZ.

Schneider präsentierte gemeinsam mit VJS-Geschäftsführer Johannes Schorr, mit dem Kreisjägermeister von Saarbrücken, Heiner Kausch, und seinem Stellvertreter, Carsten Jenal, der SZ die erste Drohne der Jäger des Saarlandes, die bereits im vergangenen Jahr angeschafft worden sei. „Und die setzen wir im Rahmen eines Modellprojekts genau dafür ein, insbesondere junges Wild vor den Mähmessern zu retten“, erläuterte Kausch, der sich mit dem Einsatz dieses Flugkörpers bereits vertraut gemacht hat.

„Das war mit einem Anschaffungspreis von rund 5000 Euro schon eine erhebliche Investition“, sagt der Landesjägermeister. Weil der Umweltminister und seine Mitarbeiter vom Erfolg der Drohne zur Wildrettung überzeugt gewesen seien, habe das Ministerium die Hälfte der Anschaffungskosten übernommen. Eingesetzt werde die Drohne im Frühjahr zunächst von der Kreisjägerschaft Saarbrücken. Sollte sie sich im Modellversuch bewähren, sollen voraussichtlich weitere Drohnen landesweit angeschafft werden.

Damit ging’s raus vor das Jägerheim und Kausch startete die Drohne. Leise schwirrten die Propeller, und schon huschte das „fliegende Jägerauge“ in die Höhe. Je deutlicher sich die Umgebungstemperatur von der Körperwärme beispielsweise eines Rehkitzes (etwa 27 Grad) unterscheidet, desto detailgenauer überträgt die Wärmebildkamera bis zu einer Flughöhe von rund 30 Metern die Signatur des Tieres. Wenn das Flugobjekt bis zu hundert Meter hoch schwebt, kommt eher die eingebaute Digitalkamera zum Zuge, um ein zitterfreies, gestochen scharfes Bild von der Bodenbeschaffenheit zu übertragen.

Auf einem Monitor kann der Kreisjägermeister die genauen Umrisse des Feldes markieren. Dann beginnt die Suche nach den Wärmesignaturen des Wildes. Selbst der Flug wird von der Elektronik gesteuert: In engen Suchstreifen kontrolliert die Drohne selbständig den jeweiligen Bodenstreifen. Wird dabei die Wärmebildkamera fündig, können auf dem Monitor die Wärme- und Filmaufnahmen übereinander gelegt werden, damit der genaue Fundort präzise markiert werden kann. Jenal: „Dann können die wartenden Helfer hinlaufen und die Rehkitze mit geschützten Händen aufnehmen und in Sicherheit bringen. Dabei muss jede menschliche Witterung vermieden werden, damit die Ricke ihren Nachwuchs später nicht verstößt.“

Fliegen kann die Drohne mit einer Batterieladung etwa 20 bis 25 Minuten. Kausch fügte noch hinzu: „Mit Ersatzbatterien können wir damit an einem Morgen eine ganze Reihe von Flächen absuchen und damit viele Tiere vor dem Tod oder dem Verstümmeln durch Kreiselmäher retten.“ Voraussetzung dafür sei freilich die Bereitschaft der Landwirte, ihren Jagdpächtern rechtzeitig vor der Maht den Maschineneinsatz anzukündigen. Schneider: „Aber wir vertrauen da voll und ganz auf unsere Bauern, denen ebenso wie uns am Tierschutz gelegen ist. Ausnahmen bestätigen nur die Regel.“

Nach dem Einsatz fährt die Drohne wie von Zauberhand ihr Fahrwerk aus und landet sanft – ohne Zutun ihres „Piloten“ – vor dem Jägerheim. „Und selbst wenn sie mal über den Suchbereich hinausfliegt, bringt sie ihre Elektronik sicher wieder zurück zum Startplatz“, versicherte der Kreisjägermeister. Josef Schneider ist zuversichtlich, dass mit einem erfolgreichen Abschluss des Modellversuchs mit weiteren Drohnen in Zukunft vielen Rehkitzen und anderem Wild im Saarland der qualvolle Tod durch Mähmesser erspart werden kann. Wenn der Modellversuch erfolgreich ist, denkt die VJS bereits an die Anschaffung weiterer Flugobjekte zur Jungtierrettung nach.

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