Die Breite 63 wird zur Lasterhöhle: Premiere mit "ElleGanz"

Saarbrücken. An der Leine hing fast nur weiße Wäsche. Alles ganz rein und züchtig, hätte man meinen können - wäre da nicht der blutrote Spitzen-Slip gewesen, der wenig Tugendhaftes verhieß. Am Freitag und Samstag verwandelte sich das Malstatter Bürger- und Kulturzentrum Breite 63 in eine Lasterhöhle voller Habgier, Zorn, Neid, Hochmut, Trägheit, Völlerei und Wollust

Saarbrücken. An der Leine hing fast nur weiße Wäsche. Alles ganz rein und züchtig, hätte man meinen können - wäre da nicht der blutrote Spitzen-Slip gewesen, der wenig Tugendhaftes verhieß. Am Freitag und Samstag verwandelte sich das Malstatter Bürger- und Kulturzentrum Breite 63 in eine Lasterhöhle voller Habgier, Zorn, Neid, Hochmut, Trägheit, Völlerei und Wollust.Mit ihrer musikalisch-literarischen Revue "Die 7 Todsünden" blickte die Frauentheatergruppe "ElleGanz" in menschliche Abgründe und förderte Absurdes, Albernes, Berührendes, Ergreifendes und Erschreckendes zu Tage. Moralinsauer war's freilich nicht, ließen die sieben temperamentvollen Damen es doch heftig menscheln: Zwar trällerten, hauchten, flirteten, beichteten, wüteten und schimpften sie, betrachteten aber alles durch die rosa Brille schwarzen Humors. Ensemble-Szenen und Chorisches wechselten mit Soli; Prosa und Gedichte folgten auf Lieder, bei denen Marina Kavtaradze (Klavier) und Nicole Hager (Cajon) begleiteten.

Und natürlich herrschte eine typisch weibliche Sicht der Dinge: Es ging unter anderem um Kaufrausch ("Kaufen", Herbert Grönemeyer), verpasste Chancen ("Lied der Unschuld beim Wäschelegen", Bertolt Brecht), Schönheitswahn und den Neid auf attraktive Vertreterinnen des eigenen Geschlechts ("Das Model", Kraftwerk). Regisseur Ingo Fromm schickte seine engagierten und textsicheren Elleganzen auch in eine Abspeck-Klinik, wo kollektiv Robert Gernhardts "Diät-Lied" skandiert wurde. Margarine statt Gorgonzola? Nix da. "Der Bauch, der bleibt!" befand Ingeborg Damaske in memoriam Helen Vita.

Gabi Hempel als Kleptomanin (Friedrich Hollaender) schien aus ihrer Sucht ebenfalls mehr Lust als Leid zu ziehen, und auch Anne Fickinger, Daisy Brachmann, Anette Golnaraghi und Heidemarie Kohl animierten zu Faulheit und Frivolitäten. Lediglich Heike Herrmann als träumende Todesprophetin musste bei Georg Kreislers "Geben Sie acht" letzten Endes selber angsterfüllt schlaflose Nächte erleben. Unterm Strich aber ist diese Revue ein Plädoyer fürs - gelegentliche - Sündigen. kekWieder: 11. und 12. Mai. Karten: www.breite63.de

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