Die Handarbeiter im Hintergrund

Der lange Wahlsonntag beginnt für Axel Kläser und seine Mitstreiter mit Tischerücken: Um halb acht haben sie sich an diesem Morgen des 7. Juni in der Reimsbacher Mehrzweckhalle getroffen, um alle Vorbereitungen für die anstehenden Kommunal- und Europawahlen zu treffen. Im Foyer der Halle ist das Wahllokal für den Wahlbezirk 39 untergebracht

Der lange Wahlsonntag beginnt für Axel Kläser und seine Mitstreiter mit Tischerücken: Um halb acht haben sie sich an diesem Morgen des 7. Juni in der Reimsbacher Mehrzweckhalle getroffen, um alle Vorbereitungen für die anstehenden Kommunal- und Europawahlen zu treffen. Im Foyer der Halle ist das Wahllokal für den Wahlbezirk 39 untergebracht. Eine Tür weiter, in der Halle selbst, befindet sich das Wahllokal für den Wahlbezirk 40. Wegen der Größe des Ortes ist der Beckinger Ortsteil in zwei Wahlbezirke aufgeteilt. In beiden Räumen schieben die Männer und Frauen, die sich an diesem Morgen dort versammelt haben, mehrere Tische zu langen Reihen zusammen, außerdem werden drei Tische auf der entgegengesetzten Seite separat aufgestellt. Hier können später die Bürger aus dem Ort ihre Kreuzchen machen, abgeschirmt durch klappbare Stellwände.Axel Kläser ist Wahlvorsteher im Bezirk 39. Ihm obliegt es, zusammen mit seinem Stellvertreter Heinz Gratz und seinem sechsköpfigen Team von Wahlhelfern, den ordnungsgemäßen Ablauf der Stimmabgabe zu gewährleisten - und natürlich nach Schließung der Wahllokale die Stimmen auszuzählen. Gleichzeitig ist der 42-jährige Polizeibeamte auch Kandidat der CDU Reimsbach für den Posten des Ortsvorstehers. Dass seitens der Wahlleitung sorgfältig auf die Wahrung des politischen Proporzes geachtet wird, zeigt der Umstand, dass sein SPD-Konkurrent Heinz Gratz auch gleichzeitig sein Stellvertreter als Wahlvorsteher ist.Mittlerweile rücken die Zeiger der Reimsbacher Kirchturmuhr, die durch die Fenster der Halle zu sehen sind, auf acht Uhr zu. Die Wahlurnen, die von den beiden Verwaltungsmitarbeitern Marco Buchheit und Ortwin Puhl mitgebracht wurden, sind mittlerweile aufgebaut. Auch die drei Wahltische, an denen mit klappbaren Stellwänden dafür gesorgt ist, dass die Wahlen geheim ablaufen, sind vorbereitet. "Die Sachen stehen sonst bei der Gemeindeverwaltung irgendwo im Keller", sagt Marco Buchheit. Er wird sich mit seinem Kollegen Puhl an diesem Sonntag dabei abwechseln, das Protokoll zu führen. Die beiden Verwaltungsmitarbeiter kontrollieren die Wählerverzeichnisse, haken jene Wahlberechtigten ab, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben und werden am Abend, wenn alle Stimmen ausgezählt sind, diese auch sorgfältig verpackt mit nach Beckingen ins Rathaus nehmen.Auf den folgenden Stühlen haben die Wahlhelfer Platz genommen. Ihre Aufgabe besteht während der Öffnung der Wahllokale im Wesentlichen darin, die Wahlzettel für die Wähler vorzubereiten und herauszugeben. Nach 18 Uhr, wenn die Wahl abgeschlossen ist, kümmern sie sich um die Auszählung der Stimmen. Den Wahlvorstehern obliegt es dann, unmittelbar nach Ende der Auszählung die Ergebnisse telefonisch an den Gemeindewahlleiter zu übermitteln.In der großen Halle, wo der zweite Reimsbacher Wahlbezirk untergebracht ist, bereiten sich die beiden Wahlvorsteher Josef Bernardi und Jürgen Dörholt mit ihren Leuten in gleicher Weise auf den Beginn der Wahl vor. "Die Parteien, die in den politischen Gremien der Gemeinde vertreten sind, sind gehalten, dem Gemeindewahlleiter Vorschläge für Wahlhelfer zu unterbreiten", erklärt