Der Weg nach Ibbenbüren ist weit

Heusweiler. Vor vier Jahren wusste fast kaum jemand im Saarland, wo genau Ibbenbüren liegt. Doch seit bekannt ist, dass die Kohleförderung im Saarrevier eingestellt wird, wissen zumindest die Mitarbeiter der Ruhr Kohle AG (RAG), dass die 51 000 Einwohner zählende Bergbaustadt am nordöstlichen Zipfel von Nordrhein-Westfalen liegt - 342 Kilometer von Saarbrücken entfernt

Heusweiler. Vor vier Jahren wusste fast kaum jemand im Saarland, wo genau Ibbenbüren liegt. Doch seit bekannt ist, dass die Kohleförderung im Saarrevier eingestellt wird, wissen zumindest die Mitarbeiter der Ruhr Kohle AG (RAG), dass die 51 000 Einwohner zählende Bergbaustadt am nordöstlichen Zipfel von Nordrhein-Westfalen liegt - 342 Kilometer von Saarbrücken entfernt. Im Bergwerk, das den Namen der Stadt trägt, fördern derzeit 2260 Mitarbeiter hochwertige Anthrazitkohle.Diese Fakten sind mittlerweile auch Michael Spletzer bekannt, der vermutlich noch bis Ende dieses Jahres in der Sicherheitsabteilung des Nordschachtes tätig ist. Für den 45-jährigen Familienvater aus Heusweiler gibt es nach der Schließung seiner Arbeitsstätte im Lebacher Stadtteil Falscheid nur eine einzige Entscheidung: Er will weiterhin als Bergmann arbeiten. Dies geht im Bereich der RAG aber nur in Nordrhein-Westfalen, und zwar genau im Bergwerk Ibbenbüren. Die Entscheidung, weiterhin im erlernten Beruf zu arbeiten, fiel dem bodenständigen Heusweiler Bergmann leicht, über den Arbeitsplatz-Wechsel und seine Folgen hat er jedoch lange gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern nachdenken müssen. Er berichtet: "Ich will in dem Beruf weiterarbeiten, in dem ich groß wurde. Ich habe Bergmechaniker gelernt und danach bis 2010 im Streckenvortrieb gearbeitet - zuerst in Luisenthal und später im Nordschacht. Vor zwei Jahren wechselte ich in die Sicherheitsabteilung und bin für Brandschutz zuständig. Seit 1989 gehöre ich auch der Grubenwehr an. Mir blieb trotz der mehr als 340 Kilometern Entfernung zum zukünftigen Arbeitsplatz und weiterer Nachteile keine andere Wahl."

Die RAG bietet ihren Mitarbeitern Umschulungsmaßnahmen für außerbergmännische Berufe an und zudem Unterstützung beim Wechsel in andere Berufe. Sie hat dafür auch eine Jobbörse eingerichtet. In der Familie Spletzter dachte man sehr gründlich darüber nach, ob sie ihr von den Eltern der Ehefrau überschriebenes Haus verkaufen und an den zukünftigen Arbeitsort umziehen sollten. Letztlich wollten sie jedoch in Heusweiler bleiben. Michael Spletzer nennt die Gründe: "Wir wollten den Schwiegerleuten keinen Umzug mehr zumuten. Zudem sind meine Töchter und ich in Vereine eingebunden. Und wir hätten alle Freunde und Bekanntschaften aufgeben müssen."

Der Wechsel bringt neben finanziellen Einbußen auch Einschränkungen mit sich, wie der Bergmann weiter berichtet. Die RAG zahle zwar zwei Jahre lang einen Zuschuss zu einer Zweitwohnung und den Fahrtkosten, doch danach müsse er alle zusätzlich anfallenden Kosten selbst tragen, berichtet Michael Spletzer. Wenn er, wie derzeit im Bergbau für die unter Tage arbeitende Belegschaft üblich, mit 50 in Ruhestand geht, muss er noch zwei Jahre lang monatlich stolze Summen für die Zweitwohnung und die Heimfahrten aufbringen. Er weiß zudem heute noch nicht, in welcher Abteilung im Bergwerk Ibbenbüren er eingesetzt wird. Das heißt: Ein neuer Arbeitsplatz ist grundsätzlich sicher zugesagt, was aber genau auf ihn zukommt, weiß der Mann aus Heusweiler bisher noch nicht.

Auf einen Blick

 ... und vor seinem Haus in Heusweiler. Foto: aki

... und vor seinem Haus in Heusweiler. Foto: aki

Ibbenbüren ist eine Bergbaustadt mit über 51 000 Einwohnern und neun Stadtteilen im Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen am Nordwest-Ende des Teutoburger Waldes. Durch die Stadt fließt die Ibbenbürener Aa. Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt stammt aus dem Jahr 1146. Die Steinkohleförderung beginnt im 16. Jahrhundert. red

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