"Die Unterschiede bereichern"

Neunkirchen. Das ist formvollendete Höflichkeit: Statt wie Plastinator Gunther von Hagens oder SPD-Altgestein Franz Müntefering mal eben schnell seinen Namen zu kritzeln, schrieb Generalkonsul Aslan Alper Yüksel unter Blitzlichtgewitter fein säuberlich fast ein Dutzend Zeilen

 "Eine Stadt von natürlicher Schönheit": Der türkische Generalkonsul Aslan Alper Yüsel schreibt eine Widmung ins goldene Buch der Stadt, daneben OB Jürgen Fried. Foto: Willi Hiegel

"Eine Stadt von natürlicher Schönheit": Der türkische Generalkonsul Aslan Alper Yüsel schreibt eine Widmung ins goldene Buch der Stadt, daneben OB Jürgen Fried. Foto: Willi Hiegel

Neunkirchen. Das ist formvollendete Höflichkeit: Statt wie Plastinator Gunther von Hagens oder SPD-Altgestein Franz Müntefering mal eben schnell seinen Namen zu kritzeln, schrieb Generalkonsul Aslan Alper Yüksel unter Blitzlichtgewitter fein säuberlich fast ein Dutzend Zeilen. "Es ist mir eine Ehre, mich in das Goldene Buch Neunkirchens eintragen zu dürfen: eine Stadt, die mit dem Reichtum von Historik und natürlicher Schönheit ausgestattet ist."Grund des prominenten Besuchs aus Mainz war die Eröffnung der Ausstellung "Einwanderung in unsere Region" anlässlich des 50-jährigen Jubiläums zum Anwerbeabkommen Türkei-Deutschland. "Im Mittelpunkt des Abkommens zwischen beiden Ländern steht bis zum heutigen Tag der Mensch", betonte Yüksel. Außer ihren Koffern brachten seine Landsleute 1961 "auch ihre Werte und Hoffnungen mit". In Deutschland fanden sie eine Wohlstandsgesellschaft vor, an der sie teilhaben konnten. "Mit ihrer Arbeitskraft leisteten sie anderseits wichtige Beiträge zum Wohlstand Deutschlands und der Türkei." Der Generalkonsul rief dazu auf, die Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei weiterhin als Reichtum wahrzunehmen und gegenseitig anzuerkennen. "Dann erwartet uns eine blühende Zukunft."

Dass Integration in Neunkirchen - wo Menschen aus 100 Nationen leben, darunter 1000 Türken - tagtäglich praktiziert wird, darin ließ OB Fried keinen Zweifel. Aktuelle Beispiele seien das eben gemeinsam in der Neunkircher Moschee gefeierte Zuckerfest und die am 25. September startende Neuauflage der Interkulturellen Woche. Als weiterer Mosaikstein gesellt sich nun die Wanderausstellung dazu, die bis 16. September in der Galerie des Rathauses zu sehen ist.

Mittels Fotos und Zeitungsausschnitte, für die das Archiv der SZ "geplündert" wurde, gibt sie "mit großer Tiefenschärfe" Einblicke in das Alltagsleben von Migranten damals und heute, so Franz-Josef Koenen vom Verein Multikultur. Dieser konzipierte die Ausstellung zusammen mit der Arbeitskammer und dem Verein Baris Mitte der 1990er Jahre vor dem Hintergrund der "unsäglichen Einwanderungsdebatte". Die Lichterketten kamen und gingen, nur richtig aufgearbeitet wurde das Thema nie, bedauerte der Sozialwissenschaftler. Das übernimmt ein Stück weit die Schau. Koenens Fazit: "Es gibt nicht mehr 'die' und 'wir', sondern längst nur noch wir."

Hintergrund

Das "Goldene Buch der Stadt Neunkirchen" ist nicht wirklich golden, sondern schwarz. Angelegt wurde es in der Ära Regitz anlässlich des Besuchs des damaligen Vizekanzlers Willy Brandt am 5. Oktober 1968. Auf dem Papier verewigten sich vor allem Politiker, darunter drei Bundespräsidenten und DDR-Staatsratsvorsitzender Erich Honecker. nig

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