Politik Die Minister und ihre saarländische Heimat

Saarbrücken · Die Opposition kritisiert, Peter Altmaier und Heiko Maas setzten sich zu wenig fürs Saarland ein. Die SZ fragte beide: Was hat das Saarland von Ihrer Arbeit?

Peter Altmaier (CDU) und Heiko Maas (SPD) kommen beide aus dem Landkreis Saarlouis und kennen sich seit Jahrzehnten auch privat recht gut. Seit 2013 sind die Duz-Freunde Kabinettskollegen in der Bundesregierung.

Peter Altmaier (CDU) und Heiko Maas (SPD) kommen beide aus dem Landkreis Saarlouis und kennen sich seit Jahrzehnten auch privat recht gut. Seit 2013 sind die Duz-Freunde Kabinettskollegen in der Bundesregierung.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wenn Oskar Lafontaine im Landtag ans Rednerpult tritt, beginnt nicht selten eine Reise in die Vergangenheit. Der Fraktionschef der Linken erzählt gerne von früheren Jahrzehnten, als das Land – so sieht er es – noch einen Ministerpräsidenten hatte, der mit seinem Einfluss im Bund viel Gutes fürs Saarland bewirken konnte. Heute wirft er den Bundesministern aus dem Saarland vor, dass sie schnarchen, wenn es um saarländische Interessen geht. Dass die Bahn eine Entscheidung zum Nachteil des Saarlandes trifft? „Das hätte früher eines einzigen Anrufes von einer Minute bedurft, um das zu korrigieren.“

Wenn Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das hört, muss er an seine ersten Jahre im Bundestag zurückdenken, ab 1994. Damals habe es pro Tag mehrere Interregio-Züge ab Saarbrücken gegeben, zunächst auch durchgehende nach Bonn, dann immer weniger und 1999 schließlich gar keinen mehr. „Wenn das so einfach gewesen wäre, hätte Oskar Lafontaine doch mal anrufen sollen“, sagt Altmaier. Auch zu Lafontaines Zeiten sei das Saarland „regelmäßig abgeklemmt worden“. Der Fraktionschef der Linken habe eine „sehr verklärte Erinnerung“; was er sage, sei „Quatsch“. Natürlich setze er sich bei der Bahn für saarländische Interessen ein. „Es ist aber alles eine Frage der Priorisierung. Es kann keiner anrufen und sagen: Macht mal das oder macht mal das.“

Unabhängig von der Bahn kann man aber die Frage aufwerfen, inwiefern das Saarland davon profitiert, dass es zwei Minister im Bundeskabinett stellt. Altmaier betet seine Liste herunter: Er habe dafür gesorgt, dass die Bundespolizei an der Goldenen Bremm, am Saarbrücker Hauptbahnhof und in Perl neue Unterkünfte bekommen habe, außerdem zusätzliche Planstellen. Er habe sich erfolgreich für die Querspange Besseringen, die Ortsumgehung der B 51 Roden und den Lärmschutz in Saarfels eingesetzt. Das Bundesamt für Steuern habe einen Neubau in Saarlouis bekommen. Zusammen mit Annegret Kramp-Karrenbauer habe er bei Ursula von der Leyen durchgesetzt, dass der Bundeswehr-Standort Saarlouis entgegen der ursprünglichen Planung erhalten blieb. Er habe auch dafür gesorgt, dass 2016 der Nationale IT-Gipfel ins Saarland kam, obwohl im Wirtschaftsministerium und Kanzleramt alle behauptet hätten, das Saarland könne so etwas nicht.

Den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich mit merklichen Verbesserungen für das Saarland nennt Altmaier „meinen größten Erfolg, den man in Zahlen ausdrücken kann“. Erreicht habe er ihn gemeinsam mit Kramp-Karrenbauer. Er habe in den Verhandlungen die Position der Bundesregierung koordiniert. „Insgesamt glaube ich, dass mein Beitrag substanziell war, aber ich habe das nie raushängen lassen“, sagt Altmaier.

Die Kommission „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“, die nun auch über Finanzhilfen für die Saar-Kommunen berät, sei seine Erfindung gewesen, sagt Altmaier. Die Bundesländer mit hochverschuldeten Kommunen hätten im Bundesrat und Bundestag niemals eine Mehrheit. Deshalb sei ihm die Idee gekommen, unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse die ausblutenden ländlichen Regionen in den großen Ländern, die Ost-Länder und die Strukturwandel-Gebiete Ruhrgebiet und Saarland zusammenzubinden. Auch habe er gegen die SPD und die Ost-Länder durchgesetzt, dass das Saarland an den Sitzungen der Kohlekommission teilnehmen kann; allerdings gab es in dieser Runde keine konkreten Zusagen an das Saarland.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) verweist in seiner Antwort auf die SZ-Anfrage, wie seine Heimat von seiner Arbeit profitiere, auf den saarländischen Hintergrund, der bei seinen zahlreichen Gesprächen auf internationaler Ebene zum Thema Stahl eine Rolle spiele. Bilder der rauchenden Schlote gehörten zu den prägenden Erinnerungen seiner Kindheit, so Maas, ein großer Teil seiner Familie habe in der Stahlindustrie gearbeitet, und die Völklinger Hütte sei abgewickelt worden, als er in Völklingen zur Schule ging. Das seien „prägende Erfahrungen, die mich in den internationalen Verhandlungen begleiten, wenn es um die Zukunft der Stahlindustrie und die Gestaltung der Globalisierung geht“.

Auch beim Thema Ford profitiert das Saarland aus seiner Sicht von einem Außenminister mit Wurzeln im Saarland. Brexit oder Handelskonflikte hätten auch Auswirkungen auf die Ford-Werke in Saarlouis. Die Gespräche mit dem Betriebsratsvorsitzenden und dem saarländischen Wirtschaftsministerium lieferten ihm nicht nur wichtige Einblicke aus der Praxis, sondern seien auch eine Basis für seine „Treffen und Dialoge mit einschlägigen Außenminister-Kollegen in Europa und darüber hinaus“, so Maas. Außerdem: Der Aachener Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich, den er mitunterzeichnet hat, biete der Region neue Chancen und Perspektiven. Grenzüberschreitende Projekte wie Kitas, Krankenversorgung, Schul- und Berufsausbildung, Jobvermittlung und Infrastruktur würden künftig besonders gefördert.

Nicht immer seien Ergebnisse und Entwicklungen unmittelbar auf eine handelnde Person zurückzuführen – das Zusammenspiel aller Akteure verschaffe dem Saarland jedoch Gewicht im Bund und biete dem Land eine gute Perspektive, so sieht es Maas. Und schließlich: „Das Saarland ist zurzeit mit Sicherheit das meistgenannte Bundesland, wenn es um Spitzenpolitiker in Berlin geht.“

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