Die "Graue Zellen" lassen es wieder rockenVolles Programm beim Hinterwald-Festival

Püttlingen. "Wir schreiben das Jahr 2010. Die ganze Welt hat sich dem Kommerz verschrieben. Banken, ja ganze Staaten gehen den Bach runter. Dem widersetzt sich ein kleines Völkchen in Köllerbach. Seit sage und schreibe 30 Jahren veranstaltet der Hinterwald Braintrust immer noch umsonst und draußen sein Rockfestival im Jungenwald

 Die Mannschaft der Hinterwäldler im Jungenwald hält die Taue gespannt. Foto: Hartmann Jenal

Die Mannschaft der Hinterwäldler im Jungenwald hält die Taue gespannt. Foto: Hartmann Jenal

Püttlingen. "Wir schreiben das Jahr 2010. Die ganze Welt hat sich dem Kommerz verschrieben. Banken, ja ganze Staaten gehen den Bach runter. Dem widersetzt sich ein kleines Völkchen in Köllerbach. Seit sage und schreibe 30 Jahren veranstaltet der Hinterwald Braintrust immer noch umsonst und draußen sein Rockfestival im Jungenwald." Das schreibt Rudolf "Rusch" Wilhelm vom Hinterwald-Braintrust. Das englische Wort Braintrust bedeutet "Zusammenschluss der Gehirne". Kreativ weitsichtige graue Zellen müssen es in der Tat gewesen sein, die sich vor drei Jahrzehnten in Köllerbach Folgendes gedacht haben: "Jetzt ist unser schönes Jugendzentrum im Weinbergweg geschlossen worden. Wo lassen wir es jetzt rocken?" "Die Idee, ein eigenes Festival auf die Beine zu stellen, kam dann irgendwie bei einem sommerlichen Gartenfest auf", erinnert sich Uwe "Himbi" Himbert an die Anfänge, die unter anderem von der legendären Köllertalband Triebwagen musikalisch gestaltet wurden. "Am Anfang haben wir eine Bühne mit Bauelementen von ausgedienten Kleiderschränken hingestellt und uns bei der Köllerbacher Feuerwehr ein Notstromaggregat für die Stromversorgung ausgeliehen", schmunzelt Hermann "Hermi" Ludwig im Rückblick. Der Nachteil: "Irgendwann, wohl mit steigendem Alkoholkonsum, haben wir vergessen, Diesel nachzuschütten, und den Musikern ging der Saft aus." In den ersten Festivaljahren schützten sich die Hinterwäldler noch mit dicken pechschwarzen Matten aus den Bergwerken der Umgebung, so genanntem "Gruuwengummi", gegen Wetter-Kapriolen. Die Hinterwäldler, die bis heute ihr Festvial ohne Gewinn-Absichten auf die Beine stellen, kauften sich schließlich das Chassis eines ausgedienten Zirkuswagens als fahrbaren Bühnenaufbau und eine im Wendland maßgeschneiderte Plane als Dach. "So longsom wird`s", lautet denn auch die Devise zum 30. Festival. Den Flyer dazu hat der Köllerbacher Künstler Alban Dörr, alias Mister Snoid, gestaltet. Wie stets werben die Hinterwälder mit der Wutz Maltiz, die griffige Mundartsprüche wie "Lu foa dich", "Heid gemmas uus", "Niggs foa ungudd" oder "Dòò gebbsde gehämeld" zum Besten gibt, für ihre Veranstaltung, die Jahr für Jahr rund 400 Gäste in den Jungenwald zieht, darunter viele "ausgewanderte" Saarländer. Musikalisch hat sich das Hinterwald-Festival in den vergangenen 30 Jahren von seinen rockigen Triebwagen-Anfängen bis hin zum "akustischen Allerlei", Theaterangeboten und Kinderprogrammen (etwa auf der Nebenbühne und neuerdings auch im Winter in Uhrmachers Haus) entwickelt. Insgesamt steht das Hinterwald-Festival für ein attraktives Sommer-Wochenende mit handgemachter Musik. Eintritt wurde und wird nicht erhoben, die Verpflegungspreise sind moderat gehalten. "Das geht natürlich nur, indem alle unentgeltlich arbeiten und die Bands weitestgehend auf ihre Gage verzichten", resümiert Rudolf "Rusch" Wilhelm. Püttlingen. Das im Köllertal bereits legendäre Hinterwald-Festival wird heute, 18.45 Uhr, mit der traditionell-rituellen "Öffnung des ersten Stubbi-Bieres" eingeläutet. Die Bands Psychedelic Sally sorgt mit Soul- und Powerjazz für musikalische Unterhaltung, Schwitzke-Venturini aus der Pfalz mit eigenen und gecoverten Songs aus dem Spannungsfeld zwischen 70er Folk und Trashmetal und die OE-Kapelle als feste Größe beim Festival mit Songs von Neil Young, Bob Dylan und Grateful Dead. Das Freitag-Nachtprogramm gestaltet Hermann der Geiger, der mit sphärischen Klängen zum Träumen, Tanzen und Entspannen einlädt. Am Samstag, 10. Juli, wird die Kleine Bühne im Jungenwald ab 14 Uhr mit handgemachter Musik eröffnet. Das Kinderprogramm mit Clown Fluxi beginnt um 15 Uhr. Auf der großen Bühne gestaltet Triebwagen den Tag, eine Band der ersten Stunde. Außerdem die Madgang, die seit Mitte der Achtziger nicht nur beim Festival rockt, und die Lokalmatadore Engelfangen. Sonntags gibt es eine Matinée für Frühaufsteher, mit Himbi und den Hinterwald Allstars ab 10 Uhr und für Jazz-Freunde ab 11.30 Uhr mit dem Sebastian Wust-Trio. et

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