"Der Hochwald braucht die Nordsaarlandstraße"

Die Bürgermeister der Hochwald-Kommunen machen sich jetzt gemeinsam für den Bau der Nordsaarlandstraße stark.Was hat Sie zu dieser Allianz bewogen? Fredi Dewald: Aus meiner Sicht wird in der Diskussion zu stark die Forderung nach der Nordumfahrung Merzig betont. Das habe ich auch bei der letzten Bürgermeister-Dienstbesprechung zum Thema gemacht

 Zum Thema Nordsaarlandstraße stellten sich den Fragen der SZ-Redakteure Christian Beckinger, links, und Wolf Porz, rechts, Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich (3. von links) und die Bürgermeister Fredi Dewald (Wadern), Lothar Christ (Losheim) und Werner Hero (Weiskirchen, von rechts). Foto: Rolf Ruppenthal

Zum Thema Nordsaarlandstraße stellten sich den Fragen der SZ-Redakteure Christian Beckinger, links, und Wolf Porz, rechts, Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich (3. von links) und die Bürgermeister Fredi Dewald (Wadern), Lothar Christ (Losheim) und Werner Hero (Weiskirchen, von rechts). Foto: Rolf Ruppenthal

Die Bürgermeister der Hochwald-Kommunen machen sich jetzt gemeinsam für den Bau der Nordsaarlandstraße stark.Was hat Sie zu dieser Allianz bewogen?

Fredi Dewald: Aus meiner Sicht wird in der Diskussion zu stark die Forderung nach der Nordumfahrung Merzig betont. Das habe ich auch bei der letzten Bürgermeister-Dienstbesprechung zum Thema gemacht. Es gilt jetzt zu betonen: Wir sind für die Nordsaarlandstraße und als deren zentrales Element für die Nordumfahrung, ohne Frage! Aber es geht in der Diskussion auch darum, dass der ganze Hochwaldraum unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten besser an die Autobahnen A1 und A8 angebunden wird. Das Ganze hat eine ganz klare strukturpolitische Komponente. Wir wissen natürlich auch, dass die Nordsaarlandstraße ohne die Nordumfahrung Merzig nicht zu realisieren ist. Der Hochwald hat ein genauso starkes Interesse an der Straße wie die Menschen hier in Merzig. Darum halte ich die die Aussage des Sprechers der Bürgerinitiative Pro Nordsaarlandstraße, Ulrich Kieborz, auch für fatal und kontraproduktiv: Er hatte erklärt, aus Sicht der BI sei nicht nachvollziehbar, warum der Bau der Nordsaarlandstraße zunächst im Nordosten des Landkreises forciert werden soll. Eine Bürgerinitiative sollte dafür einstehen, ein Gesamtprojekt nach vorne zu bringen. Eine solche Aussage spaltet vielmehr die Menschen, die hinter dem Projekt stehen.

Nun sind aber im Hochwaldraum schon einige Teile der Nordsaarlandstraße realisiert worden . . .

Dewald: Es ist richtig, dass die Realisierung der Kreisel in Nunkirchen, am Hochwaldgymnasium in Wadern oder jetzt aktuell bei Gomms Mühle positive Signale in dieser Richtung sind. Gleiches gilt für den Kreisel in Dagstuhl, der 2011 kommen soll. Allerdings bedauere ich, dass der Streckenabschnitt Kasteler Berg nicht, wie ursprünglich geplant, dreispurig ausgebaut worden ist. Das hätte für unsere Region eine deutliche Verkehrserleichterung gebracht. Und die Ortsumgehung von Nunkirchen ist weiterhin ein Thema, für das wir uns in Wadern mit Nachdruck einsetzen werden. Der Ort ist mit rund 21 000 Fahrzeugen am Tag schon jetzt sehr stark vom Verkehr belastet.

Frau Landrätin, warum spitzt sich die Diskussion um die Nordumfahrung Merzig derzeit so zu?

Daniela Schlegel-Friedrich: Für uns alle ist klar erkennbar, dass der Bauabschnitt Nordumfahrung der Flaschenhals des gesamten Bauprojektes ist. Ich gehe davon aus, dass Herr Kieborz und seine BI das ebenfalls so sehen und dass keinesfalls die Probleme im Hochwaldraum klein geredet werden sollen. Auf der Gründungsversammlung der BI ist das eigentlich auch klar zum Ausdruck gebracht und formuliert worden. Die BI hat sich zum Ziel gesetzt, die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger in Merzig-Wadern zu vertreten.

