Erntesaison 2020 Erst ersoffen, dann vertrocknet

Saarbrücken · Die lange Dürre- und Regenperiode machte den saarländischen Landwirten in diesem Jahr zu schaffen. Allein die Getreideernte sei um bis zu ein Drittel zurückgegangen.

 Eine lange Regenphase und dann Dürre von Mai bis September haben den Bauern, hier eine Kartoffelernte auf einem staubtrockenen Feld, zugesetzt.

Eine lange Regenphase und dann Dürre von Mai bis September haben den Bauern, hier eine Kartoffelernte auf einem staubtrockenen Feld, zugesetzt.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Das Klima hat sich verändert in den vergangenen Jahren. Und zwar nicht nur so, dass einfach die Temperatur höher gewesen wäre. Nein, es gab ungewöhnlich lange Dürre- oder Regenperioden. Gerade dieser Umstand hat sich auf die Landwirtschaft im Saarland meist negativ ausgewirkt.

Der Präsident des saarländischen Bauernverbands, Peter Hoffmann, spricht von 20 bis 30 Prozent Rückgang bei der Getreideernte im Vergleich zum Durchschnitt der Vorjahre. Das habe sowohl an der Dürre von Mai bis September als auch an der langen Regenphase von Ende September bis Februar gelegen. „Alle Früchte, die im Herbst ausgesät wurden, sind quasi erst ersoffen und dann vom Ersaufen ins Vertrocknen gegangen“, sagt Hoffmann. Der viele Regen habe die Aussaat des Wintergetreides erschwert.

 Franz-Josef Eberl, Präsident der Landwirtschaftskammer, kritisiert, dass die EU die Gen-Schere verboten habe.

Franz-Josef Eberl, Präsident der Landwirtschaftskammer, kritisiert, dass die EU die Gen-Schere verboten habe.

Foto: Sebastian Dingler

Trotzdem habe man gedacht, der viele Regen sei eine Grundlage für ein gutes Erntejahr. „Aufgrund der Dürre, die im März einsetzte, konnten die jungen Pflanzen mit ihren kurzen Wurzeln dieses Wasser nicht erreichen“, erklärt Hoffmann. Mehr Bewässerungssysteme seien im Saarland kein Thema gewesen. Für einen Quadratmeter Acker hätte man in einem Monat 100 Liter Wasser gebraucht, Aufwand und Ertrag stünden da in keinem Verhältnis. Hoffmann beklagt bei diesem Thema zwei Restriktionen durch die Politik: Einmal, dass das gegen Vogelfraß eingesetzte Mittel Mesurol nicht mehr verwendet werden darf, obwohl es in anderen Ländern noch erlaubt sei. Zweitens, dass die sogenannte Gen-Schere von der EU verboten wurde.

Das ist auch dem Präsident der Landwirtschaftskammer, Franz-Josef Eberl, ein wichtiger Punkt: „Da schreien zwar viele auf, aber genau dieses Verfahren bräuchten wir jetzt. Mit der traditionellen Zucht kämen wir auch irgendwann zum gleichen Ergebnis. Aber das dauert viel, viel länger – ob wir diese Zeit haben?“ Nutzpflanzen, die mit der Gen-Schere erzeugt werden, könnten offenbar viel besser mit den veränderten klimatischen Bedingungen zurechtkommen.

Der Direktor der Landwirtschaftskammer, Robert Zimmer, erklärt den Unterschied zwischen klassischer Gentechnik und der Gen-Schere an einem Beispiel: „Wir haben bereits eine Weizensorte, die trockenresistent ist. Jetzt ist man in der Lage, genau diese Gensequenz herauszuschneiden und in eine andere Weizensorte einzusetzen, die das nicht hat. Das wird aber von der EU gleichgesetzt mit dem Einsetzen eines Bazillen-Gens in eine Tomatenpflanze.“

Die Saar-Biobauern haben da naturgemäß andere Lösungen anzubieten. Matthias Dörr, selbst Biobauer in Eppelborn-Wiesbach und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau, berichtet von einer insgesamt durchschnittlichen Ernte im Biolandbau in diesem Jahr. Mit einer Einschränkung: Es habe sehr stark von den Böden abgehangen, ob ein Biobauer trotz Dürre und zu viel Regens einen guten Ertrag erwirtschaften konnte. „Auf den sandigen Standorten hat das Wasser nicht gereicht, da gab es massive Einbrüche.“ Ansonsten habe der Biolandbau den Vorteil gehabt, dass es dort keine so dichten Bestände gebe, die viel Wasser bräuchten. Man setze bei den Pflanzen auf Diversität und habe dann automatisch Sorten, die einen guten Ertrag bringen, und solche, die weniger gut mit dem aktuellen Klima zurechtkommen.

Große Probleme habe es bei der Viehhaltung gegeben, da stimmt Dörr mit Eberl und Hoffmann überein: Durch die Dürre seien die Wiesen früh vertrocknet, da habe es an Futter gefehlt für Rinder, Pferde, Ziegen und Schafe. Viel Vieh habe verkauft oder geschlachtet werden müssen, weil man es nicht über den Winter bringen würde. Dadurch, dass das allen Viehbauern so erging, seien auch keine guten Preise mehr fürs Vieh erzielt worden. Weniger betroffen waren trotz der Dürre offensichtlich Obstbauern und Kleingärtner.

Monika Lambert-Debong, Geschäftsführerin des Verbands der Gartenbauvereine im Saarland und in Rheinland-Pfalz, sagt, die Ernte beim Steinobst sei insgesamt zufriedenstellend gewesen. Beim Kernobst, etwa bei den Äpfeln, habe es aber einen übermäßig starken „Fruchtfall“ gegeben – dabei wirft der Baum jene Früchte ab, aus denen mutmaßlich nichts wird. „Drei trockene Jahre in Folge, das merken die Bäume so langsam.“

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