SPD-Mann Bernardi. In der Regel würden die Parteien ihre Kandidaten für Orts- und Gemeinderäte als Wahlhelfer benennen. Aus diesen Vorschlägen stelle der Gemeindewahlleiter, in diesem Falle Volkmar Schommer, Leiter der Stabsstelle Zentrale Steuerung im Beckinger Rathaus, die Helferteams zusammen. Dazu schreibt die Gemeinde die vorgeschlagenen Helfer an und fragt, ob sie bereit seien, diese Aufgabe zu übernehmen - was nicht immer der Fall ist: "Als wir am Freitag im Rathaus als Wahlvorsteher vereidigt wurden, haben wir erfahren, dass einige vorgeschlagene Wahlhelfer für heute abgesagt haben", erzählt Josef Bernardi.Im Foyer der Halle ist für Axel Kläser inzwischen der Zeitpunkt gekommen, seine Wahlhelfer für diese Aufgabe zu verpflichten. "Ich möchte euch alle aufrufen, dafür Sorge zu tragen, dass die Wahlen frei und geheim ablaufen können", sagt der Wahlvorsteher. Er erinnert sein Helferteam daran, dass innerhalb des Wahllokals keine Zeichen politischer Sympathie sichtbar getragen werden dürfen. "Hier wird jetzt auch nicht mehr über Politik gesprochen", erzählt Kläser später. Der Wähler solle auf gar keinen Fall bei seiner Wahlentscheidung beeinflusst werden. Zudem gelte, auch darauf weist Kläser hin, im Wahllokal strengstes Alkoholverbot. Auch an die Verschwiegenheitspflicht erinnert der Wahlvorsteher seine Leute, ehe er sie per Handschlag für ihre Aufgabe verpflichtet.Mittlerweile ist es kurz vor acht, in der Tür stehen schon die ersten, die ihre Stimme abgeben wollen, ein älteres Ehepaar. Aber die beiden müssen sich noch gedulden, denn der Wahlgang kann nicht eher beginnen, bis alle Helfer verpflichtet sind. Dann aber kann's losgehen: "Nach meiner Uhr ist es acht Uhr, die Wahl ist eröffnet", verkündet Axel Kläser. Nahezu zeitgleich erklärt Jürgen Dörholt im benachbarten Raum: "Die Wahlhandlung im Wahlbezirk 40 ist eröffnet."Schon unmittelbar nach Öffnung der Wahllokale kommen die ersten Bürger, um ihre Stimmen abzugeben. Das Helferteam ist unterdessen vorwiegend damit beschäftigt, die in mehreren Pappkartons angelieferten Stimmzettel vorzufalten und zusammenzulegen - vier Zettel in vier unterschiedlichen Farben, für jeden Wahlberechtigten wird solch ein Packen gebildet. Insbesondere der fast einen Meter lange Wahlzettel zur Europa-Wahl, auf dem sich 31 Parteien tummeln, macht dabei wahre Faltkünste erforderlich. "Da hat man wenigstens was zu tun, dann geht die Zeit auch rum", meint Doris Braun, Wahlhelferin in der großen Halle. Vorne, im Foyer der Halle, lässt derweil Verwaltungsmitarbeiter Otwin Puhl alle Helfer noch auf seiner Protokollliste unterschreiben - es muss alles seine Ordnung haben bei dieser wie bei allen Wahlen.Heinz Gratz, der stellvertretende Wahlleiter im Bezirk 39, kämpft indes mit der Tücke des Objektes: Eine der Wahlurnen, und zwar jene für die Stimmzettel zur Kommunalwahl, lässt sich nicht mit dem vorgesehenen Vorhängeschloss abschließen. "Das ist eine neue Urne, da ist der Rand etwas breiter als bei den alten", sagt Gratz. Darum rastet das Vorhängeschloss nicht wie vorgesehen ein. Ein Zustand, der nicht bestehen bleiben darf, weiß Axel Kläser: "Die Urne muss verschlossen sein, das ist zwingend vorgeschrieben." Doch Heinz Gratz, der früher auf dem Bauhof der Gemeinde tätig war, weiß sich zu helfen: Kurzerhand feilt er mit einem groben Messer etwas von dem Kunststoffrand an der Wahlurne weg - schließlich rastet das Schloss doch ein. "Es gab mal eine Wahl, da haben wir hinterher auf dem Bauhof Urnen zurückbekommen, in