"Die Isabelle soll auch in der sechsten Klasse bei uns bleiben!"

Rehlingen. Ob denn die Isabelle mit ihnen ins sechste Schuljahr gehen solle, wollte Friedrich Müller, Lehrer an der Lothar-Kahn-Schule, der Erweiterten Realschule in Rehlingen, von seinen Fünftklässlern gegen Ende des Schuljahres wissen. Das Votum der Schüler war eindeutig: "Die Isabelle soll bei uns bleiben

 Isabelle Gleser Foto: Thomas Seeber

Isabelle Gleser Foto: Thomas Seeber

Rehlingen. Ob denn die Isabelle mit ihnen ins sechste Schuljahr gehen solle, wollte Friedrich Müller, Lehrer an der Lothar-Kahn-Schule, der Erweiterten Realschule in Rehlingen, von seinen Fünftklässlern gegen Ende des Schuljahres wissen. Das Votum der Schüler war eindeutig: "Die Isabelle soll bei uns bleiben." Ein ungewöhnliches Bild bietet sich Besuchern beim Unterricht in dieser Klasse. Denn Isabelle Gleser ist geistig behindert. Sie kann nicht lesen, schreiben oder rechnen, noch nicht einmal sprechen. Begleitet wird sie im Unterricht von Annette Schäfer, ihrer Integrationsfachkraft vom Verein "Miteinander Leben Lernen" (MLL) in Saarbrücken. Seit einem Jahr besucht Isabelle Gleser die Lothar-Kahn-Schule. Auch in der Grundschule hat sie bereits eine normale Schule besucht - sie war Schülerin in der Dillinger Odilienschule. Denn ihre Eltern versuchen, der heute Zwölfjährigen ein Leben in der größtmöglichen Normalität zu schaffen. "Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, Isabelle soweit wie möglich ans Leben in der Normalität heranzuführen", sagt Isabelles Mutter, Anna Gleser.Angst vor Schulwechsel Trotz guter Erfahrungen in der Odilienschule hatte Anna Gleser ein wenig Angst vor dem Schulwechsel von Isabelle. "In der Grundschule in Dillingen war sie sehr gut integriert", sagt sie. Mit dem Wechsel in die erweiterte Realschule habe Isabelle großes Glück gehabt. Denn Klassenlehrer Friedrich Müller kannte das behinderte Mädchen bereits. Als er dann im vergangenen Schuljahr eine fünfte Klasse bekommen hat, war das für ihn eine gute Gelegenheit, Familie Gleser anzusprechen. Auch Schulleiterin Angelika Feld war mit einem Versuch, die behinderte Isabelle in ihre Schule zu nehmen, einverstanden. "Wir bekommen demnächst eine Auszeichnung als Schule gegen Gewalt und gegen Rassismus, da werden wir doch behinderte Menschen nicht ausschließen", sagt Feld ganz selbstverständlich. Friedrich Müller hat gleich zu Beginn des Schuljahres eine Informationsveranstaltung organisiert, bei der die Schüler alle ihre Fragen an Isabelle und deren Eltern stellen konnten. Mit durchschlagendem Erfolg. "Unsere Schüler akzeptieren Isabelle ganz selbstverständlich", zieht Angelika Feld Bilanz aus einem Jahr Integration. "Gerade die schwächeren Kinder kümmern sich sehr um sie." Auch wenn Isabelle den Unterricht störe, was öfter einmal vorkomme, sei das für die Schüler kein Thema. "Die nehmen das einfach als gegeben hin und meinen, das sei ja nur die Isabelle". Selbstverständlich darf Isabelle mit ihrer Integrationsfachkraft den Unterricht jederzeit verlassen, wenn ihr danach ist.Isabelle macht FortschritteVier bis fünf Stunden Förderunterricht erhält Isabelle in der Woche. Dann kommt eine eigens ausgebildete Sonderschullehrerin an die Lothar-Kahn-Schule und unterrichtet das behinderte Mädchen zieldifferent, das bedeutet, Isabelle soll lesen, schreiben und ein wenig rechnen lernen. Reicht das aus, um das behinderte Mädchen optimal zu fördern? "Mehr Stunden sind leider vom Gesetz her nicht vorgesehen", bedauert Angelika Feld. Anne Gleser meint: "Ja, Isabelle macht riesige Fortschritte." Sie freue sich jeden Tag auf die Schule und sei total aufgeblüht. "Sie versteht viel mehr und kann viel mehr auf Menschen reagieren. Sie wird immer selbstbewusster und selbstständiger." Was sie nicht so gut kann, das übt sie. "Isabelle kann jetzt Treppen steigen, ohne sich festzuhalten", freut sich Anna Gleser. Zuvor konnte Isabelle überhaupt keine Treppen hinaufgehen. "Sie ist ausgeglichen und nimmt sich an Eindrücken und Anregungen, was sie braucht." Und natürlich hat sie auch Lieblingsfächer - das sind nämlich Musik und Sport.

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