Der Landeshauptstadt fehlen hunderte Krippenplätze

Saarbrücken. Auf die Suche nach einem Betreuungsplatz begeben sich viele Saarbrücker Eltern bereits, wenn das Kind noch gar nicht geboren wurde

Saarbrücken. Auf die Suche nach einem Betreuungsplatz begeben sich viele Saarbrücker Eltern bereits, wenn das Kind noch gar nicht geboren wurde. Bei diesen "Krippen-Castings" kann es dann sein, dass die Kita-Chefin erst einmal darüber sprechen möchte, was die werdenden Eltern Gutes für die Einrichtung zu tun gedenken - verkehrte Welt mag man meinen, aber der Mangel macht's möglich. Es fehlen hunderte Krippenplätze, Wartelisten sind häufig dreistellig.Der Regionalverband und die Stadt versuchen seit langem den Mangel zu beheben. Krippen werden gebaut und erweitert, Tagesmütter und -väter ausgebildet. Seit 2009 wurden so in Saarbrücken fast 500 Betreuungsplätze geschaffen. Die Zeit drängt, denn ab August 2013 haben Eltern ein einklagbares Recht auf einen Betreuungsplatz. Damit das nicht passiert, müssen die Kommunen für mindestens 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Krippen- oder Tagespflegeplatz zur Verfügung stellen.

Dieses Ziel wird in Saarbrücken nicht erreicht. Aktuell fehlen noch 400 Krippenplätze, sagt Regionalverbandssprecher Stefan Kiefer. Zwar sollen bis August noch zirka 150 Betreuungsplätze hinzukommen, die 35-Prozent-Quote werde man erst 2014 erreichen. Im September klang das noch ganz anders. Da war nur von 110 fehlenden Plätzen die Rede.

Bei der Stadt hieß es, sie wird bei ihren Einrichtungen das Soll erfüllen.

Am Mittwoch musste Stadtsprecher Thomas Blug Verzögerungen vermelden "Geplant waren 270 Krippenplätze in städtischen Einrichtungen, bis August werden wir 110 schaffen. Im September folgen weitere 70 Plätze. Das Ausbauprogramm ist ein riesiger Kraftakt." Heißt unterm Strich: Auch hier fehlen bis August 160 Plätze.

Uschi Biedenkopf ist die Leiterin des Jugendamtes im Regionalverband. Sie sieht die Schuld an dem Defizit einerseits beim Land, das 2010 einen Kita-Ausbaustopp verhängt habe. Dadurch sei Kommunen ein halbes Jahr verloren gegangen. Andereseits verzögere sich der Ausbau besonders bei freien Trägern, die erst die Finanzierung sichern müssten, bevor sie anfangen zu bauen. "Das dauert manchmal halt ein wenig", sagt sie.

35 Prozent: Das entspricht in Saarbrücken 1452 Kindern. Insgesamt gibt es in der Stadt rund 4150 Kleinkinder. Dem gegenüber stehen aktuell 776 Krippenplätze in Kitas und 376 Plätze in der Tagespflege. Ob die gesetzlich vereinbarte Quote allerdings den tatsächlichen Bedarf widerspiegelt, ist umstritten. Denn die 35-Prozent seien lediglich eine gesellschaftliche Übereinkunft und keine empirisch und wissenschaftlich errechnete Formel, sagt Uschi Biedenkopf. Auf dem Land gäbe es andere Bedingungen als in der Stadt. Saarbrücken sei auch nicht vergleichbar mit München oder Hamburg, sagt Biedenkopf. "Ich glaube, dass der Bedarf in städtischen Räumen, wo Eltern nicht auf große familiäre Familienstrukturen zurückgreifen können, höher sein dürfte.

Der Regionalverband setzt in dieser Situation auf die Tagespflege. Nur: Saarbrücker Eltern entscheiden sich trotz der fehlenden Krippenplätze häufig gegen Tagesmütter. Von den 376 Plätzen, die es Anfang Januar in der Tagespflege gab, blieben 124 frei. Saarbrückens Jugendamtsleiterin Uschi Biedenkopf argumentiert, es läge an den Öffnungszeiten, die außerhalb der Randzeiten lägen. Das dürfte allerdings nicht der alleinige Grund sein, denn auch viele Krippen haben ihre Kernzeiten von 7 bis 17 Uhr, häufig noch kürzer. Auf der Internetseite der Betreuungsbörse geben 22 Krippen (von 44) ihre Öffnungszeiten an. In nur acht von ihnen können Eltern ihre Kinder erst nach 17 Uhr abholen.

Engpass bei Urlaub ud Krankheit

Ein weiteres Argument der Jugendamtsleiterin ist, dass es für Eltern schwierig sei, die Kinderbetreuung sicherzustellen, wenn die Tagesmutter Urlaub mache oder krank sei. Man hoffe hier auf mehr Kooperation zwischen Tagesmüttern und -vätern - und auf die bessere Bezahlung in der Tagespflege. Auf die Frage, ob der Ausbau in der Tagespflege nicht völlig an den Bedürfnissen der Eltern vorbeigehe, antwortet Biedenkopf ganz unverblümt: "Die Tagespflege ist für uns eine stille Reserve. Wir müssen sicherstellen, dass ab August keine Klagewelle hereinbricht".

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