Die Fantasie verselbstständigt sich

Saarlouis. Dem Spürsinn von Kantor Joachim Fontaine ist es zu verdanken, dass in der evangelischen Kirche Saarlouis "Weltwiedererstaufführungen" stattfinden konnten - Musik des Komponisten Christian Ernst Graf (1723-1804) aus Rudolstadt.Spuren im ArchivSeine Werke fallen in die spannende Epoche des Übergangs vom Barock zur Klassik

Saarlouis. Dem Spürsinn von Kantor Joachim Fontaine ist es zu verdanken, dass in der evangelischen Kirche Saarlouis "Weltwiedererstaufführungen" stattfinden konnten - Musik des Komponisten Christian Ernst Graf (1723-1804) aus Rudolstadt.

Spuren im Archiv

Seine Werke fallen in die spannende Epoche des Übergangs vom Barock zur Klassik. Zudem stammen sie aus dem Umfeld der Saarbrücker Fürsten Ludwig.

Fontaine war im Musikarchiv der Stadt Modena aufgefallen, dass im über 30 Jahre alten handschriftlichen Katalog über dem Komponisten Sarti, auf dessen Spur er sich befand, ein Komponist "Sarebruck" verzeichnet war. Es war eine Verwechslung von Komponist und Fürstenresidenz. Das Werk gehörte nach Saarbrücken und galt als Gruß der nassauischen Verwandtschaft aus Den Haag.

Zu dem außergewöhnlichen Konzert, das die Fritz Neumeyer Akademie für Barockmusik, der Landkreis und die evangelische Kirchengemeinde Saarlouis organisierten, hatten sich etwa 50 Liebhaber der Kammermusik eingefunden. Und sie wurden reichlich belohnt.

Der Vortrag der für die damalige Zeit typischen Trio-Besetzung war so virtuos und von perfekter Harmonie geprägt, dass die Zuhörer sofort in die facettenreiche und dynamische Musik von Christian Ernst Graf und Carlo Zuccari hinein gesogen wurden.

Ganz typisch ist der helle Klang des Cembalos, an dem Jörg-Andreas Bötticher, Professor für Cembalo, Orgel, Generalbass und Kammermusik an der Musikhochschule Basel, mit weicher Anschlagstechnik in Erstaunen versetzte. Schwierige Passagen, bei denen auf beiden Manualen und überkreuz gespielt werden musste, beherrschte er mit leichter Hand.

Palmena Nikitassova, Finalistin zahlreicher internationaler Violin- und Kammermusikwettbewerbe, spielte ihre Barockvioline auf geradezu jubilierende Art.

Dazu ließ Maya Amrein ihr Barockcello bewegend zu Wort kommen - sonor und doch licht, tänzerisch und doch uneitel.

Alle drei studierten an der Schola Cantorum Basiliensis. Ihr Zusammenspiel zeichnete sich aus durch elegante Phrasierungen, variable Dynamik und eine hoch emotionale Interpretation.

Mozart als Bonbon

Sowohl in den Sonaten des Italieners Carlo Zuccari wie auch in denen von Christian Ernst Graf (später Graaf) hat jeder Satz einen Gemütszustand. Die Violine darf sich frei entfalten. Sie singt, seufzt und tanzt. Das Cembalo bleibt nicht nur Begleitinstrument. Der Komponist Graf, selbst Geiger und Kapellmeister, später in Den Haag, lässt den Pianisten solistisch hervortreten wie in der Sonate IV F-Dur für Cembalo und Violine. Doch auch im 3. Satz der Sonata X a-Moll von Carlo Zuccari kann sich Jörg-Andreas Bötticher als Virtuose beweisen.

Musik, die am Nassauer Hof obligat war. Graf hat ihnen Werke namentlich gewidmet. Nach verschwenderischem Applaus gab es mit der Violinsonate G-Dur KV 301 von Mozart ein Extrabonbon.

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