Der Wirt Jochem Franken und sein Respekt vor den Künstlern

Heusweiler · Eine lebendige Musikszene lebt nicht nur von und mit den großen Konzerten. Herzstück des kulturellen Stadtlebens sind auch Musikkneipen, die regelmäßig Auftrittsmöglichkeiten bieten. Wir stellen diese Kneipen und ihre Betreiber vor. Heute: „Jochems Kneipe“ in Heusweiler.

 Jochem Franken (links) und sein Freund und Helfer Michael Manthey laden heute zum nächsten Konzert ein. Foto: Andreas Engel

Jochem Franken (links) und sein Freund und Helfer Michael Manthey laden heute zum nächsten Konzert ein. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Egal wohin der Riegelsberger Wirt Jochem Franken auch zieht, seine Gäste folgen ihm. Mit "Jochems Kneipe" verhält es sich wie mit dem VW Käfer: läuft und läuft und läuft - mittlerweile im 34. Jahr und am vierten Standort, nämlich an der Bundesstraße 268 in Heusweiler, unweit des großen Kreisels Richtung Illingen.

Nach neun Jahren Pause feierte die Institution hier im vergangenen Dezember eine Auferstehung. Jochem Franken, 58, heißt eigentlich Joachim, aber alle nannten ihn immer schon abgekürzt Jochem. So war es nur logisch, dass der gelernte Bankkaufmann nach dem Zivildienst mit nur 23 Jahren seine Kneipe "Jochems Kneipe" nennen würde. Das war 1979 in der Riegelsberger Kirchstraße und nicht nur brauereiwirtschaftlich, sondern auch kulturell von Belang. Jochem Franken, der 1984 auch den Kulturverein Riegelsberg mitgründen sollte, holte mit ausgeprägtem Musikgeschmack Jazz, Pop, Rock, Blues, Balladen, Folk und Kabarett ins Haus und half mit, Riegelsberg zu einem Kulturort zu entwickeln, an dem sogar das Saarbrücker und Trierer Publikum nicht vorbeikam.

Sein Lokal war immer ein gesellschaftsfähiger, nicht überkandidelter Ort für jedermann, ein Szene-Treff für den Arbeiter und den Landtagsabgeordneten, wo auch Skat und Schach gespielt wurde und sich keiner ernster nahm als es ihm zustand. Und Jochem Franken band seine Kundschaft mit verlässlichen Angeboten auch außerhalb des Kulturprogramms: es gab und gibt immer Guinness Bier und Spaghetti à la Anneliese, nach einem Rezept der Mutter. Viele Künstler, die später groß rauskommen sollten, fingen klein in "Jochems Kneipe" an, wie Detlef Schönauer. Oder sie kamen gern ins kleine Riegelsberg, obwohl sie schon groß waren. Es sprach sich wohl herum, dass Jochem Franken sie nicht über den Tisch ziehen würde. "Man muss ihnen Respekt entgegenbringen, zum Beispiel eine Bühne geben, auch wenn sie nur zehn Zentimeter hoch ist", beschreibt der Kult-Wirt seine Einstellung. Bei ihm gastierten die Toten Hosen und Rare Earth ("Get ready"), Joy Fleming und Ulrich Roski, Pete Wyoming Bender, Tony Sheridan und Dick Heckstall-Smith.

Alles in allem 600 Konzerte werden es über die Jahre gewesen sein, erinnert sich der Wirt. Vor allem, als das Lokal im Haus Gabriel untergebracht war und über den großen Saal verfügte, waren Gastspiele renommierter Künstler häufig. Ein Misserfolg sei nicht verschwiegen: Die britische Funk-Formation Supercharge zog lediglich sieben statt der erwarteten 500 Zuhörer an. Ansonsten waren Jochems Konzerte aber meist vorzüglich besucht. Das gilt auch in Heusweiler, wo "Jochems Kneipe" nur über 40 Plätze verfügt. "Nirgendwo gibt es Musik hautnäher als hier", beschreibt Freund und Helfer Michael Manthey die Atmosphäre der sogenannten "Gaststubenkonzerte". Das nächste ist heute mit "Barbershop".

Jochems Kneipe, Saarbrücker Straße 55 in Heusweiler, Tel. (01 60) 92 78 95 61, täglich ab 15 Uhr.

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