Der Herr der Schlangen

Saarbrücken/Oberthal. Täglich klingelt derzeit bei Schlangenexperte Bernd Naumann aus Oberthal-Güdesweiler das Telefon. Erschreckte Menschen rufen an, die im Garten oder gar im Haus eine Schlange entdeckt haben und sich fürchten. Dann steigt Naumann ins Auto und fährt los

 Schlangenexperte Bernd Naumann hält eine harmlose Kornnatter. Sie wurde im Rathaus Nohfelden ausgesetzt. Foto: Becker&Bredel

Schlangenexperte Bernd Naumann hält eine harmlose Kornnatter. Sie wurde im Rathaus Nohfelden ausgesetzt. Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken/Oberthal. Täglich klingelt derzeit bei Schlangenexperte Bernd Naumann aus Oberthal-Güdesweiler das Telefon. Erschreckte Menschen rufen an, die im Garten oder gar im Haus eine Schlange entdeckt haben und sich fürchten. Dann steigt Naumann ins Auto und fährt los. Mehr als eine Transportkiste braucht er nicht, denn selbst sehr giftige Schlangen fängt er mit der Hand ein - ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. "Die Leute haben vergessen, wie die einheimischen Schlangen aussehen", sagt er und beruhigt: "Im Saarland gibt es keine Giftschlangen. Bis in die Römerzeit wurden Schlangenfunde dokumentiert, Kreuzottern als einzige mitteleuropäische Giftschlangen waren im Saarland nie dabei", sagt er. Selbst habe er auch noch keine gesehen. Was zur Verwirrung der Bevölkerung beitrage, sei das wachsende Vorkommen der Barren-Ringelnatter. Die sei aus dem Süden eingewandert und habe sich im Saarland stark verbreitet. Der Klimawandel und warme Abwässer aus den Gruben in Absinkweihern und einigen Bächen seien ein ideales Biotop für diese ungiftige Natternart, die aber deutlich größer werde, als die Ringelnatter. Erwachsene Ringelnattern werden einen Meter groß, die Barren-Ringelnattern könnten armdick und fast doppelt so lang werden. Dann gibt es im Saarland noch harmlose Schlingnattern, andere Schlangen kämen in der Natur nicht vor.Alle seien harmlos. Wenn Naumann diese Tiere fängt, setzt er sich an Weihern aus.

Kürzlich fanden Spaziergänger im Nordsaarland aber auch eine Teppichpython (die SZ berichtete). Diese bissige, aber ungiftige Würgeschlange muss einem Terrarienfreund ausgebüxt sein. Solche Fälle registriert Naumann regelmäßig. Zuhause in seinem Keller hält er unter zoologischen Bedingungen eine Königspython - gefunden in Hasborn- , eine Königsnatter - gefunden in Spiesen - und eine im Rathaus Nohfelden eingefangene Kornnatter. All diese Tiere haben in der hiesigen Landschaft nichts zu suchen und im Winter keine Überlebenschance. Diese Tiere würden ausgesetzt oder seien schlicht entwischt, meint der Experte. Über die Polizei landen sie dann bei Naumann. Der arbeitet seit über 50 Jahren mit Schlangen und Echsen und hat daheim in Güdesweiler die größte Aufzucht giftiger Krustenechsen in Europa. Vier Arten der von Aussterben bedrohten Echsen hat er zu Hause, insgesamt beherbergt er 59 Tiere. Bis vor einiger Zeit entnahm er ihnen das Gift und schickte es regelmäßig in die USA, wo ein Pharmakonzern aus der Substanz ein Diabetes-Mittel entwickelte. Das Gift aus Güdesweiler war der Rohstoff, bis man das Gift chemisch herzustellen in der Lage war, erzählt Naumann und greift ohne Sicherheitsvorkehrung in das Terrarium, nimmt sich eine Echse und untersucht wie jeden Tag die Weibchen mit einem Ultraschallgerät auf reifende Eier. Die Tiere seien zwar giftig, würden aber nie beißen, wenn man sie nicht quäle. Trotzdem wurde Naumann schon gebissen. 30 Echsen- und Schlangenbisse hatte er in seinem Leben schon, einmal hatte der Biss einer Kobra seine Atmung gelähmt und ihm einige Tage Intensivstation in Ottweiler eingebracht.

Wirkung der Gifte erforschen

Narben hat er seitdem und eine gewisse Immunität. "Der zweite Schlangenbiss ist dann nicht mehr so schlimm", scherzt er. Bei Forschungsreisen in die USA und Afrika habe er die Lebensgewohnheiten der Echsen und Schlangen studiert und hat nun zwei Ziele. Zum einen will er seine Krustenechsen in Mexiko auswildern und weiterhin nach medizinischen Wirkungen der Schlangengifte suchen. "Vieles Wissen ist zum Beispiel den Indianern längst geläufig und bis heute nicht zu uns gekommen", sagt er. Mit weiteren Reisen will er den Geheimnissen der Schlangengifte und deren Wirkungen auf den Grund gehen. Seinen eigenen Bluthochdruck regelt Naumann übrigens auch mit Schlangengift: "Eine Kobra und mehrere Klapperschlangen habe ich nur für mich. Deren Gift reibe ich mir auf die Haut, das hilft in Sekunden", schwärmt der pensionierte Heimleiter. "Der zweite Schlangenbiss ist nicht mehr so schlimm."

Bernd Naumann,

Schlangenexperte

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