"Die Erde ist kein Treibhaus""Wolfgang Thüne: ein Wasserverkäufer in der Wüste"

Merzig. Er ist ein einsamer Kämpfer für die Wahrheit. Oder zumindest für das, was er für die Wahrheit hält: Wolfgang Thüne, zwischen 1971 und 1986 Wetter-Moderator im ZDF, reist heute unermüdlich durch die Lande, um gegen den "Treibhaus-Schwindel" zu Felde zu ziehen. Am Montag machte er Station im Merziger Vereinshaus

Merzig. Er ist ein einsamer Kämpfer für die Wahrheit. Oder zumindest für das, was er für die Wahrheit hält: Wolfgang Thüne, zwischen 1971 und 1986 Wetter-Moderator im ZDF, reist heute unermüdlich durch die Lande, um gegen den "Treibhaus-Schwindel" zu Felde zu ziehen. Am Montag machte er Station im Merziger Vereinshaus. Der Lions Club hatte zu einer von SZ-Redakteur Wolf Porz moderierten Podiumsdiskussion eingeladen, an der neben dem prominenten Ex-Wetterfrosch auch der Staatssekretär im Umweltministerium und Grünen-Politiker Klaus Borger und der Direktor des Kraftwerks Ensdorf und VDE-Landesvorsitzende Hans-Hermann Michaelis teilnahmen. Vor vollem Saal ließ sich Thüne nicht lange bitten: "Die Erde ist kein Treibhaus, die Erderwärmung ist absoluter Unsinn", legte er vor. Das geächtete Kohlenstoffdioxid sei kein Gift, sondern ein Lebenselixier für Mensch und Natur. Kein Körper, der wie die Erde Energie abstrahlt, könne sich in einer kälteren Umgebung von selbst aufwärmen, so die Argumentation des Diplom-Meteorologen. Die in der Erdatmosphäre befindlichen CO2-Moleküle verhielten sich energetisch passiv, seien nicht in der Lage, die Erde von minus 18 Grad auf plus 15 Grad zu erwärmen. Die Gegenfrage des Moderators, ob die 95 Prozent der Klimaforscher, die sich in Kopenhagen zum Kampf gegen den Klimawandel trafen, Scharlatane seien, wich Thüne aus. Er wolle nicht werten. Wissenschaft sei jedoch keine demokratische Veranstaltung, und er selbst schwimme gegen den Strom in einem Zeitalter, das von Ideologien geprägt sei. In der Tat: Mit seinen Thesen gehört Thüne nicht nur zu jener Minderheit der Wissenschaftler, die einen Einfluss des Menschen auf die Erderwärmung in Frage stellt, sondern er geht noch einen Schritt weiter, in dem er den Treibhaus-Effekt abstreitet. Angesichts von so viel Hartnäckigkeit schien Grünen-Politiker Borger ratlos. Er verwies auf die Verdoppelung des CO2-Gehaltes seit Beginn der Industrialisierung, erinnerte an Gletscherschmelze und den Anstieg des Meeresspiegels. "Geradezu menschenverachtend" seien Thünes Behauptungen angesichts der bereits verheerenden Folgen des Klimawandels in einigen Entwicklungsländern. Eine Wendung erhielt die Diskussion durch Hans-Hermann Michaelis, der die Frage künftiger Energieversorgung ins Spiel brachte und sich gegen Ressourcen-Verschwendung aussprach. Auch wenn die klassische Stromversorgung noch unumgänglich sei, widersprach er Borger nicht prinzipiell in der Forderung nach alternativen Energien. Eigentlich hätte Thünes These, der Treibhaus-Effekt sei eine "Erfindung der Atom-Lobby", die "von den Grünen vermarktet" wurde, eine schöne Vorlage für Steinkohlekraftwerks-Betreiber Michaelis sein können, hätte der Funktionär des CO2-Großemittenten doch auf die vermeintliche Umweltfreundlichkeit der Technik verweisen können. Doch selbst Michaelis war "das Eis zu glatt", auf das ihn der einstige Wetter-Moderator schicken wollte. So wird Thüne wohl ein einsamer Kämpfer bleiben. Was ihn selbst kaum zu stören scheint. "Ich habe längst die Untugend des Wetters angenommen, nicht zu gehorchen", sagte er zum Abschluss unter großem Applaus. Merzig. Dass der Mensch einen signifikanten Einfluss auf die globalen Klimaänderungen hat, ist mittlerweile absoluter Konsens unter den allermeisten seriösen Klimaforscher. Die von Menschen gemachten Emissionen, insbesondere von Kohlendioxid, haben zu einer Verstärkung des Treibhauseffektes geführt, welcher nicht nur in der Theorie physikalisch erklärbar ist, sondern auch im Labor auf kleinskaliger Ebene schon mehrfach nachgewiesen wurde. Jeder Student im ersten Semester der Physik oder Meteorologie kann darüber problemlos referieren, Herr Thüne aber scheinbar nicht. Ganz im Gegenteil, er leugnet alles, was ihm in die Klimaquere kommt: den Treibhauseffekt, den menschlichen Einfluss auf das Klima, ja sogar das Klima selbst. Kein Wunder, dass Thüne in den Kreisen seriöser Klimaforscher nicht ernst genommen wird.Woher er seine Motivation für solch physikalischen Unsinn nimmt, wurde erst am Ende der Veranstaltung deutlich. In einem Feldzug gegen die regenerativen Energien, deren Ausbau angeblich nur die Strompreise in die Höhe treiben wird, warb er durch seine nicht aufgezeigten Alternativen indirekt für eine ausschließliche Weiternutzung fossiler Energieträger wie Kohle und Öl. Das war Wasser auf die Mühlen großer Teile der anwesenden Zuhörerschaft. Geradezu dürstend hingen viele an den Lippen von Thüne, um für die aufgezwungene menschliche Schuld an der globalen Erwärmung Absolution erteilt zu bekommen. Nun kann ja wieder gerast, geheizt und emittiert werden, und das alles ohne Ende und ohne schlechtes Gewissen. "Die Behauptungen von Wolfgang Thüne sind menschenverachtend."Klaus Borger, Grüne"Der Treibhaus-Effekt ist eine Erfindung der Atom-Lobby."Wolfgang Thüne"Die Erde ist kein Treibhaus, die Erderwärmung Unsinn."Wolfgang Thüne"Ich bin gegen Ressourcen-verschwendung."Hans-H. Michaelis, VDE-Landesvorsitzender

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