denen noch Stimmzettel drin lagen.", erzählt Gratz schmunzelnd. Aber so etwas könne er sich heute nicht mehr vorstellen, dafür werde zu penibel auf einen ordnungsgemäßen Ablauf geachtet. Wie weit das reicht, dazu kann Josef Bernardi ein Beispiel beisteuern: "Wir müssen ja zunächst die Stimmzettel zur Europawahl auszählen. Wenn das geschehen ist, gebe ich das Ergebnis allerdings noch nicht telefonisch an die Gemeinde weiter." Zunächst werde die andere Wahlurne geöffnet, um nachzukontrollieren, ob nicht dort versehentlich noch ein Stimmzettel für die Europawahl eingeworfen wurde. Wobei in beiden Wahllokalen die Wahlvorsteher so gut es geht darauf achten, dass die Zettel in die richtige Urne kommen.Mittlerweile haben sich die Reihen der Helfer etwas gelichtet. Sie werden sich über den Tag verteilt abwechseln, mindestens zwei von ihnen und einer der Wahlvorsteher müssen stets vor Ort sein. "Es ist ja nicht notwendig, dass alle den ganzen Tag hier sitzen", meint Axel Kläser, der auch an das leibliche Wohl seiner Helfer gedacht hat: "Ich hab' in meinem Auto noch einen Kuchen von meiner Frau stehen, den geh ich gleich holen", ruft er seinem Team zu, während Jürgen Dörholt, Co-Wahlvorsteher im anderen Wahlbezirk, in der Küche der Mehrzweckhalle schon die ersten Kannen Kaffee aufgebrüht hat. Dort liegen noch andere kleine Snacks, damit die Wahlhelfer ihre Aufgabe nicht mit knurrendem Magen erledigen müssen. Die Stimmung in den beiden Wahllokalen ist entspannt und gelöst, von Nervosität oder Anspannung ist bei den Helfern, die allesamt zugleich auch Kandidaten ihrer Parteien sind, nichts zu spüren - noch nicht, die Auszählung der Stimmen ist ja noch fern. Dass Axel Kläser, Heinz Gratz, Josef Bernardi, Jürgen Dörholt und ihre Helfer dabei einiges zu tun bekommen werden, zeichnet sich schon gegen Mittag ab: Die Reimsbacher machen eifrig von ihrem Wahlrecht Gebrauch, gegen 14 Uhr liegt die Wahlbeteiligung bereits bei 50 Prozent der fast 1800 Wahlberechtigten. Doch dass die Auszählung auch bei einem hohen Aufkommen von Stimmzetteln nicht zügig abgewickelt werden könnte, davor ist Bernardi und Kläser nicht bange: "Wir können als Wahlvorsteher bei Engpässen auch ad hoc noch Leute als Wahlhelfer verpflichten", erläutert Bernardi. Und Axel Kläser ergänzt: "Es kann gut sein, dass das heute Abend beim Auszählen so gemacht wird."Nach 18 Uhr erweist sich das Auswerten insbesondere der monströsen Papiere zur Europawahl als zeitraubende Angelegenheit. Dennoch schaffen es beide Wahlbezirke, noch vor 20 Uhr alle Stimmzettel ausgezählt zu haben. Dann ist auch klar: Das Duell der beiden Wahlvorsteher im Bezirk 39 hat Axel Kläser gegen Heinz Gratz für sich entschieden. "Wir können als Wahlvorsteher bei Engpässen auch ad hoc noch Leute als Wahlhelfer verpflichten."Josef Bernardi, Wahlvorsteher"Da hat man wenigstens was zu tun, dann geht die Zeit auch rum"Wahlhelferin Doris Braun beim Falten der Stimmzettel"Ich habe in meinem Auto noch einen Kuchen von meiner Frau stehen, den gehe ich gleich holen."Axel Kläser,Wahlvorsteher"Es gab mal eine Wahl, da haben wir hinterher auf dem Bauhof Urnen zurückbekommen, in denen noch Stimmzettel drin lagen."Heinz Gratz"Hier im Wahllokal wird grundsätzlich auch nicht mehr über Politik gesprochen."Axel Kläser"Die Parteien, die in den politischen Gremien unserer Gemeinde vertreten sind, sind gehalten, dem Gemeindewahlleiter Vorschläge für ehrenamtliche Wahlhelfer zu unterbreiten."Josef Bernardi

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