Die scheinbar unscheinbaren Dinge

Karlsbrunn. Karlsbrunn bei Nacht, im November: Nicht umsonst bezeichnet man diesen Monat als Nebelmond. Wenige haben den Weg ins Schlosscafé gefunden. Rustikal gemütlich ist es hier - ein Kanonenofen, derbe Möbel, Industrielampen aus den Fünfzigern, grobe Mettwürste, Siesschmier, also Marmelade, zum Verkauf, hausgebrannter Schnaps

Karlsbrunn. Karlsbrunn bei Nacht, im November: Nicht umsonst bezeichnet man diesen Monat als Nebelmond. Wenige haben den Weg ins Schlosscafé gefunden. Rustikal gemütlich ist es hier - ein Kanonenofen, derbe Möbel, Industrielampen aus den Fünfzigern, grobe Mettwürste, Siesschmier, also Marmelade, zum Verkauf, hausgebrannter Schnaps. Mittendrin Margret Roeckner, um deren Bücher und Gedichte es heute geht: eine fast 80-jährige, offensichtlich lebenskluge Frau, wohnhaft im Köllertal, schwäbelnd, die einen Teil ihrer sieben bisher veröffentlichten Bücher und einen dicken Ordner mit selbst verfassten Andachten mitgebracht hat. Mit diesen Andachten hat es folgende Bewandtnis: Oft habe sie, die einstige Pfarrerstochter, sich über die mangelnde Strahlkraft von Predigten geärgert, bis sie zur selbstkritischen Erkenntnis kam: "Mach' es doch selbst mal besser!" Auf diese Weise entstand ein Andachtsbuch, wunderbare Miniaturen aus der Sicht der theologischen Laiin und nur vordergründig naiv. Besonders in den Fragen von Kindern nach dem "lieben Gott" und dem Sinn des Lebens verbirgt sich viel Weisheit - Roeckner hat sie zu Papier gebracht.Genau so, wie sich in ihrem neuesten Buch "In allem das Himmelsreich entdecken" die eher unscheinbaren Dinge als die kostbarsten erweisen. In Karlsbrunn liest Margret Roeckner, die über den tragischen Verlust einer Tochter zum Schreiben kam, traurig Anmutendes und herrlich erheiternde Szenen, beispielsweise aus der Sturm- und Drangzeit ihrer Großeltern (diese Epoche ist veröffentlicht im Buch "Der Glanz der Jahre") im ausgehenden 19. Jahrhundert. Für ein Stündchen lassen sich so das Nebelgrau und der prasselnde Regen draußen vor der Türe des Warndt-Jagdschlösschens vergessen. So ähnlich wie im von der Autorin erwähnten Choral "Harre, meine Seele, harre des Herrn", in dem es heißt: "Sei unverzagt, bald der Morgen tagt, und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach." et

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