Der Komponist und sein größter Fan

Saarbrücken. Sylvain Teutsch ist ein begeisterter Mann - und sehr beharrlich. Seit der Franzose mit dem auffallenden grauen Lockenkopf vor bald 30 Jahren das erste Mal Genaueres über den romantischen Komponisten Louis Théodore Gouvy hörte, hat er sich der Verbreitung von dessen vergessenem Werk verschrieben. Mit Erfolg

 Er hat gut lachen: Sylvain Teutsch, Leiter des Institut Théodore Gouvy, freut sich im Redaktionsgespräch, dass sein "Schützling" so gefragt ist. Foto: Becker & Bredel

Er hat gut lachen: Sylvain Teutsch, Leiter des Institut Théodore Gouvy, freut sich im Redaktionsgespräch, dass sein "Schützling" so gefragt ist. Foto: Becker & Bredel

Saarbrücken. Sylvain Teutsch ist ein begeisterter Mann - und sehr beharrlich. Seit der Franzose mit dem auffallenden grauen Lockenkopf vor bald 30 Jahren das erste Mal Genaueres über den romantischen Komponisten Louis Théodore Gouvy hörte, hat er sich der Verbreitung von dessen vergessenem Werk verschrieben. Mit Erfolg. Gouvy, der in Goffontaine, dem heutigen Schafbrücke geboren wurde und sowohl hier als auch an seinem späteren Wohnort Hombourg-Haut komponierte, ist seit Jahren im Aufwind.

Kiloschwer sind die Pressedossiers, die Teutsch zum Redaktionsgespräch mitgebracht hat. Dicke Schwarten mit Texten aus französischen und deutschen Journalen. Auch im Internet findet man Zehntausende von Verweisen auf den Komponisten.

Das war nicht immer so. Gouvy, Sohn einer europäischen Industriellen-Familie mit Wurzeln in Belgien und Werken im Saarland und Lothringen, war zu seiner Zeit ein gefragter Mann. Aber nach seinem Tod geriet er bald in Vergessenheit. Zum einen, weil er weder so richtig französisch, noch so richtig deutsch war - also konnte ihn keine Nation allein für sich vereinnahmen. Zum anderen, weil er als wohlhabender Sohn kein Geld mit Unterrichten verdienen musste - so hatte er auch keine Schüler, die sich später für sein Werk einsetzen konnten.

Aber jetzt hat er ja Sylvain Teutsch und seine Mitstreiter. Auf Teutschs Betreiben hin entstand vor 20 Jahren im ehemaligen Wohnhaus Gouvys das "Institut Théodore Gouvy". Hier werden - dank der Hilfe von Gouvys Familie - sämtliche Kompositionen betreut. "Nur eine Ouvertüre fehlt uns, da haben wir nur die vierhändige Klavierversion", meint Teutsch. 20 tatkräftige Leute, Deutsche und Franzosen, bilden nun den Vorstand des Instituts und engagieren sich für die Verbreitung von Gouvys Werk.

Und sie haben derzeit viel zu tun. Denn nicht nur, dass Jacques Mercier mit dem Orchestre National de Lorraine in Metz die Oper "Fortunato" uraufführen wird. Das Saarländische Staatstheater bringt im nächsten Jahr die große Gouvy-Oper "Le Cid" nach dem berühmten Stück von Pierre Corneille erstmals auf die Bühne. Eine Uraufführung, 113 Jahre nach dem Tod des Komponisten. SST-Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka persönlich übernimmt die musikalische Leitung.

Da bekäme natürlich ein nach Gouvy benannter Preis einen zusätzlichen Reiz - und es wäre auch der ideale Zeitpunkt. "Ich freue mich", strahlt Teutsch, "das ist eine ganz tolle Idee, das müssen wir unterstützen". Tatsächlich wäre Gouvy mit seinem grenzüberschreitenden Leben ein idealer Namensgeber für einen grenzüberschreitenden Preis. Der Saarbrücker Kulturausschuss wird am morgigen Donnerstag erneut darüber beraten. Das Saarbrücker Kulturamt hat "echtes Interesse", wie Kulturdezernent Erik Schrader betont. Er hat die Metzer Kollegen schon angeschrieben, die Antwort steht aber noch aus.

