"Der letzte Tante-Emma-Laden"

Neunkirchen. "Ein Pillenbrett benutzen wir ja längst nicht mehr, aber dem Fotografen hat das Motiv gefallen", lacht Christoph Bertram. Also fand das Bild eines Pillenbretts seinen Platz in der Chronik "50 Jahre Linden-Apotheke" Neunkirchen. Hier ist Bertram Chef in dritter Generation

 Apotheker Christoph Bertram zeigt die "Giftküche" in Neunkirchen. Bertram ist Apotheken-Chef in dritter Generation. Foto: Thomas Seeber

Apotheker Christoph Bertram zeigt die "Giftküche" in Neunkirchen. Bertram ist Apotheken-Chef in dritter Generation. Foto: Thomas Seeber

Neunkirchen. "Ein Pillenbrett benutzen wir ja längst nicht mehr, aber dem Fotografen hat das Motiv gefallen", lacht Christoph Bertram. Also fand das Bild eines Pillenbretts seinen Platz in der Chronik "50 Jahre Linden-Apotheke" Neunkirchen. Hier ist Bertram Chef in dritter Generation. Als öffentliche Apotheke mit dem üblichen Labor zur Herstellung von Arzneimitteln begann auch die Linden-Apotheke 1956 - zunächst in der Lindenallee, 1983 Umzug in die Bliespromenade. Früher, ist in der Chronik weiter zu lesen, wurde die Masse zu einem Strang ausgerollt, geteilt und schließlich mittels eines Rollierers auf dem Pillenbrett in die runde Form gebracht. Und noch früher, bis ins 17. Jahrhundert hinein, musste sogar jede Pille von Hand gedreht werden, lesen wir nach.Pillen drehen, Salben anrühren, Tinkturen mischen - das ist wohl das gängige Bild, was so in einer Apotheke passiert. Aber es tut sich viel mehr. Natürlich darf die SZ beim Besuch in der Linden-Apotheke auch ins Labor schauen. Gerade bereitet Daniela Omlor eine entzündungshemmende Salbe zu: Der pulverisierte Wirkstoff wird mit einer sogenannten Grundlage vermischt, die Masse in ein Plastiktöpfchen eingefüllt. Die Topitec-Maschine, ein programmiertes Rezepturmischsystem, erledigt den Rest.

Aber Christoph Bertram zeigt uns in der mehrfach vergrößerten und umgebauten Apotheke auch neue Bereiche: für erweiterten Kundendienst, für erfolgte Spezialisierung (etwa Sterilraum) und für zusätzlich erschlossene Geschäftsfelder. So versorgt die Linden-Apotheke auch Senioren-, Pflege- und Behinderten-Einrichtungen im Kreis. "Seit 2011 zählt auch der 1. FC Kaiserslautern zu unseren Kunden", sagt Bertram und weist aufs Regal mit den - roten!- FCK-Schildchen. "Alles was Sponsor Theiss nicht liefert, kommt von uns." Neunkircher Medizin für Pfälzer Kicker.

Noch ein paar Türen öffnet Bertram für uns: Zu Vorratsräumen. Zum Kühlraum für kühlpflichtige Arzneien. Zum Tresorraum für Betäubungsmittel. Zum Schulungsraum. Zu Büros. Zum Nachtdienstzimmer mit Bett. Und auch zum "Gehirn", dem kleinen Server-Raum. Denn ohne Computer und EDV läuft hier nichts mehr.

So gibt es auch kaum noch Apothekerschränke, wie Bertram uns aufmerksam macht. Eingang und Ausgang von Arzneimitteln steuert der sogenannte Warenlagerautomat. Durch ein Fenster können wir den "Greifer" bei der Arbeit sehen. Die Pharmazentralnummer hilft beim Auffinden und Einsortieren. 14 000 Artikel fasst das Lager. "Aktuell sind es 11 962", liest Bertram ab.

Der Begriff Apotheke kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet ja auch so viel wie Aufbewahrungsort oder Warenlager. Den Apotheken obliegt - juristisch ausgedrückt - die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Aber die Apotheke habe auch soziale Aspekte, betont Bertram: "Apotheken sind der letzte Tante-Emma-Laden."

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