Die Kanone hat eine Schwester

Saarlouis · Im Saarlouiser Stadtgarten steht eine Kanone, die Dr. Frank Morgenthal im Sommer identifiziert hat. Diese Kanone gebe es nur einmal, sagte der damals der SZ. SZ-Leser aber erkannten: Es gibt einen Zwilling, und der steht in Saarbrücken.

 Frank Morgenthal

Frank Morgenthal

 Das ist die preußische Feldkanone C/64, gegossen 1864 bei Krupp. Wegen technischer Probleme wurde sie später auf eine Lafette für Festungsgeschütze montiert. Offenbar kam sie auch bei der Marine zum Einsatz. Das Exemplar links steht in Saarlouis. Dass es einen Zwilling in Saarbrücken hat, beweist Markus Mildenberg mit seinem Foto. Fotos: Morgenthal/Mildenberg

Das ist die preußische Feldkanone C/64, gegossen 1864 bei Krupp. Wegen technischer Probleme wurde sie später auf eine Lafette für Festungsgeschütze montiert. Offenbar kam sie auch bei der Marine zum Einsatz. Das Exemplar links steht in Saarlouis. Dass es einen Zwilling in Saarbrücken hat, beweist Markus Mildenberg mit seinem Foto. Fotos: Morgenthal/Mildenberg

Akribisch hatte Dr. Frank Morgenthal die alte Kanone untersucht, die im Stadtgarten in Saarlouis ziemlich versteckt steht. Er konnte nachweisen, um welche Lafette und welches Rohr es sich handelt. Diese preußische Kanone sei einzigartig, es gebe nur dieses eine Exemplar, sagte er in einem SZ-Artikel. Der war übertitelt mit "Dieses Kanönchen gibt es nur in Saarlouis". Unerwartet geriet Morgenthal damit unter Feuer, freundschaftliches, versteht sich. Mehrere SZ-Leser teilten mit: Dasselbe Modell stehe auch in Saarbrücken, unterhalb des Schlosses. Was Morgenthal zuerst nicht glauben mochte, aber nach längerer Recherche dann doch einräumte.

Dr. Eckart Sander, einst Mitarbeiter im Stadtverband Saarbrücken, wies Morgenthal auf zwei Artikel aus der "Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend" von 1974 und 1984 hin. Danach war klar: Das Saarlouiser und das Saarbrücker Exemplar bilden ein Paar. Zwei Sechspfünder, schwere Geschütze, gegossen 1864.

Das Saarlouiser Geschütz C 64 ist 1961 in Saarlouis beim Baggern für die Saarverlegung gefunden worden, wie Erich Nolte 1984 in der Zeitschrift berichtete. Wie es dorthin kam, ist ungeklärt. Zweifelsfrei aber handelte es sich um das Gegenstück eines Geschützes in Saarbrücken. Die beiden Kanonen hatte der Historische Verein in Saarbrücken mit vielen anderen Waffen 1903 vom Reichs-Marine-Amt gekauft, um eine neue Waffensammlung für das Saarbrücker Museum zu bestücken. Die Geschütze kamen von der Marine in Kiel. Morgenthal bezweifelt aber, dass sie je auf einem Schiff eingesetzt waren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war von der Waffensammlung fast nichts mehr übrig. US-Soldaten hatten sie als Souvenir mitgenommen. Doch eines der beiden Geschütze fand sich noch. Es wurde im Museumshof in Saarbrücken aufgestellt. Der Historische Verein überließ es dem damaligen Landkreis Saarbrücken als Dauerleihgabe.

Als 1961 das Gegenstück in Saarlouis auftauchte, beschloss der Verein, es der Stadt ebenfalls als Dauerleihgabe zu überlassen. Gegen die Versicherung, es in guten Zustand zu versetzen und instand zu halten. Nolte schrieb 1974, dass Saarlouis einst mit solchen Kanonen als Kasemattengeschützen versehen war. So hatten also Leser Recht wie Markus Mildenberg oder Armin Andrä, die das Zwillingspaar sogleich erkannt hatten. Morgenthal: "Man sieht, dass das Interesse der Bevölkerung an seiner Geschichte groß ist. So wurde es möglich, ein Stück Saarlouiser und auch Saarbrücker Geschichte wieder lebendig zu machen und in das Gedächtnis zurückzurufen. Ich würde mir wünschen, dass dieses seltene Geschütz restauriert und vielleicht an einer besser geeigneten, exponierten Stelle präsentiert wird."

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