Théodore Gouvy ist auch außerhalb der Region auf gutem Wege, wieder bekannter zu werden. "Sein Requiem wurde über 30 Mal in Europa aufgeführt in letzter Zeit", erzählt Teutsch. Und er, Teutsch, war natürlich fast immer dabei. "Es war überall ein Riesenerfolg", erzählt er. Besonders im Leipziger Gewandhaus unter Leitung von Marcello Viotti. "Das war ein Triumph" schwärmt er. Am Ende habe Viotti dem begeisterten Publikum die Partitur hingehalten - "und die Leute sind alle aufgestanden". Für solche Momente lebt Sylvain Teutsch.

Besonders gespannt ist er jetzt natürlich auf die Saarbrücker "Cid"-Uraufführung. Da sind er und sein Institut nämlich unmittelbar beteiligt. Sie stellen den gesamten Notensatz für Orchester, Chor und Solisten. "Drei Leute haben da drei Monate gearbeitet." Kurz bevor er in die SZ-Redaktion kam, hatte Teutsch just die Noten im Staatstheater vorbeigebracht. Und war hoch erfreut über die Reaktion dort: "Die haben die Noten so glücklich in die Arme genommen, als hätten wir ihnen ein Baby überreicht . . .".

Info: Villa Gouvy, 1 rue de la Gare, 57470 Hombourg-Haut, Tel. (00 33) 3 87 81 09 59, E-Mail: institut.gouvy@wanadoo.fr. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 9 bis 12 und 14 bis 17 Uhr.

Auf einen Blick

Thédore Gouvy wurde am 3. Juli 1819 im heutigen Saarbrücker Stadtteil Schafbrücke geboren. Hier hatte sein Urgroßvater, Pierre Joseph Gouvy, Mitte des 18. Jahrhunderts, ein Stahlwerk gegründet.

Seine ersten Werke führte Gouvy in Saarbrücken auf. 1868 zog er nach Hombourg-Haut, wo sein Bruder ein Eisenwerk gekauft hatte. Die Villa Gouvy wurde in dieser Zeit zum musikalischen Zentrum. Gouvy pflegte Kontakt u.a. mit Charles Gounod, Johannes Brahms, Camille Saint-Saëns und Charles-Marie Widor. Obwohl zu Lebzeiten sehr erfolgreich, gerieten Gouvys Kompositionen nach seinem Tod vorübergehend in Vergessenheit.

Das ändert sich gerade. Nach dem Gouvy-Jahr 2011 in unserer Region steht 2013 ein weiteres Gouvy-Großereignis an. In Venedig, im Palazzo Bru-Zane, gibt es ein internationales Zentrum für französische romantische Musik. Dieses Zentrum widmet sich jedes Jahr einem speziellen Komponisten und sorgt für 70 bis 80 Konzerte mit dessen Werken weltweit. 2013 hat diese Stiftung Theodore Gouvy ausgewählt. red Hintergrund

 Théodore Gouvy soll Namensgeber für einen grenzüberschreitenden Musikpreis werden. Archiv-Foto: Institut Gouvy

Théodore Gouvy soll Namensgeber für einen grenzüberschreitenden Musikpreis werden. Archiv-Foto: Institut Gouvy

Die Saarbrücker FDP-Fraktion hatte in der letzten Kulturausschusssitzung vor knapp vier Wochen die Idee eingebracht, gemeinsam mit den Quattropole-Städten Metz, Luxemburg und Trier einen Musik-Förderpreis auszuschreiben. Der Grenzgänger Gouvy soll Namensgeber sein. Die anderen Fraktionen zeigten sich allesamt sehr angetan, wollen aber noch mehr Information. Die will Kulturdezernent Erik Schrader in der morgigen Sitzung geben. Der Kulturausschuss tagt am Donnerstag, 16 Uhr, im Rathaus, Sitzungssaal 126. red

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