Demonstrantin als Stalkerin vor Gericht

Saarbrücken. Wegen Nachstellung muss eine Rentnerin 100 Tagessätzen zu je 15 Euro zahlen. Der Grund: Eine Bankangestellte fühlte sich belästigt, weil die 71-Jährige in der Saarbrücker Innenstadt gegen eine angeblich falsche Beratung durch die Mitarbeiterin demonstrierte. Die Rentnerin hält sich für unschuldig, während die Staatsanwältin das Urteil zu milde findet. Beide gingen in Berufung

Saarbrücken. Wegen Nachstellung muss eine Rentnerin 100 Tagessätzen zu je 15 Euro zahlen. Der Grund: Eine Bankangestellte fühlte sich belästigt, weil die 71-Jährige in der Saarbrücker Innenstadt gegen eine angeblich falsche Beratung durch die Mitarbeiterin demonstrierte. Die Rentnerin hält sich für unschuldig, während die Staatsanwältin das Urteil zu milde findet. Beide gingen in Berufung. Seit gestern wird der Fall vor dem Landgericht verhandelt.Mit einem Schild "Citibank, ich will mein Geld zurück" hatte die 71-Jährige auf ihre Verluste beim Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers aufmerksam gemacht. Die junge Bankangestellte hatte ihr zum Kauf von Lehman Zertifikaten geraten - binnen kurzer Zeit war das Geld weg. Die Bankerin wechselte zur Commerzbank. Auch hier erschien die Rentnerin und verlangte, dass man wenigstens Fehler zugebe.

Sie soll mit einem Megaphon vor der Commerzbank gestanden haben, um die Anlageberaterin zur Rede zu stellen. Gestern, am ersten Tag der Berufungsverhandlung, legte der Verteidiger eine Rechnung vor, wonach das Megaphon erst nach der angeblichen Tat erworben wurde. Die angeklagte Frau sagt, sie habe die Bankerin nicht verfolgen, sondern mit ihren Mahnwachen auf die Mitschuld der Banken aufmerksam machen wollen. Sie hatte vor dem Kauf der Lehman-Papiere schon Geld verloren und wollte dann auf eine sichere Anlage setzen. Aber sie sei überredet worden. Nun ist sie überzeugt, dass den Banken schon damals das Risiko eines Totalverlustes bekannt war.

Die Bankangestellte berichtete von Schlafstörungen und Zitteranfällen. Sie fürchtete um ihren Job. Einige Tage war sie wegen nervöser Erschöpfung krankgeschrieben. Ihr neuer Arbeitgeber ließ sie psychologisch betreuen. Die Therapeutin sprach als Zeugin von einer posttraumatischen Belastungsstörung. Am kommenden Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt. jht

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