Werner Hero: Die Nordumfahrung ist im Grunde der Dreh- und Angelpunkt. Das betrifft uns in Weiskirchen ja auch, wenn wir Richtung Luxemburg oder zur Autobahn wollen. Ich denke da an die Pendler, die nach Luxemburg jeden Tag zur Arbeit fahren, dieser Verkehr wird immer mehr. Auch mich haben die Aussagen des BI-Sprechers Kieborz in Rage gebracht, damit versucht er, einen Keil in die Region zu treiben. Natürlich hätte man auch auf der anderen Seite anfangen können zu bauen. Aber wie mein Losheimer Kollege Lothar Christ bereits mehrfach erläutert hat, ist das Projekt Nordsaarlandstraße nicht erst seit gestern in Arbeit, sondern seit vielen Jahren. Es gibt da einen umfassenden Schriftverkehr mit den zuständigen Ministerien, der sich über mehrere Jahre hinzieht.

Werner Hero, wie bewerten Sie die bisherigen Fortschritte bei der Nordsaarlandstraße?

Hero: Der Kreisel bei Gomms Mühle bringt für uns in der Tat sehr viel. Vor kurzem habe ich noch Gespräche mit Firmen geführt, die in unserer Gemeinde ansässig sind und unter anderem Montagearbeiten bei anderen Unternehmen ausführen. Für deren Monteure ist eine bessere Anbindung an die Autobahnen sehr wichtig, und auch für die Firma selbst bedeutet das bares Geld, wenn ihre Mitarbeiter schneller zu ihren Einsatzstätten kommen. Gleiches gilt für Transport- oder Speditionsunternehmen. Dass die Nordsaarlandstraße aus mehreren Elementen besteht, muss meines Erachtens nach in der Diskussion stärker hervorgehoben werden. Man hat bei diesem Projekt auf alle Interessen Wert zu legen. Deswegen ist die Nordumfahrung Merzig ohne Frage von allerhöchster Priorität, unabhängig davon, dass es im Hochwaldraum noch eine Reihe anderer Probleme geht.

Es sind ja schon einige Kreisel gebaut, was fehlt denn an Maßnahmen noch?

Dewald: Wie bereits gesagt, für uns ist die Umfahrung Nunkirchen von großer Bedeutung. Die haben wir vor zwei Jahren beim Wirtschaftsministerium zur Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Es gibt diesbezüglich auch bereits Untersuchungen des Landesbetriebs für Straßenbau, der verschiedene Trassenvarianten geprüft hat. Eine davon ist eine Streckenführung, die von Wadern her kommend nach Norden in Richtung Thailen führt, vorbei am Gewerbegebiet Am Schachen verläuft und dann hinter der Ortslage von Nunkirchen wieder auf die jetzige B 268 stößt. Die Untersuchungen, die einige Jahre zurückliegen, favorisieren als Ergebnis eine Umfahrung für Nunkirchen.

Lothar Christ, welche Bedeutung hat die Nordsaarlandstraße für die Gemeinde Losheim am See?

Lothar Christ: Für uns ist die infrastrukturelle Bedeutung wichtig. Wir sind einerseits als Gemeinde vom boomenden Wirtschaftsraum Luxemburg abgeschnitten, auf der anderen Seite tut sich ja auch beim ÖPNV nichts. So sind etwa die Vorschläge der Grünen zur Reaktivierung der Eisenbahntrasse zwischen Merzig und Losheim im vergangenen Jahr vom Land ad acta gelegt worden. Ein weiterer Punkt ist für uns die Verkehrsbelastung in Losheim, Bachem und Brotdorf. Sehr viele, die aus dem Hochwald kommen und nach Merzig wollen, fahren immer noch den kürzesten Weg: durch die Losheimer Ortsmitte und dann über Bachem und Brotdorf. Hinzu kommt, dass die Landstraße durchs Heimlinger Tal durch ein Wassereinzugsgebiet verläuft. Weil sie dafür nicht entsprechend verkehrssicher ausgebaut ist, dürfen sämtliche Gerfahrgut-Transporte nicht über diese Straße führen. Solche gefährlichen Güter werden durch Losheim, Bachem und Brotdorf nach Merzig transportiert.

Was ist zu dem Argument zu sagen, dass die Nordumfahrung Merzig mitten durch ein Wassereinzugsgebiet verlaufen würde?

Christ: Dass eine Straße durch ein Wassereinzugsgebiet verläuft, ist nichts Besonderes, sondern kommt bei sehr vielen Straßen vor. Hier gilt es entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen, aber diese Frage müsste eigentlich bei den bisherigen Vorplanungen zur Nordsaarlandstraße schon geprüft worden sein. In einem Schreiben aus dem Jahr 2005 hat der damalige Wirtschaftsminister Georgi mir mitgeteilt, dass die Vorplanung mit Variantenuntersuchung, Scoping-Termin und die Anhörung der Träger öffentlicher Belange abgeschlossen sei.

Bleibt der Ausbauzustand der bestehenden Straßen, über die die Nordsaarlandstraße später führen soll, ansonsten weitgehend unverändert?

Christ: Die Landstraße durchs Heimlinger Tal soll so ausgebaut werden, dass darüber später Gefahrgut-Transporte führen können. Das Straßenteilstück hinter dem Kleinen Potsdamer Platz in Richtung Mettlach soll von der Streckenführung her etwas begradigt und verbreitert werden.

Wie sehen Sie die wirtschafts- und strukturpolitische Bedeutung der Nordsaarlandstraße?

Schlegel-Friedrich: Ich denke, es ist wichtig, nochmals festzuhalten, wie bedeutsam die Nordsaarlandstraße für die wirtschaftliche Struktur hier ist. Es ist eben nicht nur eine Umgehungsstraße zur Verkehrsentlastung, sondern auch eine Entwicklungsachse. Unsere Gemeinden leben davon, dass sich Betriebe dort ansiedeln und Gewerbesteuern bezahlen. Und die gehen dorthin, wo es gute Rahmenbedingungen gibt. Dazu gehören nach wie vor vor allem gute Verkehrsanbindungen. Ohne diese bleibt für den Hochwaldraum immer ein Standort-Nachteil. Wir suchen ja auch über die Anbindung zur A8 nicht nur die Anbindung an Saarbrücken, sondern auch in den Benelux-Raum. Gerade für die Dynamik der Entwicklung in diesem Bereich wird im restlichen Saarland einfach kein Gespür aufgebracht!

Hero: Diese bessere Anbindung an die Autobahnen ist auch für den Tourismus in unserer Region wichtig. Für den Tourismus ist Benelux ein wichtiger Quellraum. Im Weiskircher Parkhotel kommen beispielsweise etwa zehn Prozent der Gäste aus Belgien.

Christ: Ich nenne als weiteres Beispiel aus Losheimer Sicht den Industriepark Holz, der seinerzeit unter der Prämisse entstanden ist, dass die Nordsaarlandstraße realisiert wird. Wir stellen jetzt fest, dass wir Probleme haben, dort Betriebe ansiedeln. Oder nehmen Sie das Logistikzentrum von Villeroy&Boch in Losheim. Auch für dessen Betrieb wäre die Nordsaarlandstraße enorm wichtig.

Was ist aus Ihrer Sicht zu dem wiederholt geäußerten Argument zu sagen, dass die Nordumfahrung Merzig nur einen geringen Entlastungseffekt von unter 20 Prozent für die Merziger Innenstadt bringt?

Hero: Selbst wenn es nur ein Fünftel weniger Autos sind, so bedeutet das doch 4000 bis 5000 Fahrzeuge weniger. Und wenn man das umgelegt auf die Spitzenzeiten, wo die Belastung der Merziger Innenstadt am höchsten ist, so ergibt sich doch eine beachtliche Verkehrsmenge, die aus Merzig herausgehalten wird.

Christ: Diese immer wieder zitierte Untersuchung stellt nach meiner Überzeugung nur einen Teil der Wirklichkeit dar. Man muss berücksichtigen, dass es auch Verlagerungseffekte gibt: Viele Autofahrer aus dem Hochwaldraum wählen den Weg über das Haustadter Tal zur Autobahn oder über Mettlach in Richtung Luxemburg.

Die Verkehrsbelastung ist damit zu einem Problem für den ganzen Kreis geworden. Die isolierte Betrachtung allein der Verkehrssituation in Merzig wird den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Ich würde mir ohnehin wünschen, dass das ganze Planungsverfahren für alle Beteiligten etwas transparenter gemacht wird. Das Umweltministerium sollte - wenn es schon die Nordumfahrung eigentlich nicht will - sich zumindest der öffentlichen Diskussion stellen.

Dokumentation: SZ-Redaktionsmitglied Hans-Christian Roestel

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