Die Bayern verlassen den Ratskeller

Saarbrücken. Luitpold Prinz von Bayern spielt ab und zu gerne mit dem Feuer. Wenn er das mit seiner Leidenschaft für Bier verbinden kann - umso besser

Saarbrücken. Luitpold Prinz von Bayern spielt ab und zu gerne mit dem Feuer. Wenn er das mit seiner Leidenschaft für Bier verbinden kann - umso besser. Und so tauchte Seine Königliche Hoheit an einem Februarabend vor zwei Jahren im Saarbrücker Ratskeller erst seinen Zeigefinger in ein Glas mit Bierschnaps, hielt den Finger dann in eine Kerzenflamme, um sich schließlich mit dem brennenden Finger eine Zigarette anzuzünden. Dann erzählte der Chef der König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg anlässlich der Eröffnung des "König von Bayern"-Wirtshauses im Ratskeller, dass an bayerischen Biertischen Platz für Menschen aus allen Schichten ist, und sie so lang seien, damit sich immer noch einer dazusetzen kann.

Auf Konrad Wenz, den Mann, der sich in diesen Tagen an den Tisch der Bayerischen Gastronomie AG Ulm gesetzt hat, hätte der Prinz sicher gerne verzichtet. Bei der Gastronomiefirma, die des Prinzen Bier in sieben deutschen Gasthäusern (darunter der Saarbrücker Ratskeller) ausschenkt, brennt nämlich nicht nur trickreich ein Finger. Da brennt sozusagen die Hütte. Die Firma hat Insolvenzantrag gestellt, und das Amtsgericht Ulm hat den Rechtsanwalt Konrad Menz zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Eine der ersten Amtshandlungen des Insolvenzverwalters: Der Saarbrücker Ratskeller wurde vergangene Woche geschlossen. Weil Rechnungen nicht bezahlt worden seien, habe es weder Wasser noch Strom gegeben, sagt Menz. Das sei inzwischen geregelt. Der Ratskeller hat wieder geöffnet.

Das Problem für die Insolvenz der "König von Bayern"-Wirtshausgruppe liege nämlich "nicht daran, dass in Saarbrücken keine Gäste kommen", sagt Menz. Der Ratskeller laufe "ganz gut". Das Problem liege in Ulm. Die Unternehmensgruppe habe einen kostenträchtigen Rechtsstreit "nicht verkraftet".

"Zumindest bis Ende des Jahres" könne das "König von Bayern"-Team im Ratskeller weitermachen. Bis dahin wolle er einen neuen Pächter gefunden haben, der mit ähnlichem Konzept weitermacht, sagt Menz. Weihnachtsfeiern, die teilweise bereits gebucht seien, können also stattfinden, betont er.

Wer im Ratskeller ab Januar 2009 weitermacht, entscheiden aber letztlich nicht der Ulmer Insolvenzverwalter Konrad Wenz, sondern der Stadtrat beziehungsweise dessen Vertreter im Werksausschuss des Gebäudemanagements der Stadt (GMS). "Wird ein neuer Pächter gefunden, müsste dieser noch durch die Gremien bestätigt werden. Die Stadt wartet nun zunächst das Ergebnis des vorläufigen Insolvenzverfahrens ab und stellt in der Zwischenzeit den Kontakt zwischen Interessenten, die auf die Stadt zukommen, und dem Insolvenzverwalter her", erklärte Stadtpressesprecher Thomas Blug auf Anfrage unserer Zeitung.

Im Januar ist dann vielleicht das Ratskeller-Gastspiel für das Bier des Prinzen von Bayern vorbei. Womöglich fließt dann wieder Saarbrücker Bier aus den Zapfhähnen. "Es liegt nicht

daran, dass in Saarbrücken

keine Gäste

kommen."

Konrad Menz,

Insolvenzverwalter

Auf einen Blick

Der Saarbrücker Ratskeller hat eine wechselvolle Geschichte: Im Mai 1896 beschließt die Stadtverordneten-Versammlung von St. Johann, ein neues Rathaus zu bauen und im Neubau eine Kellerwirtschaft einzurichten. Baumeister Georg Hauberrisser entwirft unter anderem auch das gotische Kellergewölbe.

Die Frankfurter Künstler Richard und Otto Linnemann gestalten die bleiverglasten Fenster mit den bunten bürgerlichen Saarbrücker Szenen im großen Gastraum. Am Ostersamstag, 10. April 1909, eröffnet Franz Gräfe, Inhaber des Hotels Korn in St. Johann, als erster Wirt den Ratskeller. Danach betreiben die Wirte Carl Lücking, Wilhelm Brück, Wilhelm Bruch, Fritz Sasse und Fritz Deutscher den Ratskeller.

Der Zweite Weltkrieg hinterlässt auch im Ratskeller seine Spuren, er wird geschlossen. Nachdem wiederaufgebaut ist, übernehmen 1963 Wolfram Vollkommer und 1981 Gerd Franzen die Regie im Kellergewölbe. Ab 22. Oktober verpachtet die Stadt den Ratskeller an die Brauereien Bruch und Neufang. Im Januar 1992 wird der Restaurantbetrieb geschlossen. Es folgt eine Gesamtsanierung einschließlich neue Haustechnik und einer neuen Toilettenanlage. Im November 1998 wird ein neuer Pachtvertrag mit Neufang und Bruch geschlossen, im September 2000 neu eröffnet.

 Die Künstler, die die Fenster im Ratskeller gestalteten, zeigten bei der Darstellung der Saarbrücker Zecher Humor. Foto: Barbian

Die Künstler, die die Fenster im Ratskeller gestalteten, zeigten bei der Darstellung der Saarbrücker Zecher Humor. Foto: Barbian

Ab September 2003 versuchen die Brauerei Bruch und Franco Chiara mit einem italienischen Gastronomiekonzept den Ratskeller zu beleben. Der Pachtvertrag endet im Oktober 2004. 2006 verpachtet die Stadt den Ratskeller an die Gastronomie AG "König von Bayern". red

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