Der erste Saarländer heißt Tholix

Tholey. Mit einem großen Löffel rührt er den Zaubertrank in dem keltischen Bronzekessel aus Tholey. Auf seiner linken Schulter sitzt der Rabe Dolo, der Wappenvogel der Abtei Tholey. Der keltische Druide hat einen langen weißen Bart und nur ein Ohr. Das ist sein Markenzeichen. Sein Name: Tholix. Tholix, der erste Saarländer

 Das ist Tholix, wie ihn Niko Leiß vom Historischen Verein gezeichnet hat. Fotos: Historischer Verein

Das ist Tholix, wie ihn Niko Leiß vom Historischen Verein gezeichnet hat. Fotos: Historischer Verein

Tholey. Mit einem großen Löffel rührt er den Zaubertrank in dem keltischen Bronzekessel aus Tholey. Auf seiner linken Schulter sitzt der Rabe Dolo, der Wappenvogel der Abtei Tholey. Der keltische Druide hat einen langen weißen Bart und nur ein Ohr. Das ist sein Markenzeichen. Sein Name: Tholix. Tholix, der erste Saarländer.So ist er auf Aufklebern zu sehen, die im Museum Theulegium zu kaufen sind. So schaut er als übergroßes Wandbild von einer Hausfassade an der Hauptstraße von Tholey auf die Menschen herab. Tholix ist auf einem Puzzle abgebildet, ist Figur in einem Brettspiel. Sein Konterfei ziert einen hochprozentigen Zaubertrank. Bei der Vorstellung des römisch-keltischen Doppelreliefs im Museum gab es ihn sogar zum Anbeißen: als Weckmann.

Geht es nach dem Willen des Historischen Vereines zur Erforschung des Schaumberger Landes Tholey und seines Vorsitzenden Niko Leiß soll der einohrige Druide der Idealtyp des saarländischen Ureinwohners werden, der sympathisch für die Geschichte des Schaumberger Landes stehen und diese den Menschen näher bringt.

Die zweite Geburtsstunde des Tholix lässt sich datieren auf den 1. April 2006 um die Mittagszeit. Ehrenamtliche Helfer des Historischen Vereins waren an diesem Tag damit beschäftigt, Ausstellungsstücke aus dem Abteimuseum in das alte Postgebäude am Marktplatz zu bringen, dem künftigen Museum Theulegium. Darunter auch drei Sandsteinbruchstücke, die zu einem römischen Relief gehörten, das 1959 in den Fundamenten der Abteikirche bei Sanierungsarbeiten gefunden wurde. Das Relief zeigt einen Römer mit Schild, vielleicht einen Gladiator. Die Rückseite der Steine war noch dreckig.

Während die anderen Helfer Mittagspause machten, begann Niko Leiß, im Hauptberuf Restaurator, vorsichtig damit, die Steine von der Erde zu befreien. Und da entdeckte er völlig überraschend das Gesicht auf der Unterseite, ein zweites Relief. Sofort rief er seinen Vereinsfreund an, den Historiker Johannes Naumann. Der glaubte zunächst, Leiß wolle ihn in den April schicken. Umso größer war dann die Freude über den neuen Fund.

Ein Doppelrelief mit einem römischen Motiv auf der einen und einem vermutlich keltischen auf der anderen, das ist nämlich einzigartig in der Region. Für die Geschichtsfreunde war klar, hier handelt es sich um das älteste bekannte Gesicht eines Menschen aus dem heutigen Saarland, den ersten Saarländer quasi. Und da dieser in Tholey gefunden wurde, stand sein neuer Name fast automatisch fest: Tholix.

Fast fünf Jahre hat es gedauert, bis die drei Steine des Doppelreliefs in einer Spezialwerkstatt im Rheinland fachmännisch zusammengefügt und restauriert werden konnten. 12 000 Euro hat das Projekt gekostet. Seit einigen Tagen ist das neue Prachtstück nun im Museum Theulegium zu sehen.

"Wir können nicht beweisen, dass die Seite mit dem Gesicht keltisch ist", weiß natürlich auch der Vereinsvorsitzende Niko Leiß. Vieles spreche aber dafür. Das stilisierte Gesicht steht in der Tradition ähnlicher steinerner Funde aus der Keltenzeit wie dem Keltenfürst von Glauburg. Das große Ohr könnte demnach auch Teil einer Blattkrone sein.

Für die Tholeyer Geschichtsfreunde liegt nahe, dass die Römer den bereits vorhandenen keltischen Reliefstein benutzt haben, um auf dessen Rückseite ein römisches Relief einzumeißeln. Die Christen wiederum hätten dann das vermutlich noch ganze Relief dann Jahrhunderte später ganz bewusst im Fundament ihrer Kirche eingebaut. Genauso wie die Kirche auf den Resten eines römischen Gebäudes errichtet wurde. "Das Neue baut auf dem Alten auf", das hat man nach Ansicht von Johannes Naumann wohl damit unterstreichen wollen.

Das keltische Relief könnte somit in der Zeit vom 5. bis 1. Jahrhundert vor Christus entstanden sein, die römische Seite im 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus. Und die romanische Abteikirche, in deren Fundamenten die Steine lagen, ist um 1150 gebaut worden. So ist das Relief auch ein Beispiel dafür, dass Menschen seit 2500 Jahren am Schaumberg leben. Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt drückte es bei der Präsentation des Doppelreliefs so aus: "Das Museum Theulegium versteht es ausgezeichnet, die Geschichte der Region darzustellen.

Auf einen Blick

Das Museum Theulegium ist zu finden am Rathausplatz 8 in Tholey. Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag von zehn bis zwölf Uhr und von 14 bis 16.30 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 14 Uhr bis 16.30 Uhr. Führungen gibt es nach Vereinbarungen, Telefon (06853) 50880. Das Museum präsentiert zahlreiche Funde aus der 2500-jährigen Geschichte des Schaumberger Landes, auch von jüngsten Grabungen im Wareswald. vf

 Die römische Seite des Doppelreliefs. Deutlich zu sehen sind ein Arm, der Oberkörper, Teile des Gewandes und das Schild.

Die römische Seite des Doppelreliefs. Deutlich zu sehen sind ein Arm, der Oberkörper, Teile des Gewandes und das Schild.

 Die keltische Seite des Doppelreliefs, wesentlich schlechter erhalten. Im oberen Teil kann man das Gesicht erkennen.

Die keltische Seite des Doppelreliefs, wesentlich schlechter erhalten. Im oberen Teil kann man das Gesicht erkennen.

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