Ausstellung in der Saarbrücker Ludwigskirche Die Schattenseiten der Reformation

Saarbrücken · Wie die Nazis die Lehren Luthers für ihre Zwecke missbrauchten – vor allem seine antisemitschen Schriften – zeigt eine neue Ausstellung in der Ludwigskirche.

 Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, Beauftragter der Evangelischen Kirche für das Saarland (l.), und  Professor Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin, an einer der Ausstellungstafeln.

Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, Beauftragter der Evangelischen Kirche für das Saarland (l.), und  Professor Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin, an einer der Ausstellungstafeln.

Foto: Thomas Seeber/Evangelische Kirche im Rheinland/Thomas Seeber

„Aber darin sind sich doch Luther und Hitler eins, daß sie deutsche Führer sind, daß sich beide zur Errettung ihres Volks berufen wissen“, schrieb der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker Hans Preuß in einer Schrift im Jahr 1933. Wie die Nationalsozialisten Luther für ihre Zwecke missbrauchten, und wie Protestanten sich für das Unrechtsregime und seine Rassenpolitik in Dienst nehmen ließen, zeigt eine Ausstellung, die die Stiftung Topographie des Terrors anlässlich des Reformationsjubliäums erstellen ließ.

Die Schau, die von Berlin aus auf Wanderschaft gehen soll, macht seit gestern nun als erstes in Saarbrücken in der Ludwigskirche Station. Die Vereinnahmung begann schon 1933, als zum 450. Geburtstag des Reformators der „Deutsche Luthertag“ im nationalen Geiste in Worms und Wittenberg gefeiert wurde und der neu gewählte „Reichsbischof“ Ludwig Müller die Gleichschaltung der Landeskirchen und Gemeinden übernahm. Der zweite Teil der Ausstellung, der die Zeit von 1935 bis 1938 beleuchtet, stellt unter anderem dar, welche Anknüpfungspunkte die Nazis in Luthers antisemitistischer Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ fanden, um Deutschland zu „entjuden“.

Teil drei der Ausstellung widmet sich der Kriegszeit 1939 bis 1945. Auf großen Schautafeln werden zahlreiche historische Schriftdokumente, Fotografien und auch Audio-Dokumente zum Nachhören ausgebreitet. Der Titel der Schau, „Überall Luthers Worte...“ ist dem von den Nazis ermordeten evangelischen Theologen Martin Bonhoeffer entlehnt, der früh erkannte, Luther werde „aus der Wahrheit in Selbstbetrug verkehrt“. Während man auch hören kann, wie Julius Streicher, der Herausgeber des Hetzblattes „Der Stürmer“, noch im Nürnberger Kriegsverbrechertribunal versucht, sich zu rechtfertigen mit dem Satz: „Dr. Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank“.

Für die evangelische Kirche sei die Ausstellung nicht das erste Projekt, mit der man sich bemühe, die Schattenseiten der Wirkungsgeschichte der Reformation aufzuarbeiten, erklärte Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann. Es sei Anlass, sich auch zu fragen, „wo haben wir Protestanten versagt, als es galt, unseren jüdischen Brüdern und Schwestern beizustehen“.

„Wir wollen in Zukunft die Arbeit für den Frieden und gegen das Vergessen weiterführen, die Ausstellung ist dafür ein guter Startpunkt“, unterstrich auch Pfarrer Thomas Bergholz von der Kirchengemeinde Alt-Saarbrücken. Prof. Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, zeigte sich sehr „bewegt“, dass die Ausstellung nicht nur in einer evangelischen Kirche, sondern auch noch mit einem Gottesdienst verbunden war.

Die Ausstellung können Interessierte bis zum 15. März dienstags bis sonntags von elf bis 17 Uhr besichtigen.

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