Die Stadt bestaunte die fliegenden Riesen

Güdingen/Saarbrücken. "Über die qualmenden Schlote der Burbacher Hütte zieht in wahrhaft majestätischer Ruhe die ,Hindenburg' heran. Strahlend bricht die Sonne aus den Wolken, dass der Leib der ,Hindenburg' silbern erstrahlt." Am 29. März 1936, einem Sonntag, überfliegen die beiden Luftschiffe "Graf Zeppelin" und "Hindenburg" das Saarland

Güdingen/Saarbrücken. "Über die qualmenden Schlote der Burbacher Hütte zieht in wahrhaft majestätischer Ruhe die ,Hindenburg' heran. Strahlend bricht die Sonne aus den Wolken, dass der Leib der ,Hindenburg' silbern erstrahlt."

Am 29. März 1936, einem Sonntag, überfliegen die beiden Luftschiffe "Graf Zeppelin" und "Hindenburg" das Saarland. Fast 75 Jahre später findet Edelgard März drei Fotos von zwei Zeppelinen, die das Saarbrücker Rathaus überfliegen.

Gemacht hat die Fotos ihr Vater, Heinrich März, damals 22 Jahre alt. "Seine Voigtländer Brillant-Kamera hat mein Vater überall mit hingenommen", erzählt Edelgard März, "auch als während des Zweiten Weltkrieges eingezogen wurde."

Die Riesen mit Hakenkreuz an den Heckflossen waren eine fliegende Reklame für das Dritte Reich . Es handelt sich um die "LZ 127", die "Graf Zeppelin", und die größere "LZ 129", die 245 Meter lange "Hindenburg". Heinrich März muss diese Fotos am 29. März 1936 gemacht haben, als beide Luftschiffe nach dreitägiger Deutschlandfahrt auch nach Saarbrücken kamen. Nur dieses eine Mal waren die beiden "fliegenden Zigarren" gemeinsam unterwegs.

Der Journalist E. Göhring berichtet am 30. März, in der Montagsausgabe der Saarbrücker Zeitung, über das Ereignis: Allein auf dem Saarbrücker Winterberg sollen sich an jenem Sonntagvormittag "Hunderte von Volksgenossen" eingefunden haben. Einige der Schaulustigen wollen das Warten mit einer Tasse Kaffee im Petersbergerhof überbrücken. Doch dann geht alles ganz schnell. Göhring berichtet von den Rufen, die durch die Menge gingen: "Dort ist er! Ganz fern, rechts der Saar, über dem Bergeinschnitt!" Winzig und blass.

Ein Telefonanruf alarmiert die Kaffeetrinker, gerade als der Ober die Tassen serviert. "Niemand trank seinen Kaffee, niemand dachte noch ans Bezahlen: Nur schnell in den Wagen (…), in rasender Fahrt kommen sie auf dem schmalen Weg am Waldrand angebraust", schreibt Göhring.

Die Nationalsozialisten nutzten die Fahrt als Propaganda-Ereignis für die Reichstagswahl am 29. März. Sie war selbst ein Propaganda-Ereignis, da der Reichstag in der NS-Zeit nicht die Aufgaben eines echten Parlamentes hatte. Erst ein Jahr zuvor, im Februar 1935, war das Saargebiet nach einer Volksabstimmung wieder Teil des Deutschen Reiches geworden. Luftschiffe haben am saarländischen Himmel Tradition: 1911 landete der erste Zeppelin, LZ 10 "Schwaben", in Saarbrücken, 1913 der Zeppelin "Viktoria Luise" auf den St. Arnualer Wiesen.

Politisch brisant war die Landung der "Graf Zeppelin" am 25. Juni 1933 in den St. Arnualer Wiesen. Der Besuch des deutschen Zeppelins sollte bei den Saarländern - ihre Heimat unterstand zu dieser Zeit noch dem Völkerbund - damals den Wunsch fördern, wieder ins Deutsche Reich eingegliedert zu werden.

Der Saarbrücker Hobbyfotograf Heinrich März hat außer der "Hindenburg", die 1937 bei Lakehurst in den USA verbrannte, auch ein "richtiges" Schiff fotografiert. Ein Schiff, dessen Name ebenfalls für immer untrennbar mit einer Katastrophe verbunden bleibt. Als junger Mann hat März in Ludwigshafen das NS-Kreuzfahrtschiff "Wilhelm Gustloff" fotografiert, bei dessen Versenkung 1945 mindestens 9000 Menschen starben.

 Die Zeppelin-Aufnahmen des Hobbyfotografen. Fotos: Heinrich März

Die Zeppelin-Aufnahmen des Hobbyfotografen. Fotos: Heinrich März

 Die Zeppelin-Aufnahmen des Hobbyfotografen. Fotos: Heinrich März

Die Zeppelin-Aufnahmen des Hobbyfotografen. Fotos: Heinrich März

Die Voigtländer-Kamera von Heinrich März hatte den Weltkrieg übrigens überstanden. "Nicht aber einen Familienurlaub in Österreich", erinnert sich Edelgard März. Die drei Fotos hat die 68-Jährige beim Umzug gefunden, als sie an die 37 Fotoalben durchgesehen hat. Wie ihr Vater fotografiert sie auch hobbymäßig. Ihre Wohnung ist über und über mit Fotos dekoriert, die sie auf ihren Reisen in Europa, Asien und Amerika gemacht hat.

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