Zukunftsaufgaben für das Saarland Die größten Baustellen der Landespolitik 2019

Im Mai stehen wichtige Wahlen an, die Strukturen der Kommunen sollen reformiert werden – und möglicherweise wird auch das Kabinett im neuen Jahr umgebildet.

 Achtung Baustelle! Saarländische Landespolitiker haben im kommenden Jahr viele wichtige Zukunftsaufgaben zu bewältigen.

Achtung Baustelle! Saarländische Landespolitiker haben im kommenden Jahr viele wichtige Zukunftsaufgaben zu bewältigen.

Foto: picture alliance / blickwinkel/ G. Czepluch/dpa Picture-Alliance / G. Czepluch

KOMMUNAL- UND EUROPAWAHL 34 der 52 Bürgermeister-Posten im Land sind am 26. Mai 2019 neu zu besetzen. Es wird interessant sein zu sehen, ob sich der Trend der vergangenen Jahre hin zu parteiunabhängigen Kandidaten fortsetzt. In allen 52 Kommunen werden zudem die Stadt- und Gemeinderäte neu gewählt. Vor fünf Jahren war das für CDU (38,8 Prozent) und SPD (36,1 Prozent) noch eine klare Sache. Beide haben also diesmal viel zu verlieren, wenn der bundespolitische Trend auch auf die Kommunalwahlen durchschlagen sollte. Interessant wird auch sein, ob es der AfD gelingt, sich kommunalpolitisch zu verankern. 2014 zog sie lediglich in elf Stadt- und Gemeinderäte ein. Bis heute ist sie vom selbstgesteckten Ziel, in allen Kommunen Verbände aufzubauen, weit entfernt. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament am gleichen Tag muss das Saarland fürchten leer auszugehen. Der SPD-Politiker Jo Leinen steht auf einem Listenplatz, der ordentlich wackelt. Und ob die CDU-Landesliste anders als 2014 zum Zuge kommt, ist ebenso fraglich. Zu verteidigen hat die CDU im Saarland 34,9 Prozent, die SPD 34,4 Prozent.

ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR Die große Koalition hat sich viel vorgenommen, um den ÖPNV neu aufzustellen. Die Saarländer erwarteten zu Recht, „dass wir in die Gänge kommen und dafür sorgen, dass Bus und Bahn attraktiver werden“, erklärte CDU-Fraktionschef Alexander Funk. Sein SPD-Amtskollege Stefan Pauluhn legt den Fokus zunächst darauf, dass Schüler und Azubis im Saarland zu bezahlbaren Preisen mobil sind – dafür soll es eine Tarifreform geben. Lücken im Nahverkehrsnetz sollen mit Bürgerbussen geschlossen werden: Dabei setzen sich Ehrenamtler hinters Steuer von Kleinbussen, die das Land anschaffen will. Zunächst soll mit mehreren Pilotprojekten getestet werden, wie das Angebot angenommen wird. Auch der Radverkehr soll attraktiver werden – das Verkehrsministerium sucht derzeit einen Koordinator für Radverkehrspolitik.

GRUBENWASSER Im kommenden Jahr fällt wahrscheinlich die Entscheidung über eine Teilflutung der ehemaligen saarländischen Bergwerke. Das zuständige Oberbergamt hat für Juni 2019 einen sogenannten Erörterungstermin anberaumt. Dies gilt als letzter Schritt vor einer Entscheidung über den vom Bergbaukonzern RAG beantragten Grubenwasser-Anstieg. Bei dem Erörterungstermin werden Einwendungen und Stellungnahmen aller Seiten noch einmal behandelt. Sollte das Oberbergamt anschließend keine weiteren, umfangreichen Gutachten in Auftrag geben, ist nach Einschätzung von Fachleuten mit einer Entscheidung noch im Jahr 2019 zu rechnen. Allerdings: Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausfällt, wird davon ausgegangen, dass die unterlegene Seite ein womöglich jahrelanges Gerichtsverfahren gegen die Entscheidung anstrengen wird. Gegen die von der RAG geplante Teilflutung waren Anfang dieses Jahres 6882 Einwendungen von Bürgern beim Oberbergamt eingegangen. Zudem gab es 128 kritische Stellungnahmen von Verbänden, Behörden, Kommunen und Landkreisen. Hintergrund war vor allem die Sorge vieler Bürger vor einer Verunreinigung des Trinkwassers und möglichen Bergschäden. Die Landesregierung hat jedoch mehrfach versichert, dass der Grubenwasser-Anstieg nur genehmigt werde, wenn „Gefahren für Mensch und Umwelt zuverlässig ausgeschlossen“ werden können.

KRANKENHÄUSER 2019 wird sich entscheiden, ob Politik und Krankenhausträger in der Lage sind, die Situation in der Pflege zu entspannen. Der Bundestag hat kürzlich beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2019 jede zusätzliche Pflegestelle in den Krankenhäusern finanziert wird. Die ersten Krankenhäuser im Saarland haben schon deutliche Verbesserungen versprochen: Die Uniklinik will 145 zusätzliche Stellen schaffen, die SHG in Völklingen, Merzig und auf dem Sonnenberg in Saarbrücken das Personal „erheblich“ verstärken. Die entscheidende Frage, für die bisher niemand ein Patentrezept hat, lautet: Wie finden die Krankenhäuser das Personal, um die nun vorhandenen Stellen auch tatsächlich zu besetzen?

