Die Stimme der Kleinen in Europa

Saarbrücken. Brüssel ist weit weg und kümmert sich eher um den Krümmungsgrad von Obst als ums Saarland oder andere Regionen. Dieses Vorurteil über die Europäische Union kennt auch die derart Gescholtene und hat bereits vor 15 Jahren ein Gremium ins Leben gerufen, von dem nur wenige wissen: den Ausschuss der Regionen (AdR)

Saarbrücken. Brüssel ist weit weg und kümmert sich eher um den Krümmungsgrad von Obst als ums Saarland oder andere Regionen. Dieses Vorurteil über die Europäische Union kennt auch die derart Gescholtene und hat bereits vor 15 Jahren ein Gremium ins Leben gerufen, von dem nur wenige wissen: den Ausschuss der Regionen (AdR).

Hinter einer spiegelnde Fassade einer der Glaspaläste, die Brüssels EU-Viertel prägen, arbeitet der Ausschuss. Und steht, als Gebäude betrachtet, fast schon buchstäblich im Schatten des EU-Parlamentes. Dorthin, in eines der Zentren der europäischen Politik, zieht es dieser Tage wieder die 344 Ausschuss-Mitglieder, um die Städte und Regionen Europas zu vertreten.

Die Toscana trifft dann auf Kaunas, Malmö auf Tirol und Athen wird ebenfalls Platz nehmen, wie auch das Saarland. Die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Helma Kuhn-Theis (Foto: SZ), vertritt das Land immer wieder in Brüssel. Sie bewertet das Gremium als "Stimme der Regionen in Europa". Eine Stimme, die gleichwohl nur beratend von EU-Kommission und EU-Parlament gehört wird, wie Kuhn-Theis einräumt. "Wir haben im AdR eine Mittlerfunktion, um Themen - auch aus der Saar-Lor-Lux-Region - auf die europäische Bühne zu bringen", erklärt Kuhn-Theis.

Zuweilen wird im AdR um jede Silbe gestritten, wie die CDU-Politikerin zuletzt im November erfuhr, als sie im Ausschuss eine Stellungnahme zur europäischen Schulpolitik im 21. Jahrhundert vorstellte und 46 Änderungsanträge abarbeitete. "Die Vertreter hier nehmen ihre Arbeit ernst", sagt Kuhn-Theis.

Mitunter waren es inhaltliche Auseinandersetzungen in einem Papier, das für 344 Regionen und Städte mehrheitsfähig sein muss, mitunter handelte es sich aber auch um Übersetzungsfragen. Ein Bereich, der für die Arbeit eines solchen Gremiums nicht zu unterschätzen ist: In 23 Sprachen ist das Ja des AdR zur Stellungnahme übersetzt worden. Darunter auch in walisisch - eine Sprache, die erst seit November vom Dolmetscherdienst bedient wird.

Die Themen Vielsprachigkeit und Integration prägen auch die inhaltliche Arbeit des AdR. Sei es zuletzt Ende November, wenn deren Bedeutung in einer Schulpolitik der Zukunft besonders hervorgehoben wird, oder am Donnerstag und Freitag (12./13. Februar), wenn der Ausschuss in Brüssel erneut tagt und sich über "Integrationspolitik - lokale und regionale Gebietskörperschaften an vorderster Front" austauscht. Der AdR ist ein Versuch, dem großen Europa in den Regionen ein Gesicht zu geben. Und gleichzeitig als kleine Einheiten in der Eurokratie nicht verloren zu gehen.

Ob das funktioniert? Helmut Müllers sagt ja. Er war bis 2002 als Direktor des AdR in der Verwaltung tätig: Der AdR sei der Anwalt der Leute, seine Stellungnahmen müssten vom EU-Parlament und der EU-Kommission berücksichtigt werden. Und Müllers sagt: "Wenn Sie Berater sind und erzählen Mist, dann hört niemand auf Sie."

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