Die Wehrdener wollen mehr wissen

Wehrden. Warum ein Minarett wichtig ist? "Damit die Leute schon von weither sehen, wo die Moschee ist!", sagt Mehmet Kanbur spontan. Der Inhaber des Lebensmittelgeschäftes direkt gegenüber dem Wehrdener Gebetshaus wünschte sich, dass man solch ein Bauvorhaben vor allem lebenspraktisch betrachtet

Wehrden. Warum ein Minarett wichtig ist? "Damit die Leute schon von weither sehen, wo die Moschee ist!", sagt Mehmet Kanbur spontan. Der Inhaber des Lebensmittelgeschäftes direkt gegenüber dem Wehrdener Gebetshaus wünschte sich, dass man solch ein Bauvorhaben vor allem lebenspraktisch betrachtet. Schließlich kommt es vor den Gebetsstunden und Veranstaltungen regelmäßig zu nervenaufreibendem Park-Suchverkehr und Staus, selbst wenn nur wenige Ortsfremde mit ihren Autos durchs Unterdorf irren. Ein acht Meter hoher Turm auf dem Dach des ehemaligen Kinos hätte so etwas wie eine Leitfunktion für den Verkehr . Ein Kriminalbeamter aus Saarbrücken, der im Unterdorf mit Ermittlungen betraut ist, denkt ebenfalls praktisch, könnte sich aber für ein Minarett nur wenig begeistern: "Braucht ein vollwertiges Schwimmbad denn ein Zehn-Meter-Brett?", fragt er rhetorisch. Dagegen sagt Busfahrer Hüsyin Bayram, Muslim: "Ich wüsste nicht, was gegen ein Minarett spricht." Das Vorhaben der muslimischen Gemeinde, die Moschee zu erweitern, ist in den letzten Tagen ein beherrschendes Thema im Ort, wenn auch nicht überall: "Bei uns leben 145 Menschen, aber die haben meist andere Sorgen", erklärt Rosi Schneider, die ihren Lebensabend im Altenheim Haus Emilie verbringt. Die 69-Jährige bringt den Haupteinwand der meisten Skeptiker auf den Punkt: "Wenn Katholiken in der Türkei Kirchen mit Turm bauen wollen, dann geht das auch nicht ohne Widerstand, oder?" Astrid Fehrke, seit 36 Jahren Wehrdenerin, ist der Überzeugung, dass die große Mehrheit nichts gegen die Türken und gegen die Moschee habe, sich aber von der Symbolik eines Minaretts überfahren und überfordert fühle. Die Bäckereiverkäuferinnen Pia Heinz und Rita Kunkel haben im Geschäft auch schon einige aggressive Töne gegen ein Minarett vernommen. Die Frauen führen das auf Unwissenheit über die Motive des Bauvorhabens zurück. Die Leute befürchteten, eines Tages werde ein Muezzin zu unchristlichen Zeiten rufen, was den Alltagsfrieden gefährde. Den Befürwortern des Minaretts ist dem Vernehmen nach an sachlicher Diskussion gelegen. Gastronom Dere Hikmet und Ladenbesitzer Kanbur können auf Anhieb zig türkische Städte nennen, in denen katholische Kirchengemeinden - mit Turm - praktizieren. Und sie versichern, dass ihnen das Geläut von St. Josef nicht den Alltag vermiese. Auf den Tresen der Geschäfte stehen Sammelbüchsen für Moscheen in Forbach und Duisburg, beide gut gefüllt. Bald auch eine für Wehrden? "Vielleicht, aber wenn die Leute nicht wollen, dann gibt es kein Minarett", sagt Dere Hikmet und bestätigt ein Urteil aus dem Bäckerladen: "Eifernd sind sie eigentlich nicht."

Auf einen BlickDas Stadtteilforum Wehrden lädt am heutigen Dienstag, 19. Januar, 18 Uhr, alle Interessierten zur Diskussion über die Minarett-Pläne der Wehrdener Moscheegemeinde ein. Ort des Treffen ist das Obergeschoss der Wehrdener Kulturhalle. Die Moschee in Wehrden gehört zur Türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion e. V., abgekürzt Ditib. Weitere saarländische Ditib-Moscheen gibt es in Ludweiler, Saarbrücken, Neunkirchen, Homburg, Schmelz, St. Ingbert und Sulzbach. Die Moscheen in der Völklinger Innenstadt und in Luisenthal werden von anderen Gruppen getragen. dd

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