Die Bürger haben zwei Gegenspieler

Saarbrücken. In ihrem Konflikt mit dem Versorgungsunternehmen Energie SaarLorLux (ESLL) hat die Interessengemeinschaft Eschberger Fernwärmekunden zwei Kontrahenten - der eine ist die Stadt Saarbrücken, der andere ist der private Energie-Konzern GDF Suez Deutschland (früher Electrabel, Teil von Tractebel). Beide zusammen gründeten im Jahre 2000 die ESLL

Saarbrücken. In ihrem Konflikt mit dem Versorgungsunternehmen Energie SaarLorLux (ESLL) hat die Interessengemeinschaft Eschberger Fernwärmekunden zwei Kontrahenten - der eine ist die Stadt Saarbrücken, der andere ist der private Energie-Konzern GDF Suez Deutschland (früher Electrabel, Teil von Tractebel). Beide zusammen gründeten im Jahre 2000 die ESLL.Die Stadt hält 49 Prozent, also eine Sperrminorität, an der ESLL. Oberbürgermeisterin (OB) Charlotte Britz, SPD, ist die stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates von ESLL - und die Stadträte Ralf Latz, SPD, Gerd Bauer, CDU, und Winfried Jung, Linke, sind stimmberechtigte Mitglieder. Die restlichen 51 Prozent an der ESLL hält die GDF Suez. Das verkaufte KraftwerkESLL ist nicht Eigentümerin des Heizkraftwerkes Römerbrücke. Die Stadt hat das Kraftwerk verkauft - an die GDF Suez Deutschland. Die ESLL ist auch nicht Eigentümerin der Fernwärmerohre vom Kraftwerk zu den Bürgern. Die Leitungen sind Eigentum der Stadtwerke, also der Stadt. ESLL kauft Wärme im Kraftwerk und "liefert" sie durch Rohre - die ESLL von den Stadtwerken mietet - an die Bürger. Betreiber des Kraftwerkes ist die GDF Suez Saarland. An der wiederum sind die Stadtwerke mit 25,1 Prozent, also ebenfalls mit einer Sperrminorität, beteiligt. Seit die Rebellen im Sommer auf die Barrikaden gingen, hat ESLL mehrfach versichert, die Preiserhöhungen für die vergangene Heizperiode seien allein darauf zurückzuführen, dass ESLL seine Wärme teurer einkaufen und höhere Miete für die Rohre bezahlen musste (die SZ berichtete). Den Preis für die Wärme bestimmt die GDF Suez Saar, an der die Stadtwerke 25,1 Prozent halten. Die Miete für die Rohre bestimmen die Stadtwerke. OB Britz ist Vorsitzende des Aufsichtsrates der Stadtwerke, der überwiegend aus Stadträten besteht.ESLL hat bereits zwei unabhängige Gutachten über seine Preisfindung in Auftrag gegeben, den zweiten Gutachter durften die Bürger auswählen. Im Dezember will ESLL außerdem neue, verständliche Verträge vorlegen. Nach deutschem Recht (abgeleitet aus Grundgesetz, Artikel 20, Absatz 1) ist die Stadt für die "Allgemeine Daseinsvorsorge" verantwortlich. Dazu gehört auf dem Eschberg auch die Versorgung mit Fernwärme.Trotzdem hatte sich die Stadt bislang zum Fernwärmestreit nicht geäußert. Die SZ hakte nach - und OB Britz erklärte: "Als Minderheitsgesellschafter haben die Stadtwerke keinerlei Einfluss auf das operative Geschäft von ESLL. Der Aufsichtsrat hat auf die Preisgestaltung rechtlich keine Einflussmöglichkeit." Das sei allein Sache der Geschäftsführung. Weiter versicherte Britz, die ESLL-Geschäftsführung habe "allen städtischen Vertretern im Aufsichtsrat . . . glaubhaft" dargelegt, "dass die Preiserhöhungen nicht auf eine willkürliche Gewinnmaximierung zurückzuführen" seien. Britz: "Sie sind vielmehr begründet in den erheblichen Kostensteigerungen bei der Beschaffung und Bereitstellung der Fernwärme. Zudem war ESLL gezwungen, Erhöhungen der Entgelte für die Nutzung des Fernwärmenetzes weiterzugeben. Zudem hat mir das Unternehmen zugesagt, seine Kunden künftig über Preisanpassungen individuell und per Brief zu informieren." Meinung

VerkaufteBürger

Von SZ-RedakteurJörg Laskowski Als Saarbrücken das Heizkraftwerk Römerbrücke verkaufte und den "Vertrieb" der Wärme in die Hände der Energie SaarLorLux (ESLL) legte - da hat die Stadt-Politik die Fernwärmekunden auf dem Eschberg gleich mitverkauft. Heute hat es die Stadt einfach: Sie hält nur 49 Prozent an ESLL und kann deshalb sagen, dass sie komplett unschuldig ist, wenn ESLL Unliebsames entscheidet. Gleichzeitig kassiert die Stadt 49 Prozent der ESLL-Rendite. Ähnlich bei der Wärme-Erzeugung: Da hält und kassiert die Stadt 25,1 Prozent. Kann aber ebenfalls sagen: Auf den Preis haben wir keinen Einfluss.Das ist unglaubwürdig. In beiden Firmen hat die Stadt eine Sperrminorität - damit könnte sie für ihre Partner sehr unangenehm werden. Fatal ist, dass die Oberbürgermeisterin (OB) im Aufsichtsrat der privatwirtschaftlich (51 Prozent) dominierten ESLL sitzt und deshalb dieser Firma zu absoluter Loyalität pflichtet ist. Selbst wenn ESLL mit den Bürgern in Konflikt gerät. Aber gerade den Bürgern ist die OB ja noch viel mehr verpflichtet. Also Schluss mit dieser paradoxen Ämter-Verquickung.

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