Neuer Mal-Trend „Zentangle“ Der Weg ist das Ziel – auch beim Zeichnen

Heusweiler · Der neue Mal-Trend „Zentangle“ kommt aus den USA und soll der Entspannung dienen.

 Bei „Zentangle“ zählt nicht das fertige Kunstwerk, sondern die Zeit, bis es fertig ist.

Bei „Zentangle“ zählt nicht das fertige Kunstwerk, sondern die Zeit, bis es fertig ist.

Foto: Rich Serra

Sabine Schwarz (40) und Christine Helfgen (51) sitzen gespannt in der Kunstschule „LARTissima“ in Heusweiler. Vor ihnen platziert Larissa Knoblauch Bleistifte und schwarze Fineliner in drei unterschiedlichen Stärken. Daneben legt sie weiße Papier-Rechtecke im Postkarten-Format. „Mehr brauchen wir zum Zentangeln nicht“, sagt die 30-Jährige. Sie blickt in erstaunte und neugierige Gesichter. Die Kunstlehrerin will den beiden Frauen in der nächsten Stunde „Zentangle“ beibringen – einen Mal-Trend aus den USA, der auf der meditativen Wirkung des Malens aufbaut. Denn bei „Zentangle“ zählt nicht in erster Linie das fertige Kunstwerk, sondern die Zeit, bis es fertig ist – getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“.

Zur Einstimmung macht Knoblauch den beiden Frauen Mut: „Zentangeln kann jeder. Man muss nur einen Stift halten können.“ Dann kommt das Material: Schwarz und Helfgen bekommen jeweils ein Papier-Rechteck und einen Bleistift in die Hand gedrückt. „Setzt jetzt irgendwo vier Punkte mit etwas Abstand zueinander auf das Blatt“, sagt sie und macht es vor. Jetzt sollen sie die vier Punkte miteinander verbinden. „Und wie?“, fragt Schwarz nach. „So wie du willst. Du kannst zum Beispiel geschwungene Linien ziehen“, schlägt die Kunstlehrerin vor. Schwarz und Helfgen schreiten etwas skeptisch ans Werk. Jetzt gilt es, den entstandenen Raum in kleine Felder zu unterteilen. Auch hier heißt es: Wie genau, ist jedem selbst überlassen. Dann kommen die Fineliner zum Einsatz: Jedes Feld soll mit einem eigenen „Pattern“ (Muster) verziert werden, erklärt Knob­lauch. Als Anregung zeigt sie ein Blatt mit verschiedenen „Patterns“. Von winzigen Kreisen über Schlangenmuster über variierende Karos: Alles ist erlaubt.

Erfunden haben „Zentangle“ der ehemalige Mönch Rick Roberts und die Künstlerin Maria Thomas. Sie wollten mit der neuen Zeichen-Methode Menschen dabei helfen, einen meditativen und entspannten Zustand zu erreichen. Wer weder durch Gartenarbeit, Autogenes Training noch Yoga entspannt, hat mit „Zentangle“ also eine Alternative. Atmung und Herzschlag verlangsamen sich beim „Zentangeln“ nachweislich. Anwendung findet die Methode daher auch in der Kunsttherapie. Roberts’ und Thomas’ Vision spiegelt sich auch im Namen der Methode wider: „Zen“ steht für den meditativen Aspekt, „Tangle“ kann mit Gewirr“ übersetzt werden und spielt auf die wirren Muster an.

„Das Tolle ist, dass es bei ,Zentangle’ keine Fehler gibt“, sagt Knoblauch und beobachtet, wie Schwarz das erste Feld mit feinen Linien ausfüllt. Helfgen ist noch auf der Suche nach einem Muster. „Gibt es da keine Vorlage?“, fragt sie und lacht. Die Kunstlehrerin verneint und erklärt: Bei „Zentangle“ gibt es bewusst keine Vorlage, denn man soll „ganz beim Strich sein“, also jede Linie bewusst ziehen und seiner Kreativität freien Lauf lassen. Loslassen. Es erinnert an Achtsamkeitstraining, wie die zwei Frauen auf dem kleinen Blatt konzentriert Striche und Kreise ziehen. Jede Fläche bis ins kleinste Detail verzieren. Ruhe beherrscht den Raum.

„Ich beame mich weg“, sagt Helfgen begeistert. Auch Schwarz findet sichtlich Gefallen am konzentrierten Zeichnen. „Ich bereue nur meine Kontaktlinsen“, sagt sie, denn ihre Augen fangen nach dem langen Fokussieren an zu jucken. Dass die 40-Jährige sehr dünne, filigrane Striche bevorzugt, hilft da nicht. „Was ist eigentlich, wenn ich mich vermale?“ Knoblauch zuckt die Schultern und liefert die passende Lebensweisheit gleich mit: „Wenn ich im Leben einen Fehler mache, kann ich den ja auch nicht irgendwie wegradieren.“ Klingt weise, überzeugt Knoblauch selber aber auch nicht: „Ich sehe die Fehler und ärgere mich dann darüber“, gibt sie zu. Daher lässt sie lieber die Finger von dem neuen Trend. Es gibt ja auch genug Alternativen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort