Der Kampf gegen das Unaufhaltsame 3000 Saarländer leiden am unheilbaren Morbus Parkinson

Saarbrücken. Seine Gesichtszüge wirken eingefroren, die Feinmotorik lässt nach, das Reden fällt ihm manchmal schwer. Robert Walter aus Saarbrücken weiß, diese Symptome gehören zu einem schleichenden Prozess einer unheilbaren Krankheit. Diagnose: Morbus Parkinson. Der heute 72-Jährige erfuhr im Mai 2003 die für ihn niederschmetternde Nachricht

 Die Feinmotorik lässt nach. Bei manchen Alltagshandlungen braucht Robert Walter hin und wieder die Hilfe seiner Frau Liane. Foto: Theobald

Die Feinmotorik lässt nach. Bei manchen Alltagshandlungen braucht Robert Walter hin und wieder die Hilfe seiner Frau Liane. Foto: Theobald

Saarbrücken. Seine Gesichtszüge wirken eingefroren, die Feinmotorik lässt nach, das Reden fällt ihm manchmal schwer. Robert Walter aus Saarbrücken weiß, diese Symptome gehören zu einem schleichenden Prozess einer unheilbaren Krankheit. Diagnose: Morbus Parkinson. Der heute 72-Jährige erfuhr im Mai 2003 die für ihn niederschmetternde Nachricht. Aber anstatt zu resignieren, nahm er den Kampf gegen diese Krankheit auf, versucht, ihren Verlauf zu verlangsamen. "Man kann mit der Krankheit leben, muss sie akzeptieren, darf sich jedoch nicht mit ihr anfreunden", sagt Walter.

Robert Walter war bis 2001 Vorstandsmitglied einer Versicherungsgesellschaft. Als er in den Ruhestand ging, kamen die ersten Anzeichen. "Nicht ich, sondern meine Frau Liane hatte sie bemerkt", sagt er. Sie dachte zunächst, ihr Mann verhielte sich depressiv, sei mit dem Ruhestand nicht zurechtgekommen. Walter war ein kommunikativer Mensch, plötzlich zog er sich zurück, seine Gesichtszüge wirkten starr. Die ersten Arztbesuche bezeichnet der 72-Jährige als "Katastrophe". "Die Früherkennung von Parkinson ist bis heute problematisch", sagt er. Die Symptome bei Parkinson im Frühstadium seien vielfältig, das mache eine eindeutige Diagnose schwierig. Depressionen, Schlafstörungen, Teilnahmslosigkeit, Nackenschmerzen, Schluck- und Sprechstörungen können einige Merkmale sein, das Zittern ist das bekannteste Symptom.

Sein Arzt habe zunächst die Anzeichen falsch gedeutet. Zwei Jahre zog sich die Behandlung hin, bis ihm ein befreundeter Arzt empfahl, dringend den Neurologen aufzusuchen. Ein L-Dopa-Test brachte Klarheit. Er zeigt, ob sich die Symptome bessern, wenn dem Körper Dopamin zugeführt wird. Eine Verbesserung ist ein Hinweis auf Parkinson. "Heute kann man durch Bild gebende Untersuchungen über eine Computertomographie, eine Positronen-Emissions-Tomographie oder einen Ultraschall die Diagnose klar feststellen", erklärt Walter. Eines der neusten Verfahren sei der Dat-Scan, eine Dopamin-Transporterscintigraphie des Gehirns.

Die Diagnose war für ihn und seine Frau zunächst ein Schock. "Aber ich wollte von Beginn an gegen diese Krankheit ankämpfen", erklärt Walter. Er sei offensiv mit der Diagnose umgegangen, klärte sein Umfeld auf. "Wenn ich darüber aufkläre, gerate ich nicht in den Verdacht, morgens früh schon als torkelnder Besoffener gesehen zu werden", sagt der Saarbrücker mit sarkastischem Unterton. Er schloss sich gleich einer Selbsthilfegruppe an, leitet heute als Landesbeauftragter die Deutsche Parkinson Vereinigung im Saarland. Sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen empfiehlt der Saarbrücker jedem Betroffenen und das bereits in der Diagnosephase.

"Bewegung, Bewegung, Bewegung", lautet seine Devise im Kampf gegen die Krankheit. Täglich treibt er Sport, dazu gehören das Laufband, Gleichgewichts- und Gymnastikübungen. 19 Pillen muss er jeden Tag schlucken, die Medikamente sind sensibel aufeinander abgestimmt, die Reihenfolge, wann er welche nimmt, muss er akribisch einhalten. Die ersten fünf Jahre nach der Diagnose habe sich sein Zustand minimal verschlechtert. "Inzwischen legt der Prozess zu", sagt der Saarbrücker und fügt mit bewegter Stimme hinzu: "Es ist ein schleichender Niedergang." Sein Körper versteift nach und nach, die Motorik und das Sprachverständnis verschlechtern sich zunehmend. Walter muss mit weiteren Symptomen rechnen, die typisch sind für Morbus Parkinson: Trippelschritte genannt und eine schräg nach vorne gebeugte Körperhaltung. "Ich versuche dennoch positiv zu denken, von Moment zu Moment. Ich will nicht aufgeben", erzählt Walter.

Informationen zur Krankheit und zu Selbsthilfegruppen im Saarland erteilt Robert Walter, Landesbeauftragter der Deutschen Parkinson-Vereinigung, Telefon (06 81) 3 90 88 88.

Saarbrücken. Morbus Parkinson entsteht, wenn Zellen in der Substantia nigra (Schwarze Substanz) des Mittelhirns absterben. Während sich beim gesunden Menschen die Region dunkel vom umgebenden Gewebe abhebt, zeigt sich beim Parkinson-Patienten nur eine blasse Färbung. In der Substantia nigra wird der Botenstoff Dopamin produziert. Geschieht dies nicht in ausreichendem Maße, kann es zu Störungen motorischer Abläufe kommen.

Parkinson gehört neben Morbus Alzheimer zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen. Die Zahl der betroffenen Patienten schätzt die Deutsche Parkinson-Vereinigung auf rund 240 000 bis 280 000 Menschen, im Saarland sind etwa 3000 Fälle bekannt. Parkinson wird meist erst spät diagnostiziert, da der Verlauf schleichend ist. Erste Symptome sind unspezifisch, etwa Depression, Schlafstörung oder Teilnahmslosigkeit. hth

"Man muss

die Krankheit akzeptieren, darf sich aber nicht mit ihr anfreunden."

Parkinson-Patient Robert Walter

Hintergrund

"Diagnose: Parkinson" lautet ein Thementag, angeboten vom Caritas-Krankenhaus in Lebach gemeinsam mit der AOK für Samstag, 20. November in der Stadthalle Lebach. Zwischen 9.30 Uhr und 14 Uhr können sich Betroffene informieren und beraten lassen. Auf dem Programm stehen Fachvorträge, unter anderem mit Dr. Horst Baas, Direktor der Klinik für Neurologie am Klinikum Hanau und Dr. Frank Hertel, Chefarzt der Neurochirurgie am Centre Hospitalier de Luxembourg. Informationen und Anmeldung im Caritas-Krankenhaus Lebach, Telefon (0 68 81) 5 01 61 49 oder bei der AOK, Geschäftsstelle Lebach, Telefon (0 68 81) 92 37 13. hth

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