Der Aufräum-Parteitag

Völklingen. Die Fassaden bröckeln, der Putz trägt Trauerflor in der Völklinger Schaffhauser Straße. Noch. Denn der Stadtumbau West läuft. Dass sich der "Sanierungsfall" FDP ausgerechnet das Sanierungsgebiet Wehrden als Tagungsort ausgesucht hat, das hatte was Symbolisches

Völklingen. Die Fassaden bröckeln, der Putz trägt Trauerflor in der Völklinger Schaffhauser Straße. Noch. Denn der Stadtumbau West läuft. Dass sich der "Sanierungsfall" FDP ausgerechnet das Sanierungsgebiet Wehrden als Tagungsort ausgesucht hat, das hatte was Symbolisches. Hier also wollte man die Trümmer einer monatelangen (Selbst-)Zerrüttung wegräumen, die der "Krieg" in der Fraktion, Dienstwagen- und Villa-Lessing-Affäre und zahlreiche Partei-Austritte prominenter Akteure hinterließen. Zuletzt ging der Ex-Fraktionschef Horst Hinschberger. Überraschend unaufgeregt verlief dann diese erste Partei-Zusammenkunft nach dem Acht-Prozent-Absturz der Liberalen bei der Landtagswahl auf 1,2 Prozent, ohne Anfeindungen, aber auch ohne euphorische Momente. Und am Ende des Aufräum-Parteitages in der Kulturhalle war dann das erreicht, was sich Parteichef Oliver Luksic (32) vorgenommen hatte: die personelle Erneuerung auch des Landesvorstandes. Stellvertretend dafür steht der Rückzug von Martina Engel-Otto, die seit Jahren dabei war. Sie übernahm in Völklingen offensiv die persönliche Verantwortung dafür, was sie alles "mit der Faust in der Tasche" zugelassen habe.Dass sich 13 Kandidaten für die sieben Beisitzer-Posten bewarben, hält der Christoph-Hartmann-Nachfolger Luksic für ein Zeichen, dass seine Partei die Kurve genommen hat. Die Egoisten seien weg, die Idealisten geblieben: "Wir haben einen kathartischen Prozess hinter uns", sagte Luksic der SZ. Im Abstand von einem Jahr wurde der FDP-Bundestagsabgeordnete mit einem Plus von neun Prozent im Amt bestätigt, holte 85,2 Prozent. "Völklingen steht für eine neue Geschlossenheit und einen neuen Stil", so Luksic. "Unsere Wähler erwarten ein seriöses, bürgerliches Auftreten." In seiner Rede hatte der Parteichef die Vergangenheit als einen "ständigen Zirkus" kritisiert: "Das war oft peinlich. Wir haben unheimlich viel Vertrauen verspielt", sagte er. Die Lehre daraus? "Wir müssen unser Personal besser aussuchen." Luksic riet seiner Partei zu "Demut und Selbstkritik", hielt sich zugleich fern von kämpferisch-mitreißendem Pathos, selbst dann, als er den rund 140 Delegierten zurief, die Phase der "zerstörerischen Selbstbeschäftigung" sei endlich vorbei: "Wir sind eine Kampfgemeinschaft, keine Selbsthilfegruppe." Fürs Emotionale war der Gastredner zuständig. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer Brüderle schwor die Halle mit geballten Fäusten auf die liberalen Tugenden Freiheitsdenken und Selbstverantwortung ein und "verkaufte" mit Humor liberale Positionen zu aktuellen Themen wie Energiewende ("Wenn man Ideologen Ökonomie überlässt, geht's schief!") oder Griechenland-Rettung ("Deutschland ist solidarisch, aber nicht blöd!"). Dann kam der Wahl-Marathon. Die Rüdiger-Linsler-Nachfolgerin heißt Nathalie Zimmer (46). Die neue Generalsekretärin will dafür sorgen, "dass wir nicht mehr ins eigene Tor schießen". Und dass keiner mehr vom Platz gestellt wird? Eine Herkules-Aufgabe.

Die Mühen

der Ebenen

Von SZ-RedakteurinCathrin Elss-Seringhaus

Krawallmacher und Karrieristen sind weg, nun wird von selbst alles gut? Von wegen. Parteichef Luksic samt Team hat die erste Bewährungsprobe bestanden, die Talsohle durchschritten, aber die Mühen der Ebenen noch vor sich. Intern heißt es, sich das Vertrauen erst mal zu verdienen. Und 2013 steht bereits die Bundestagswahl an. Die neuen unbekannten Gesichter müssen für den Wähler also im Turbotempo zu Bezugsgrößen gemacht werden. Da wartet viel Fleißarbeit.

Auf einen Blick

Dem Landesvorstand der FDP Saar (1450 Mitglieder) gehören neben Partei-Chef Oliver Luksic (85,2 %) und Generalsekretärin Nathalie Zimmer (81,6 %) an: Als Stellvertreter Ex-Staatssekretär Joachim Kiefaber (83,3 %), Sebastian Greiber (Kreisvorsitzender Saarlouis, 74,3 %) und Wolfgang Krichel (Ortsvorsitzender Saarlouis, 66,7 %). Greiber und Krichel waren bereits im letzten Landesvorstand vertreten. Neu sind Schriftführerin Petra Meiser (96 %) und Schatzmeisterin Claudia Fuchs (90 %). Außerdem gibt es sechs neue Beisitzer (von insgesamt sieben).ce

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