Die Gefahr des Esoterik-Rauschs

Trier. Schamane, persönlicher Engel oder "Channel-Medium": In Lebenskrisen suchen Menschen zunehmend Hilfe in der Esoterik. "Man glaubt hier eine sichere, klare Orientierung zu bekommen, die vermeintlich mehr ist, als ein guter Ratschlag von Freuden", sagte der Sektenbeauftragte des Bistums Trier, Matthias Neff, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa

Trier. Schamane, persönlicher Engel oder "Channel-Medium": In Lebenskrisen suchen Menschen zunehmend Hilfe in der Esoterik. "Man glaubt hier eine sichere, klare Orientierung zu bekommen, die vermeintlich mehr ist, als ein guter Ratschlag von Freuden", sagte der Sektenbeauftragte des Bistums Trier, Matthias Neff, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Bei den Ratsuchenden gebe es "ein spirituelles Bedürfnis, das sagt, es muss noch mehr geben als den Alltag". Vorsicht sei aber geboten, warnte Neff. Denn nicht selten entstehe eine Abhängigkeit zu den "Meistern", die den Ratsuchenden schaden könne.Gerade beim "Channeling", bei dem eine Person behauptet, sie habe einen direkten Zugang zu höheren geistigen Wesen, sollten die Menschen kritisch sein, betonte der Sektenbeauftragte. Da werde etwa behauptet, man könne den Kontakt zu einem Verstorbenen herstellen. "Das hält Betroffene davon ab, sich der Trauer zu stellen und den Verlust zu bewältigen", erklärte Neff. Bei der Methode würden auch vermeintliche Tipps aus der "übersinnlichen Welt" zu wichtigen Zukunftsentscheidungen gegeben.

Zugenommen hat nach Einschätzung von Neff auch die Zahl der selbst ernannten Schamanen - vor allem im ländlichen Raum wie im Hunsrück und in der Eifel. "Sie heißen nicht ,Große weiße Feder', sondern Müller oder Meyer - und bieten eine ganz starke Erlebnisorientierung", berichtete der Sektenbeauftragte. Dabei würden unter Anleitung eines Schamanen Erfahrungen gemacht, die das eigene Leben verändern sollen. Besonders beliebt sei die "schamanische Schwitzhütte": "Hier kommt man durch die Hitze in einen anderen Bewusstseinszustand, der dann interpretiert wird als Weg zum Zugang zu einer Geisterwelt."

"Immer wo jemand angeblich ein Kontakt zu exklusiven Sphären hat, kann es gefährlich werden", warnte Neff. Vor ein paar Jahren sei in der Eifel eine 20- bis 30-köpfige Gruppe um einen Schamanen plötzlich verschwunden. Nicht mal die Familienangehörigen wussten, was passiert war. "Das war hochdramatisch", so Neff. Eines Tages stellte sich heraus, dass die Gruppe nach Togo gegangen war. "Das zeigt, was im Extremfall passieren kann."

In den vergangenen Jahren regelrecht geboomt habe auch der Engel-Kult. "Da geht es darum, dass man persönlichen Kontakt zu einem persönlichen Engel hat, ohne dass man eine Religion noch dazu nehmen muss", teilte der Sektenbeauftragte des Bistums mit. Es gebe auch Kurse, wo man Engel angeblich kennen lerne und erfahre, wie man über Meditation mit ihnen in Kontakt trete. Angebote gebe es reichlich. Sie würde gerne vor allem von Frauen genutzt. Die Esoterik hat nach Einschätzung des Experten inzwischen im Alltag vieler Menschen einen festen Platz. "Menschen pendeln an der Gemüsetheke ihren Salat aus, richten ihr Haus nach Feng Shui ein und gehen bei Schmerzen zu Reiki-Sitzungen", sagte Neff. Das sei generell auch alles wenig riskant, solange sich die esoterischen Angebote nicht gegen die Humanmedizin richteten. Bei allen Angeboten, die mit einfachen Mitteln große Ziele ganz schnell und ohne Nebenwirkung zu erreichen suchen, sollte man aber sehr vorsichtig sein.

Foto: Reichert dpa/lrs

"Menschen pendeln

an der Gemüsetheke ihren

Salat aus."

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