Der tägliche Kampf mit der Tücke des Objekts

Püttlingen. Beobachten? Das kann jeder. Aber das Witzige in den alltäglichen Dingen zu sehen, unseren täglichen Kampf mit der Tücke des Objekts satirisch zuzuspitzen und das Ganze auch noch gekonnt in Texte zu verpacken, das kann nicht jeder. Michael Friemel kann es

Püttlingen. Beobachten? Das kann jeder. Aber das Witzige in den alltäglichen Dingen zu sehen, unseren täglichen Kampf mit der Tücke des Objekts satirisch zuzuspitzen und das Ganze auch noch gekonnt in Texte zu verpacken, das kann nicht jeder. Michael Friemel kann es.Der SR-Moderator las am Dienstagabend im Püttlinger Schlösschen auf Einladung der Bank-1-Saar aus seinem Buch "Friemeleien". Es heißt genau so, wie seine Radio-Kolumne, die jeden Montag, 11.40 Uhr, bei SR 3 Saarlandwelle über den Äther geht - und das seit über zehn Jahren, was eine Gesamtsumme von 620 Friemeleien ergibt. Etwa 60 findet man in dem Buch, einige davon neu und noch ungesendet.

"Eigentlich war das Ganze als Drei-Monats-Projekt angelegt", schildert der 37-jährige Familienvater aus Dudweiler, der gerade nochmals Vater geworden ist, "wir dachten, dann sei alles erzählt. Aber eigentlich ist nie alles erzählt." All die Geschichten seien auch tatsächlich passiert, beteuert Friemel und fügt gleich mit unschuldigem Lächeln hinzu, dass es dann kommenden Montag wohl um eine Frau gehen werde, die im Aufzug stecken geblieben ist - als sich die Zuhörer auf den Weg in den ersten Stock des Schlösschens gemacht hatten, hatte der Aufzug einen Aussetzer.

Die Geschichten selbst? Ein- ums andere Mal geht nicht nur Lachen durchs Publikum, sondern immer wieder auch diese "Oh ja, genau so is' es"-Lautmalereien und Blicke, sei es nun beim Kampf mit der Heizung, die zwar mit modernstem Brennwertkessel ausgestattet ist, jedoch den Willen des Außentemperaturfühlers ganz klar über den Wunsch des Besitzers nach zwei Grad mehr Wärme stellt, oder sei es der undank Hexenschuss aufkommende Wunsch nach einem Schmerzmittel, natürlich genau zehn Minuten nachdem sich alle Apotheken ins Wochenende verabschiedet haben und die Suche nach einem Notdienst zum Abenteuer wird. Dass Friemel auch immer wieder nette kleine und freundlich verpackte Boshaftigkeiten austeilt, ist erlaubt, weil er sich dabei auch selbst immer wieder auf die Schippe nimmt.

So zehn, zwanzig Reaktionen gebe es auf jede Sendung, schildert der Moderator, und einmal gab es sogar in der Saarbrücker Bahnhofstraße einen Klaps auf den Hinterkopf mit der Bemerkung: "Das is für 'Es Meyer'" - eine Verkäuferin hatte sich in einer Geschichte wiedererkannt, in der es um die Gepflogenheit unter Kaufhaus-Mitarbeiterinnen ging, sich zu duzen, aber gleichzeitig mit Nachnamen anzusprechen.

Eigentlich müsste der Gollenstein-Verlag die "Friemeleien" auch als Hörbuch herausgeben, denn Friemels Art des Lesens und Betonens macht das Ganze noch mal so lustig. Dazu kommt immer wieder ein augenzwinkerndes Interagieren mit dem Publikum. So bot Friemel gleich zu Anfang den Zuhörern an: "Wenn Sie zu den Häppchen übergehen wollen, dann sagen Sie einfach schnell bescheid." Aber das wollte niemand, und auch das Anstehen wurde gern in Kauf genommen, bis eine gute dreiviertel Stunde nach der Lesung alle Autogrammwünsche erfüllt waren (ein paar signierte Exemplare gibt es noch in der Püttlinger Buchhandlung Balzert in der Pickardstraße). So war man auch bei der Bank-1-Saar hoch zufrieden mit dem Erfolg der Lesung - der ersten in einer Fünfer-Reihe, die nächsten sind in Neunkirchen und Saarbrücken. mr

"Friemeleien" von Michael Friemel, Gollenstein-Verlag, ISBN 978-3-938823-93-4.

Foto: SR

Hintergrund

Die Sache mit dem Kuchen: Michael Friemels Tipp, wenn es mal wieder darum geht, Selbstgebackenes zu einem Schul- oder Kindergartenfest mitzubringen: "Beim Bäcker Muffins kaufen, zwei Mal mit dem Fleischklopfer drauf hauen, Puderzucker drüber - sieht aus wie selbst gemacht." mr

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort