Engpässe beim Futter drohen Den Maisbauern geht die Puste aus

Saarbrücken/Schmelz · Noternten und Kuhduschen: Dieser Sommer strapaziert die Landwirte. Trotzdem ist es kein Katastrophenjahr, sagt der Bauernverband.

 Jan Rothkopf fuhr gestern raus, um auf einem Feld bei Hüttersdorf vom Silomais zu retten, was noch zu retten ist – acht Wochen früher als üblich.  

Jan Rothkopf fuhr gestern raus, um auf einem Feld bei Hüttersdorf vom Silomais zu retten, was noch zu retten ist – acht Wochen früher als üblich.  

Foto: Oliver Dietze

Gelb, gelb, gelb sind alle meine Felder, dieses Lied könnten derzeit viele Bauern trällern, wenn es ihnen denn zum Singen ist. Vertrocknete Grasflächen, wohin das Auge blickt. Das macht insbesondere Milchbauern Sorgen. Wer den ersten und zweiten Grasschnitt nicht bereits im  April/Mai eingefahren hat, muss spätestens im Winter mit Engpässen bei der Fütterung rechnen. Denn die Silage wird durch Gärung von Grünschnitt im Silo hergestellt.

In guten Jahren können es bis zu fünf Schnitte werden. Daran ist in diesem Glutofen-Sommer nicht im Traum zu denken. Trotzdem will der Hauptgeschäftsführer des saarländischen Bauernverbandes, Hans Lauer, nicht von einem  „Katastrophen-Sommer“ sprechen. Insgesamt gehe man von einem  „durchschnittlichen“ Erntejahr aus, sagt er auf SZ-Nachfrage. Mit einer Ausnahme:  beim Silomais, der ebenfalls als Futter dient und an Biogasanlagen geliefert wird. Am Niederrhein oder im Münsterland geht man von einer Missernte größten Ausmaßes aus. Dagegen kommt das Saarland glimpflich davon. Hier sind nur 5000 Hektar Fläche von 78 000 Hektar Nutzfläche mit Mais bepflanzt. Und auf der Hälfte der Flächen lief laut Lauer alles einigermaßen rund. Doch auf 20 Prozent der Böden kam es zu 50-prozentigen Einbußen, der Ertrag fiel auf 20 Tonnen pro Hektar. „Wir kalkulieren insgesamt mit einer  Ernteeinbuße von 25 Prozent“, sagt Lauer. 20 bis 30 Betriebe kämen dadurch in echte Notlagen.

Dabei war 2017 ein Topjahr für den Mais, mit 225 000 Tonnen Ertrag. Das ist dieses Jahr eine unerreichbare Marke, obwohl 500 Hektar mehr Flächen bewirtschaftet wurden. Lauer sagt 175 000 Tonnen Ernteertrag voraus, das entspricht dem Niveau von 2016.

Der Landwirt Jan Rothkopf (33) aus Losheim schätzt, dass dort, wo Mais auf sandigen Böden steht, der das Wasser kaum speichert, einzelne Kollegen bis zu 80 Prozent Einbußen verkraften müssen. Das ist beispielsweise rund um Lebach der Fall. Roth­kopf fährt als Dienstleister für andere Betriebe Ernten ein. Gestern war er in Schmelz-Hüttersdorf unterwegs, so früh wie nie zuvor. Üblicherweise wird der Mais im Oktober geerntet, doch jetzt geht es darum, zu retten, was zu retten ist: meist unterdurchschnittlich große Pflanzen mit eingerollten Blättern, viele haben nicht einmal Frucht ausgebildet. Doch der Kolben bringt 80 Prozent vom Ertrag, in ihm steckt die meiste Energie.   „Durch die Dürre ist der Stengel tot, die Wasserversorgung ist abgerissen. Der Regen kommt zu spät, der hilft nicht mehr“, sagt Rothkopf. Er sagt eine Futterknappheit und steigende Preise voraus. Zumal man noch keinerlei Erfahrung habe, wie sich das Pflanzenmaterial im Silo verhalten wird.

Mais ist das eine, die Sorge um die Tiere das andere, mitunter belastendere. Kühe und Hühner empfinden bereits Temperaturen über 20 Grad als unangenehm. Im größten saarländischen Geflügelhof Wittmer (Schmelz) helfen  laut eigener Auskunft  Ventilatoren, die Temperaturen im Stall für 60 000 Tiere etwa fünf, sechs Grad kühler zu halten, als es draußen ist. Generell vermeiden auch die Hühner, die raus dürfen, Freiland-Spaziergänge. Sie seien träge, hört man von Karin Lorson vom Geflügelhof Lorson in Differten, der 15 000 Tiere hält. Im Stall würden sie derzeit  durch Pick­steine zur Aktivität animiert und bei Laune gehalten. Als Hauptproblem derzeit schildern beide Betriebe die wässrige Qualität der Eier, auch deren schrumpfendes Gewicht.

 Auch für Milchkühe wächst der Betreuungsaufwand. Denn bei hohen  Temperaturen nehmen die Tiere weniger Nahrung auf, geraten  in ein Energiedefizit und sind anfälliger für Krankheiten. Vor allem aber geben sie deutlich weniger Milch. Deshalb treiben manche Bauern die Kühe nachts auf die Weide, andere nehmen Geld in die Hand. Wie Christian Neu aus Obersalbach. Er hat just vor 14 Tagen für seine 140 Tiere eine „Kuhdusche“ installiert, das ist eine Art Wasser-Vernebelungsanlage. Sehr angenehm soll sich das anfühlen im Stall. Kuh müsste man sein.

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