Ein zweites Thema, das die Krankenhäuser 2019 beschäftigen wird, sind die Investitionen. Nachdem der Krankenhausplan 2018-2025 nun unter Dach und Fach ist, geht es um die Frage, wie die Investitionsmittel des Landes verteilt werden. Die Krankenhäuser bekommen mehr als 500 Betten zusätzlich und müssen entsprechend um- oder anbauen. Außerdem gibt es einen gewaltigen Investitionsstau. Die Krankenhausträger sind verärgert darüber, dass die große Koalition die Mittel für Investitionen (32,5 Millionen Euro im Jahr) im Doppelhaushalt 2019/20 nicht erhöht hat. Es besteht aber etwas Hoffnung: Das Land will übrig gebliebene Mittel, die sich ergeben, wenn an anderer Stelle weniger Geld als geplant gebraucht wird, zusätzlich in die Krankenhausfinanzierung stecken. So könnte noch die eine oder andere Million dazukommen.

KOMMUNALREFORM Seit fast fünf Jahren diskutiert die große Koalition über eine Reform der Verwaltungsstrukturen. Entschieden ist bisher nichts. Auf dem Tisch liegen 751 Seiten mit Gedankenspielen aus dem Innenministerium, über die sich CDU und SPD noch einig werden müssen. Ungeklärt ist beispielsweise noch, ob die Zahl der Unteren Bauaufsichtsbehörden (UBA) reduziert wird. Bei der interkommunalen Zusammenarbeit, die im Prinzip von allen gewünscht ist, lautet die Frage, wie Kommunen dazu animiert werden können, denn Zwang ist in vielen Fällen verfassungsrechtlich nicht möglich. Entschieden ist lediglich eines: Eine Gebietsreform wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Wenn es stimmt, dass die Daseinsberechtigung der zweiten großen Koalition darin besteht, die Kommunen zu sanieren, wird sie bald etwas vorweisen müssen. Dass CDU und SPD auch vor der Kommunalwahl entscheidungsfähig sind, haben sie im November mit der Einigung auf den Saarland-Pakt gezeigt, mit dem das Land die Hälfte der kommunalen Kassenkredite übernimmt und Städten und Gemeinden Investitionshilfen gewährt. Dieser Kompromiss, von der Koalition als historisch gefeiert, muss 2019 parlamentarisch umgesetzt werden. Mit einer Entlastung können die Kommunen 2019 auch rechnen, wenn bis Mitte 2019 die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ des Bundes ihre Ergebnisse vorliegt. Im Bereich des Möglichen scheint eine Entlastung bei den Sozialkosten.

PERSONALIEN Schon in der vergangenen Legislaturperiode 2012-2017 besetzte die CDU zur Mitte der Legislaturperiode zwei Ministerposten neu: Klaus Bouillon wurde damals Innenminister, Monika Bachmann wechselte vom Innen- ins Sozialressort. Um diese beiden Minister dürfte es auch 2019 gehen, sollte sich die CDU nach der Kommunal- und Europawahl im Mai im Hinblick auf die Landtagswahl 2022 weiter verjüngen wollen. In diesem Fall gilt Justiz-Staatssekretär Roland Theis (38) als Favorit für die Nachfolge von Klaus Bouillon (71). Die CDU-Frauen-Union drängt nach dem Weggang von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer allerdings auf mehr Frauen im Kabinett.

Das Personalkarussell der Landespolitik könnte sich 2019 auch drehen, weil die Verträge der Saartoto-Geschäftsführer Peter Jacoby (CDU) und Michael Burkert (SPD) Ende 2019 auslaufen. CDU und SPD werden die Nachfolger wohl wieder aus der Reihe ihrer verdienten Spitzenpolitiker auswählen – ohne Ausschreibung.

SCHULEN Den Schulen stehen 2019 zwei wesentliche Neuerungen bevor. Zum einen soll endlich der Digitalpakt starten, mit dem der Bund den Länder Milliarden für eine moderne Ausstattung der Schulen überweisen will. Weil der Bund aber im gleichen Aufwasch das Grundgesetz ändern will, um die Länder stärker an die Kandare nehmen zu können, haben die Länder das Gesetz im Bundesrat erstmal gestoppt und den Vermittlungsausschuss angerufen. Eine Einigung ist aber durchaus wahrscheinlich – alles andere wäre eine ziemliche Blamage für alle Beteiligten. Für das Saarland geht es immerhin um 60 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren.

Zweites großes Thema für die Schulen ist die beginnende Einrichtung sogenannter multiprofessioneller Teams. Das bedeutet, Lehrer werden künftig durch Erzieher, Sozialpädagogen oder Psychologen unterstützt. Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) hält dies für die „wahre Zukunftsaufgabe“ an den Schulen, damit die Lehrer sich auf ihre Kernaufgabe – das Unterrichten – konzentrieren können.

SPORT Die Folgen der Affäre beim Landessportverband (LSVS) wird Justiz, Politik und Sport auch 2019 beschäftigen. Die juristische Aufarbeitung beginnt so richtig Ende Februar, wenn der ehemalige LSVS-Präsident Klaus Meiser sich vor der Wirtschaftsstrafkammer wegen Untreue und Vorteilsgewährung verantworten muss. Daneben wird auch gegen Ex-LSVS-Vizepräsident Franz Josef Schumann, den ehemaligen St. Wendeler Landrat und früheren Sparkassenpräsidenten, verhandelt. Außerdem laufen noch weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die politische Aufarbeitung der Affäre wird im Untersuchungsausschuss des Landtages fortgesetzt. Das Schicksal des Saar-Sports wird sich aber auch am Verhandlungstisch der Banken klären. Der LSVS benötigt dringend ein Darlehen der SaarLB über gut 15 Millionen Euro, um sein Sanierungskonzept umsetzen zu können. Darüber wird seit Monaten verhandelt. Die Entscheidung über die Gewährung des Darlehens wird im ersten Quartal erwartet.

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