Die Uhr, die goldene Eier legt

Für eine Wasseruhr, wie sie normalerweise in Einfamilienhäusern angebracht ist, müssen die Saarbrücker künftig pro Jahr 32,16 Euro mehr bezahlen als bisher. Denn die Stadtwerke haben ein neues Preis-System.

 Wasseruhr vom Typ Qn 2,5: Die Stadtwerke haben etwa 38967 Stück davon verbaut. Archiv-Foto: roi

Wasseruhr vom Typ Qn 2,5: Die Stadtwerke haben etwa 38967 Stück davon verbaut. Archiv-Foto: roi

Foto: roi

Saarbrücken. Das Gute zuerst: Der Wasserpreis bleibt gleich und zwar bei 2,05 Euro (brutto) pro Kubikmeter (1000 Liter). Zweifellos ein Grund zur Freude für die sparsamen Saarbrücker. Allerdings sind wir damit auch schon beim weniger Guten. Denn die Saarbrücker sind so sparsam mit dem Wasser, dass ihre Lieferanten - die Stadtwerke Saarbrücken (SWS) - fürchten, finanziell bald auf dem Trockenen zu sitzen.

Aber wenn die SWS das Wasser teurer machen, besteht die Gefahr, dass die sparsamen Saarbrücker einfach noch weniger verbrauchen. Also haben die SWS beschlossen, statt des Wasserpreises den sogenannten Grundpreis (GP) zu erhöhen, vereinfacht gesagt: die Miete pro Wasseruhr. Das hatten sie auch schon 2010 getan. Damals erhöhten sie den GP pro Jahr um 2,28 Euro - von 71,52 Euro auf 73,80 Euro (brutto). Gleichzeitig hoben sie den Wasserpreis pro Kubikmeter um sechs Cent von 1,99 auf 2,05 Euro (brutto).

Gestaffelte Preise

Diesmal erhöhen die SWS nur den GP - das aber auf eine wesentlich kompliziertere Art. Bis Ende 2012 verlangten die SWS für alle Wasseruhren dieselbe Miete, nämlich pro Stück und Jahr 73,80 Euro, egal wie groß die Uhr war, egal für wie viele Wohnungen sie zählte. Und das ändern die SWS jetzt - sie staffeln die Miete nach der Größe der Uhren.

Ab 2013 kostet die kleinste Uhr, Typ Qn 2,5, pro Stück und Jahr 105,96 Euro. Die zweitkleinste Uhr, Qn 6, kostet künftig 132,36 Euro, Qn 10 kostet 211,80 Euro - und so weiter bis zur Qn 150 für 794,52 Euro. Die SWS erhöhen also den GP für die kleinste Uhr um 43,57 Prozent - und für die größte um 976,58 Prozent (brutto).

Falsche Rechnungen

Die SWS haben etwa 41 900 Wasseruhren. Rund 93 Prozent sind Qn 2,5. Etwa 4,7 Prozent sind Qn 6 und 1,6 Prozent sind Qn 10, der Rest sind Uhren der Größen Qn 15 bis Qn 150. Die Qn 2,5 ist für Häuser mit bis zu dreißig Wohnungen, Qn 6 ist für 31 bis 100 Wohnungen, Qn 10 für 101 bis 200 Wohnungen - erklären die SWS.

Kürzlich wandte sich ein Hauseigentümer an die SZ. Er hat ein Haus mit zwei Wohnungen und einer Qn 6. Die SWS hatten ihm aber eine Rechnung für eine Qn 10 geschickt. Die SZ fragte bei den SWS nach. Inzwischen hat der Eigentümer eine korrekte Rechnung für seine Qn 6 - allerdings ist das ja eine Uhr für Häuser mit 31 bis 100 Wohnungen.

Und ein Nachbar dieses Eigentümers versicherte der SZ, ihm sei das Gleiche passiert: Er habe ein Haus mit drei Wohnungen und einer Qn 6. Er habe erst eine Qn 10-Rechnung bekommen, reklamiert und dann eine korrekte Qn 6-Rechnung erhalten. Beide Eigentümer würden sich freuen, wenn die SWS die Qn 6-Uhren gegen Qn 2,5 auswechseln würden.

Auf Kosten des Kunden

Die SWS versichern, dass sie "nicht willkürlich" Wasseruhren einbauen, sondern den Angaben von Hauseigentümern und deren Installateuren folgen. Trotzdem sind die SWS bereit - auf Kosten des Kunden - Wasseruhren gegen kleinere auszutauschen, "wenn der Kunde nachweisen kann", dass die kleinere Uhr "alle Verbrauchsspitzen abdeckt".

Dazu müsse der Kunde - ebenfalls auf eigene Kosten - den Wasserdruck im Haus vom Installateur messen lassen.

Die Staffelung des GP ist keine Erfindung der SWS, sondern in vielen Städten schon länger die Regel. Daher gab es auch schon Streit um Zählerwechsel. Bereits 2010 entschied der Bundesgerichtshof: Wenn eine Eigentümergemeinschaft für ihre 21 Wohnungen statt einer Qn 6 lieber eine Qn 2,5 will, dann kann der Wasserlieferant das nicht einfach ablehnen, sondern muss prüfen, ob die Anlage auch mit einer Qn 2,5 funktioniert. Dabei sagte das Gericht nichts dazu, wer die Prüfung bezahlen muss.

Ihre Preiserhöhung kündigten die SWS "seit Ende 2012" auf ihrer Internetseite an: "Über die Startseite gelangt man zum Themenschwerpunkt Wasserversorgung. Auf der zugehörigen Unterseite befindet sich in der rechten Seite oben direkt ein Link zu den Preisen 2012 und 2013." Einer der Eigentümer, die falsche Rechnungen bekamen, verriet der SZ: "Ich habe gar kein Internet." Die Aufsichtsratsvorsitzende der SWS, Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, versichert, die SWS-Geschäftsführung habe nicht im Verborgenen gehandelt, sondern den Aufsichtsrat davon überzeugt, dass die Preiserhöhung nötig sei. Britz meint aber auch, es sei verständlich, wenn Bürger sich darüber beschweren, wie die Erhöhung angekündigt wurde: "Ich habe das mit dem Vorstand besprochen. Mir wurde zugesagt, dass künftig transparenter und breiter informiert wird."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort