Die "Man müsste mal"-Weitsicht

Ich bin ein weitsichtiger Mensch, manchmal. Wenn ich mal wieder einen meiner weitsichtigen Momente habe, sage ich oft einen dieser "Man müsste"-Sätze. Wobei ich mit "man" meistens mich meine. Manchmal ist die Weitsicht auch nur ein unausgesprochener Gedanke, gelegentlich in der Variante eines "Eigentlich müsste man mal wieder"-Satzes

Ich bin ein weitsichtiger Mensch, manchmal. Wenn ich mal wieder einen meiner weitsichtigen Momente habe, sage ich oft einen dieser "Man müsste"-Sätze. Wobei ich mit "man" meistens mich meine. Manchmal ist die Weitsicht auch nur ein unausgesprochener Gedanke, gelegentlich in der Variante eines "Eigentlich müsste man mal wieder"-Satzes.Ich meine jetzt nicht so einen Blödsinn wie: "Man müsste nochmal 17 sein." Oder so einen "Man müsste wieder zwei Pistolen und ein Pferdchen haben"-Fubbes. Nein, ich bin realistisch weitsichtig. Wenn es irgendwo zwickt, denke ich und zum Beispiel: "Man müsste mal wieder zum Arzt gehen." Dann geht es aber meistens wieder - und ich gehe nicht zum Arzt. Oder ich denke: "Man müsste mal wieder den oder die anrufen." Und wenn ich Glück habe, ruft dann der oder die eh mal an.

Es ist schon wieder eine ganze Weile her, seit ich mir "The Big Lebowski" angesehen habe. Das ist einer meiner Lieblingsfilme. Die Coen-Brüder haben ihn 1998 gedreht. Jeff Bridges spielt darin einen ziemlich coolen Typen, der sich "der Dude" nennt und im Leben eigentlich nichts anderes tut, als eine ruhige Kugel zu schieben - im wahrsten Sinne des Wortes: Das Bedeutendste im Leben des Dude ist es, mit seinen Kumpels bowlen zu gehen.

"Man müsste auch mal bowlen gehen." Das denke ich immer, wenn ich mir "The Big Lebowski" anschaue. Ich habe mich sogar mal erkundigt, was der Unterschied zwischen Bowlen und Kegeln ist. Und mir erklären lassen, dass man bei beiden Spielen neun Kegel treffen muss, die Bowlingkugel aber größer und schwerer ist als die, mit der gekegelt wird.

Vor ein paar Tagen wurde aus meiner Art der Weitsicht Wirklichkeit. Ich bin zum Bowlen gegangen. Eine der 32 Bahnen der Bowling-Arena in Güdingen gehörte für einer Stunde meiner Familie und mir.

Ich konnte dort beobachten, wie Menschen in Mannschaftsstärke und in gleichfarbigen Shirts sehr ernsthaft an die Sache rangehen. Und wie kleine Kinder die Bowlingkugel unter den vor Glück leuchtenden Augen ihrer Eltern zur Bahn schleppen und sie dort so niederplumpsen lassen, dass sie ganz langsam Richtung Kegel rollt. Und wie groß die Freude ist, wenn ein Kegel fällt.

Und ich habe feststellt, dass Bowlen richtig Spaß macht - aber beim Dude doch irgendwie viel filigraner aussieht als bei mir. Vielleicht kann ich ja vom Dude noch was lernen. Der Gedanke war schnell gedacht: Man müsste sich mal wieder "The Big Lebowski" ansehen.

Sie wollen dem Autor Ihre Meinung sagen? Schreiben Sie an m.rolshausen@sz-sb.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort