Die Landeshauptstadt Saarbrücken steuert in den Ruin

Saarbrücken. Die Landeshauptstadt steuert in die Katastrophe. Das geht aus einem Finanzstatusbericht hervor, den der Leiter der Kämmerei, Erich Schermer, für den Stadtrat geschrieben hat. Wenn die Politik nicht umsteuert, wird die Landeshauptstadt bis Ende 2013 rund eine Milliarde Euro Schulden haben. Schermer rechnet mit jährlichen Zinszahlungen von rund 47,7 Millionen Euro

Saarbrücken. Die Landeshauptstadt steuert in die Katastrophe. Das geht aus einem Finanzstatusbericht hervor, den der Leiter der Kämmerei, Erich Schermer, für den Stadtrat geschrieben hat. Wenn die Politik nicht umsteuert, wird die Landeshauptstadt bis Ende 2013 rund eine Milliarde Euro Schulden haben. Schermer rechnet mit jährlichen Zinszahlungen von rund 47,7 Millionen Euro. Über zehn Prozent des Geldes, das die Stadt jährlich ausgibt, wird sie für Zinszahlungen verwenden müssen. Der Bericht des Kämmerers ist als "nicht öffentlich" eingestuft. Der Stadtrat soll sich am Dienstag hinter verschlossenen Türen mit dem Papier, das der SZ vorliegt, beschäftigen. Bereits in diesem Jahr wird die Stadt statt der geplanten 38 Millionen Euro rund 62,6 Millionen Euro neue Schulden machen. Dazu soll der Rat am 6. Oktober einen Nachtragshaushalt verabschieden. Zwei Nachträge zum Haushalt 2009 hat der Rat bereits abgesegnet. Wegbrechende Steuern"Auslöser für die beiden vorausgegangenen Nachträge waren die Finanzierung des Vorhabens ,Stadtmitte am Fluss' und des ,Konjunkturprogrammes'", erklärt Schermer in seinem Finanzstatusbericht. Die Folge: Die Neuverschuldung durch Investitionskredite stieg durch die Beschlüsse alleine für dieses Jahr von 14,7 auf 33,5 Millionen Euro.Grund für den dritten Nachtrag sind "wegbrechende Steuereinnahmen in einer Größenordnung von rund 30 Millionen Euro", erklärt der Kämmerer. Die deutschen Städte erwarten in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise, dass die Gewerbesteuereinnahmen bis zum kommenden Jahr um durchschnittlich 28 Prozent zurückgehen. Die Städte werden aber nicht nur weniger Geld einnehmen, sie werden wegen der Krise mehr Geld ausgeben müssen. Die Kostenübernahme für Unterkunft und Heizung von Hartz-IV-Empfängern werde die Kommunen "teuer zu stehen kommen", zitiert Schermer aus der Kämmerer-Fachzeitschrift.Für Saarbrücken kommen aus Sicht der Finanzdezernent Frank Oran (CDU) unterstellten Kämmerei weitere spezielle Probleme hinzu. So verweigere das Land der Landeshauptstadt "eine aufgabenangemessene Finanzausstattung". Die "Sonderlasten", die Saarbrücken trage, belaufen sich nach einer Berechnung des Finanzdezernats alleine in diesem Jahr auf rund 18 Millionen Euro. So ist Saarbrücken die einzige Stadt im Land, die eine Berufsfeuerwehr haben muss.Außerdem habe das Land zur Sanierung seiner eigenen Finanzen den Städten und Gemeinden seit 2005 rund 200 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich vorenthalten. Saarbrücken habe deshalb 40 Millionen Euro mehr Schulden machen müssen. Bei der Verwaltungsstrukturreform hat das Land der Stadt nicht nur Kompetenzen abgenommen - was die Stadt jährlich mit rund 2,3 Millionen Euro Mindereinnahmen belaste. Das Land hat auch die Forderung der Stadt, mehr Einfluss auf die Finanzierung des Regionalverbands zu haben, abgelehnt. 106 Millionen Euro zahlt die Stadt in diesem Jahr an den Regionalverband, ohne dort ein Mitspracherecht zu haben.100 Millionen MieseBedauerlich sei auch, schreibt Schermer, dass ein vom Land bezahlter Gutachter, der die Finanzlage der Stadt prüft, sich nur anschaut, wo die Stadt sparen kann. Möglichkeiten, die städtischen Einnahmen zu erhöhen (etwa durch mehr Geld vom Land), bleiben außen vor. Für das Projekt "Stadtmitte am Fluss", warnt der Kämmerer, "sind nicht unerhebliche Folgekosten zu veranschlagen". Wobei vor allem die Finanzierung den städtischen Haushalt belasten werde - nach jetziger Planung mit rund acht Millionen Euro jährlich. Ein großer Verlustposten ist die städtische Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung. Der Verlustausgleich beträgt in diesem Jahr 7,5 Millionen Euro. Ab 2010 wird die Stadt die Verluste ihrer Entwicklungsgesellschaft mit jährlich sechs Millionen Euro ausgleichen müssen. Der aktuelle Schuldenstand: rund 568 Millionen Euro. Sollte sich an den von der Kämmerei aufgezeigten Rahmenbedingungen nichts ändern, werde die Stadt annähernd 100 Millionen Euro neue Schulden pro Jahr machen müssen. ols

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