Der lange Weg ins Bücherparadies
Saarbrücken. Ein Tag Ende Mai. In dem schlicht eingerichteten Büro im Dachgeschoss des Saarbrücker Rathauscarrés deutet wenig darauf hin dass das hier ein Chefzimmer ist. Und es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Mann, der hier Chef ist, einen seiner letzten Arbeitstage hat. Leo Prawitt, der Leiter der Stadtbibliothek, hat noch einiges zu tun
Saarbrücken. Ein Tag Ende Mai. In dem schlicht eingerichteten Büro im Dachgeschoss des Saarbrücker Rathauscarrés deutet wenig darauf hin dass das hier ein Chefzimmer ist. Und es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Mann, der hier Chef ist, einen seiner letzten Arbeitstage hat. Leo Prawitt, der Leiter der Stadtbibliothek, hat noch einiges zu tun. Die Stadtbibliothek nach der Renovierung des Erdgeschosses neu zu eröffnen, wird zwar Aufgabe seiner Nachfolgerin Karin Lauf-Immesberger sein, aber bis dahin sei noch einiges zu erledigen, sagt Leo Prawitt.Dass der Zeitplan etwas aus den Fugen geraten ist und der Umbau nicht mehr wie geplant in seiner Amtszeit abgeschlossen werden konnte, sei schade, aber eben auch nicht schlimm.
Schlimm, ja geradezu "katastrophal", wie Prawitt sagt, waren die ersten seiner fast 19 Jahre als Chef der Stadtbibliothek. Am 1. Juli hat der Mann aus Ludwigshafen die Leitung der Bibliothek übernommen. "Ich habe mich auf die Stelle beworben, weil ein Bibliotheksneubau an der Hafeninsel neben der Congresshalle geplant war", erzählt er. Das Projekt sei dann aber "finanziell zusammengeklappt", weil die Investoren, die in dem Gebäudekomplex auch Büroflächen schaffen wollten, einen Rückzieher gemacht haben. "Es gab einfach immer mehr freie Büroflächen in der Stadt", erklärt Prawitt.
Doch es kam noch schlimmer. Das Haus in der Nauwieser Straße 5, in dem der größte Teil der Bibliothek untergebracht war und in dem heute ein Möbelgeschäft ist, wurde von heute auf morgen geschlossen: Man hatte festgestellt, dass die Holzdecken die Last der vielen Bücher nicht tragen können - Einsturzgefahr. "Es war ein Wunder, dass da noch nichts passiert war", sagt Prawitt.
Die Erwachsenenbibliothek zog in den Hauberrisser-Saal des Rathauses um. Die Kinder- und Jugendbibliothek blieb im Haus Nauwieser Straße 3 (in dem heute die Musikschule ist). "Das waren eineinhalb Jahre nur Frust hier. Ich war dabei, mich nach etwas anderem umzusehen. Das war auch fast sicher. Dann kam Hajo Hoffmann zu mir", erzählt Prawitt. Oberbürgermeister Hoffmann berichtete ihm von dem Plan, den Block neben dem Rathaus abzureißen und neu zu bauen.
Prawitt blieb. Denn das, was Hoffmann vorhatte und wovon er auch den Stadtrat überzeugte, "war nicht nur eine optimale Lösung, sondern ein Quantensprung". 1998 wurde die neue Bibliothek eröffnet: Plötzlich war Platz. "Die Tortur für die Mitarbeiter und Nutzer war vorbei", sagt Prawitt.
Dass sich Schüler und Studenten in der Bibliothek treffen, um gemeinsam zu lernen - früher wäre das undenkbar gewesen. Heute prägen diese jungen Leute die Bibliothek. Dass auch viele Kinder kommen, liegt daran, dass für sie eine ganze Etage reserviert ist. "Das wollen wir noch attraktiver machen", sagt Prawitt. Aber das sei dann Sache seiner Nachfolgerin. Er werde der Bibliothek aber treu bleiben - als Nutzer. Auch als Chef am Infoschalter sitzen und mit den Nutzern in Kontakt kommen, wird er aber nicht mehr. "Es kann sein, dass mir das fehlen wird", sagt Leo Prawitt. "Die Bibliothek ist so etwas wie ein lebender Organismus."
Leo Prawitt, Bibliotheksleiter im Ruhestand
Auf einen Blick
Die Stadtbibliothek am Gustav-Regler-Platz 1 neben dem Rathaus St. Johann bietet mehr als 180 000 Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Comics, CDs und DVDs, Spiele sowie CD-ROMs. Diese Medien werden pro Jahr rund eine halbe Million mal verliehen.
Geöffnet ist die Bibliothek dienstags bis freitags von 11 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 13 Uhr. Montags ist die Bibliothek geschlossen.
Informationen bei Karin Lauf-Immesberger: Tel. (06 81) 9 05-14 80.
Ab heute können Bücher auch fast rund um die Uhr an einem Automaten zurückgegeben werden, der neben dem Eingang installiert wurde. Zur Neueröffnung führen Mitarbeiter Besucher nicht nur hinter die Kulissen, es gibt auch viele Überraschungen für Kinder. Bei einem Spiel können die Besucher einen Büchergutschein und kostenlose Bibliotheksausweise für ein Jahr gewinnen.
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