Der Griff zur Pille ist oft vergebens

Saarbrücken. Halsschmerzen, verstopfte Nase, Husten. Im Saarland herrscht Erkältungszeit. Schnell wollen Patienten die leidige Krankheit wieder loswerden. Antibiotika erscheinen vielen als Allheilmittel. Doch das sind sie nicht. Experten sind sich einig, dass Antibiotika oft zu leichtfertig verschrieben werden. Es besteht die Gefahr, dass die Erreger resistent werden

Saarbrücken. Halsschmerzen, verstopfte Nase, Husten. Im Saarland herrscht Erkältungszeit. Schnell wollen Patienten die leidige Krankheit wieder loswerden. Antibiotika erscheinen vielen als Allheilmittel. Doch das sind sie nicht. Experten sind sich einig, dass Antibiotika oft zu leichtfertig verschrieben werden. Es besteht die Gefahr, dass die Erreger resistent werden. Und über 90 Prozent der Erkältungskrankheiten seien Virusinfektionen, erklärt Markus Walther von der Krankenkasse AOK. Dagegen können Antibiotika nichts ausrichten. Trotzdem werden sie verschrieben. Seine Erklärung: "Es besteht eine Erwartungshaltung des Patienten", sagt Walther. Patienten forderten das Medikament regelrecht ein. Der Arzt wiederum sei mit der Gabe von Antibiotika "auf der sicheren Seite". Gerade bei älteren Patienten müssten Ärzte dafür sorgen, dass sich eine harmlose Erkältung nicht doch noch zur Lungenentzündung entwickelt. Oder den Herzmuskel angreift. Joachim Meiser, Vorsitzender des saarländischen Hausärzteverbandes, bezeichnet dieses Vorgehen als Schießen mit Schrotkugeln, in der Hoffnung, dass eine Kugel trifft."Im Jahr 2007 wurden im Saarland 6422 Tagesdosen Antibiotika pro 1000 Versicherte verschrieben", sagt Walther. Damit toppt das Saarland den Bundesdurchschnitt um 22 Prozent. Warum das so ist, ließe sich nicht mit nur einer Antwort klären. Hier spielten mehrere Faktoren zusammen, nicht zuletzt die immer älter werdende Bevölkerung.

Das Problem mit den Antibiotika kennt auch Wolfgang Meunier von der Kassenärztlichen Vereinigung.

Sein Ansatz: Im Saarland - als altes Industrieland - gebe es besonders viele chronisch Kranke.Um festzustellen, ob ein Patient eine bakterielle Infektion hat, müsse der Arzt entweder einen Bluttest durchführen oder einen Rachen- beziehungsweise Nasenabstrich machen. Letztere ist die sicherere Methode, dauert aber vier bis fünf Tage, da der Abstrich im Labor untersucht werden muss. "Zu lange verglichen mit dem Behandlungserfolg", sagt Meunier. Die Methode sei daher unwirtschaftlich.

"Es bedarf an Aufklärung", sagt Hausärztechef Meiser. Bei Arzt und Patient. "Für Ärzte bieten wir Fortbildungen an. Sie müssen sicher sein, dass sie den Patienten nicht schaden, wenn sie mal kein Antibiotikum verschreiben." Von Patienten wünsche er sich mehr Geduld. Eine Virusinfektion dauere nicht selten 14 Tage. Mit oder ohne Antibiotika.

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