"Die Menschen bleiben auf der Strecke"

Dudweiler. Erst die großen Klebeplakate mit Babygesichtern auf den Bussen, die das St. Josef-Krankenhaus in Dudweiler bewarben, dann die Renovierung der Geburtenstation. Und nun die Schließung? Ein Umstand, den offenbar kaum jemand verstehen will: "Investieren, und jetzt droht die Schließung

 Auch Hebamme Carmen Schweitzer (links, daneben Jörg Sämann) machte auf der Protest-Kundgebung ihrem Unmut über die Schließungspläne der cts-Trägergesellschaft Luft. Foto: Allenbach

Auch Hebamme Carmen Schweitzer (links, daneben Jörg Sämann) machte auf der Protest-Kundgebung ihrem Unmut über die Schließungspläne der cts-Trägergesellschaft Luft. Foto: Allenbach

Dudweiler. Erst die großen Klebeplakate mit Babygesichtern auf den Bussen, die das St. Josef-Krankenhaus in Dudweiler bewarben, dann die Renovierung der Geburtenstation. Und nun die Schließung? Ein Umstand, den offenbar kaum jemand verstehen will: "Investieren, und jetzt droht die Schließung. Da fragt man sich: Wie läuft die interne Kommunikation der cts-Trägergesellschaft?", sagte der Bezirksbeigeordnete Jörg Sämann (SPD) am Dienstagabend bei strömendem Regen im Stadtpark Dudweiler. "Der Bezirksrat zieht an einem Strang. Wir haben zu dieser Protestaktion aufgerufen, denn alle wollen die Öffentlichkeit sensibilisieren", sagte Sigrun Krack, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Dudweiler.Mit 600 Handzetteln hatten die Organisatoren auf die Protestaktion gegen die Schließung der Geburtsklinik aufmerksam gemacht. Doch dann kam der große Regen.

"Es ist eine Schande, dass Dudweiler sich nicht für sein Krankenhaus interessiert", beschwerte sich Roman Geibig angesichts der nur rund 60 Besucher der Aktion. "Wir machen uns natürlich nicht so viele Hoffnungen, heute etwas bewirken zu können. Aber im Vorstand der cts soll einfach noch mal diskutiert werden", sagte Jörg Sämann der SZ. "Wir haben ja hier nichts Vergleichbares", pflichtete ihm Gabriele Ungers von der Linkspartei im Bezirksrat bei.

Um die Verhandlungen in Schwung zu bringen, war im Vorfeld eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen worden. "Wir haben 6000 Unterschriften, die wir an den Bischof schicken. Er mit seinem guten Draht nach oben kann vielleicht auch zum Nachdenken anregen", so Sämann in seiner Ansprache im Park-Pavillon. Der Wegfall der Geburtenstation bedeute Arbeitslosigkeit und Identitätsverlust für Dudweiler. Man habe über Jahre eine Sonderstellung erarbeitet, vor allem bezüglich der alternativen Geburtsmethoden von Dr. Hans Schales, meinte Walter Rodermann in seinem Appell. Der Bezirksbürgermeister ist Mitglied des Kuratoriums des Krankenhauses St. Josef. "Wir wurden nicht informiert über die Schließungspläne, wir wurden übergangen, da bleibt ein dicker Hals", bemerkte er. "Die Arbeit von Dr. Schales wird hier mit Füßen getreten", empörten sich Heide Schuler mit Ehemann Norbert aus Dudweiler. "Ich habe 1971 hier mein erstes Kind zur Welt gebracht. Wie lange findet man noch in den Ausweisen den Geburtsort Dudweiler?", fragte die aufgeregte Besucherin. "Die Bevölkerung versteht die Beweggründe nicht", fügte Rainer Dorscheid (CDU) an. Carmen Schweitzer - seit 35 Jahren Hebamme - auch nicht: "Ich habe viele Kinder hier zur Welt gebracht, ich weiß nicht, wie die werdenden Mütter es hochschwanger vom Sulzbachtal in ein entferntes Krankenhaus schaffen sollen. Viele haben kein Auto", rief die 58-jährige Hebamme laut ins Mikrofon.

Für Adelheid Lawall aus Dudweiler ginge auch eine Ära zu Ende: "Die Stärke des Hauses ist doch der familiäre Geist. Die Menschen werden auf der Strecke bleiben", sagte die 66-Jährige verbittert voraus.

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