Der Spagat der Gewerkschafter

Saarbrücken. Wenn SPD-Chef Heiko Maas vor Gewerkschaftern auf die Schuldenbremse zu sprechen kam, konnte er sich lange Zeit des Beifalls sicher sein. Denn sie bedeute "weniger Sozialstaat" und stürze das Saarland "in eine existenzbedrohende Situation", so formulierte es Maas noch im vergangenen Jahr

Saarbrücken. Wenn SPD-Chef Heiko Maas vor Gewerkschaftern auf die Schuldenbremse zu sprechen kam, konnte er sich lange Zeit des Beifalls sicher sein. Denn sie bedeute "weniger Sozialstaat" und stürze das Saarland "in eine existenzbedrohende Situation", so formulierte es Maas noch im vergangenen Jahr. Dann kam der Herbst, und der SPD wurde klar, dass die Schuldenbremse auch gilt, wenn sie selbst regieren würde. Vor der Wahl am 25. März kündigt die SPD nun einen umfassenden Sparkurs von 60 bis 70 Millionen Euro jedes Jahr inklusive Stellenabbau beim Land an.Für die prominenten Gewerkschafter, die auf den SPD-Listen kandidieren, ist das keine einfache Situation: Einerseits sehen sie die Schuldenbremse weiter kritisch; andererseits sollen sie in einer großen Koalition an Sparbeschlüssen zu ihrer Umsetzung mitwirken. Hans Peter Kurtz (56), Erster Bevollmächtigter der IG Metall Saarbrücken und Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer, der auf einem aussichtsreichen Listenplatz steht, ist gegen eine Fixierung auf den Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Nötig sei ein umfassendes Konzept. "Das Beispiel Halberg Guss hat gezeigt, dass der Ruf nach Stellenstreichungen häufig zu schnell kommt", sagte er der SZ.

"Es bleibt bei der gewerkschaftlichen Kritik an der Schuldenbremse", meint auch DGB-Chef Eugen Roth (54), der dem Landtag seit 2004 angehört und nun wieder antritt. "Aber ich weiß auch, dass wir der Herausforderung nicht ausweichen können." Die Schuldenbremse stehe im Grundgesetz und gelte damit. Ohne zusätzliche Einnahmen sei sie aber nicht einzuhalten.

Roth ist Realist genug, um zu wissen, dass am Ende auch der öffentliche Dienst seinen Beitrag wird leisten müssen. Allerdings sei die Ankündigung der CDU, etwa jede zehnte der 24 000 Stellen zu streichen, "methodisch dumm". Denn bevor man überhaupt über Personalzahlen rede, müssten "unter enger und vertrauensvoller Einbeziehung der Mitbestimmung, also der Personalräte und ihrer Gewerkschaften", zunächst die künftigen Aufgaben und Strukturen der Landesverwaltung festgelegt werden. "Wir wehren uns gegen einen Kahlschlag", betont Roth. "Aber dass es völlig ohne Stellenabbau gehen wird, ist allein schon angesichts der Bevölkerungsentwicklung utopisch." Zur Position der Linkspartei, jeglichen Stellenabbau abzulehnen, sagte Roth: "Da schüttele ich fassungslos den Kopf." Als Ministerpräsident (1985-1998) habe Oskar Lafontaine bei Lehrern und Polizei gespart, "dass es nur so gekracht hat". Nun habe sich seine Haltung anscheinend komplett gedreht. "Da ist ein doppelter Rittberger noch untertrieben."

Die Gewerkschaften seien bereit, sich auf Gespräche mit der Regierung einzulassen, sagt Roth, macht aber auch klar: "Es kann sein, dass wir aus den Verhandlungen wieder aussteigen, wenn sie nicht in unsere Richtung laufen." In einem solchen Konfliktfall, der Proteste mit einschließe, gehe seine Rolle als DGB-Chef vor. "Das wissen auch meine Genossinnen und Genossen." Auch Kurtz unterstreicht, er werde sich als Abgeordneter in seinen gewerkschaftlichen Einstellungen "nicht verbiegen".

Mit dem Entwurf des SPD-Wahlprogramms sind die Gewerkschafter zufrieden. "Die Gewerkschaften haben die Headlines gesetzt", sagt Roth mit Blick auf Mindestlohn, Tariftreuegesetz und Beschränkung der Leiharbeit. Kurtz erwartet von der künftigen Regierung zusätzlich eine Bundesratsinitiative: Arbeitnehmer, die im Job großen Belastungen ausgesetzt seien, sollten vorzeitig vor dem 65. Lebensjahr aussteigen können. Auf die Frage, in welcher Koalition das am ehesten möglich sei, sagt Kurtz , zunächst gehe es um den "politischen Neuanfang" im Land: "Über Koalitionen redet man nach den Wahlen."

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