Die beleidigte Strandwurst

Freikörperkultur – Nackedeis am Strand, so weit das Auge reicht. Wie die Natur die Leiber erschuf.

Und so ganz anders, als sie Deo-Reklame in der Glotze verspricht, wo sich athletische Menschen Rollerkugeln unter die Achseln bohren. Am Meer räkeln sich weder gestählte Männermuskeln noch enthaarte Frauenbeine. Hier kommt alles zur Geltung. Unverblümt. Nackte Tatsachen.

Denen fühlt sich Thea nun ausgesetzt. Meine beste Freundin im Urlaub. Am Nacktbadeufer. Vorurteilsbehaftet trat sie die Fahrt dorthin an. Mein Kumpel Tobi nahm sie ins Schlepptau, ohne lang zu fackeln. "Das sind alles Gaffer!", geifert sie. Und meint testosterongeschwängerte Kerle, die hinter irgendwelchen Hecken herumlungern. Auf der Lauer liegen. "Ach Thea, in der DDR war das ganz normal", versucht Tobi zu besänftigen. "Tja, deshalb ging sie auch unter", besticht Thea mit absurder Polit-Synthese. "Bitte?", entfleucht Tobi. Thea verleiht ihrer Argumentationskette biblischen Beweis: "Das ist doch nicht normal. Adam und Eva trugen wenigstens ein Feigenblatt." Tobi bietet an, ihr eins zu besorgen. Was bei rubensähnlichen Rundungen nur bedingt Erfolg verspricht.

Thea lässt sich nach weiterem Gezeter nieder. Rollt sich wie eine gestrandete Robbe in eine sandige Kuhle. Legt zu Tobis Verwunderung unter Gemurre ihre üppige Oberweite frei. Die sogar er so noch nie zu Gesicht bekam. Aufgefordert hatte sie dazu jedenfalls niemand.

Nach einer Weile bricht Theas Geknöttere aufs Neue los. Rasch wird Tobi klar: Sie fühlt sich verstoßen. Kein sonnengegerbter Mann stiert sie an. Kein knackiger Boy pfeift ihr nach. Kein Latin Lover schert sich um Thea. Niemand schenkt ihr Beachtung. Außer Tobi. Als sie zutiefst gekränkt ihre sieben Sachen packt und umzieht. Zum Strand mit Menschen in Ganzkörper-Badeanzügen. Auch die Männer.

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