Die Entdeckung der Parteibasis

Saarbrücken. In der nordrhein-westfälischen CDU ist eine Revolution im Gange. Die Basis - und nicht der engere Führungszirkel der Partei - soll am 31. Oktober darüber abstimmen, wer neuer Landeschef wird: Norbert Röttgen oder Armin Laschet. Zwar hat der Ausgang der "Mitgliederbefragung" nur empfehlenden Charakter. Aber der Parteitag am 6

Saarbrücken. In der nordrhein-westfälischen CDU ist eine Revolution im Gange. Die Basis - und nicht der engere Führungszirkel der Partei - soll am 31. Oktober darüber abstimmen, wer neuer Landeschef wird: Norbert Röttgen oder Armin Laschet. Zwar hat der Ausgang der "Mitgliederbefragung" nur empfehlenden Charakter. Aber der Parteitag am 6. November wird sich wohl kaum darüber hinwegsetzen können.

In der Saar-CDU wäre eine solche "Mitgliederbefragung" nach der Satzung ebenfalls möglich. Allerdings hat es so etwas im Saarland noch nie gegeben. Zurzeit geht die Saar-CDU bei der Einbindung der Basis einen anderen Weg. Nachdem sie bei der Landtagswahl 13 Prozentpunkte verloren hatte, wurde der Ruf nach einer Aufarbeitung des Desasters laut. Genau das wird jetzt gemacht - auf 15 Regionalkonferenzen und 17 "Themenabenden", auf denen jeder Interessierte willkommen ist. Beim nächsten unter der Überschrift "Zwischen Zeitgeist und hohem C" am 1. Dezember in St. Wendel geht es ans Eingemachte, nämlich das "programmatische Profil" der CDU. Auch im Internet kann mitdiskutiert werden: unter www.programmdebatte.de.

Etwas Ähnliches bietet die Saar-SPD auch an: mit ihrer Veranstaltungsreihe "Macht Bildung!" und dem Internetangebot www.macht-bildung.de, wo man sich an der Debatte zur Schulreform beteiligen kann. Zudem machten unlängst 53 Prozent der Ortsvereine der Saar-SPD bei einer bundesweiten Befragung mit, die Ursachen für den Absturz bei der Bundestagswahl aufzeigen sollte. Dabei kam heraus: Die Themen "Unsichere Arbeitsverhältnisse" und "Altersversorgung" sind für die Saar-Genossen noch wichtiger als für die in anderen Bundesländern. Und die Befragung ergab auch: Die Mitglieder wollen "mehr mitreden und mitentscheiden", wie es Parteichef Heiko Maas formuliert. Vorschläge dazu, wie so etwas umgesetzt werden kann, will Maas als Leiter einer Projektgruppe des SPD-Bundesvorstands "bis zum nächsten Jahr auf den Tisch legen".

Man darf gespannt sein. Noch vor drei Jahren hatte sich Maas' Begeisterung für einen Antrag des heutigen Vizechefs der Saarbrücker SPD, Jürgen Renner, Mitgliederentscheide zu Sach- und Personalfragen bis hin zur Spitzenkandidatur für den Landtag einzuführen, in Grenzen gehalten. Der auf einem Landesparteitag gestellte Antrag wurde in eine Arbeitsgruppe verwiesen - die bis heute kein einziges Mal getagt hat.

In der FDP-Satzung ist weder die rechtlich unverbindliche Mitgliederbefragung noch der Mitgliederentscheid im Rang eines Parteitagsbeschlusses vorgesehen. Generalsekretär Rüdiger Linsler verweist aber darauf, dass eine Mitgliederbefragung durch die Satzung nicht ausgeschlossen sei - zumal die Bundespartei so etwas zum Thema großer Lauschangriff schon einmal gemacht hat.

Die Linke und die Grünen sehen als einzige Parteien in ihrer Satzung die Möglichkeit eines Mitgliederentscheids zu Sachfragen vor. In beiden Parteien ist dafür nicht unbedingt ein Vorstands- oder Parteitagsbeschluss nötig: Bei der Linken muss die Parteispitze auf Antrag eines Zehntels, bei den Grünen auf Antrag eines Drittels der Mitglieder eine Urabstimmung ansetzen. Das hört sich basisdemokratisch an. Allerdings hat ein solcher Mitgliederentscheid im Saarland noch nie stattgefunden. Noch nicht einmal bei den Grünen, die sich laut Satzung als "basisdemokratische" Partei verstehen. Selbst als es um die wohl wichtigste Frage in der Geschichte der Saar-Grünen ging, nämlich ob man nach der Wahl 2009 mit CDU und FDP oder mit SPD und Linken koaliert, gab es keine Urabstimmung.

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