Das Wandern macht Schülern wenig Lust

Saarbrücken. Der Saarwaldverein kritisiert, dass Schulen im Saarland an den unterrichtsfreien Tagen zu selten "echte Wandertage" veranstalten. "Das wollen wir ändern. Wir wollen erreichen, dass die Kinder die Natur richtig kennenlernen", sagte Aribert von Pock, Chef des derzeit etwa 4500 Mitglieder zählenden Saarwaldvereins

 Wanderungen - wie im Film "Hurra die Schule brennt" von 1969 - unternehmen Schüler und Lehrer heute nur selten. Foto: interfoto

Wanderungen - wie im Film "Hurra die Schule brennt" von 1969 - unternehmen Schüler und Lehrer heute nur selten. Foto: interfoto

Saarbrücken. Der Saarwaldverein kritisiert, dass Schulen im Saarland an den unterrichtsfreien Tagen zu selten "echte Wandertage" veranstalten. "Das wollen wir ändern. Wir wollen erreichen, dass die Kinder die Natur richtig kennenlernen", sagte Aribert von Pock, Chef des derzeit etwa 4500 Mitglieder zählenden Saarwaldvereins. Dazu will sich der Saarwaldverein an dem Projekt "Schulwandern" des Deutschen Wanderverbands beteiligen. Geplant sei, dass der künftige Jugendwart des Vereins mit Schulklassen Wandertouren unternimmt und Schülern die Vielfalt der heimischen Natur- und Pflanzenwelt vermittelt. "Unsere Zielgruppe sind die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 14 Jahren an allen Schulformen", erklärte von Pock der SZ. Zunächst wolle der Verein Bildungs- und Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD) das Projekt vorstellen, um mit ihm gemeinsam das Projekt auf den Weg bringen zu können.Laut einer entsprechenden Richtlinie des Saar-Bildungsministeriums soll eine Schulwanderung die Schüler vor allem "mit der näheren Heimat vertraut machen". Ein wichtiges Ziel sei dabei, "die Schüler zu verantwortungsbewusstem Umgang mit der Umwelt zu erziehen", heißt es darin. Somit lege die Richtlinie den Schulen nahe, den Tag in der freien Natur zu verbringen. Allerdings lägen dem Ministerium keine Zahlen dazu vor, wie Wandertagen von den Schulen genutzt werden, räumte eine Sprecherin des Bildungsministeriums auf SZ-Anfrage ein. Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) unterstrich die Vorteile der Bewegung: "Wandern führt die Menschen ins Freie. Es regt den Geist an, fördert damit die Kreativität und ist sicher für viele junge Menschen, aber auch Lehrer, eine willkommene Abwechslung zum Unterricht im Klassenzimmer."

Schulleiter an saarländischen Schulen bestätigen, dass der Trend dahin geht, den Wandertag nicht im ursprünglichen Sinn zu nutzen. "An Wandertagen unternehmen die Schulklassen eher Ausflüge zu Museen in der Region. Das Wandern an sich ist allerdings aus der Mode gekommen", sagte der Schulleiter der Erweiterten Realschule Bous-Ensdorf, Volker Taffner. Zumeist unternähmen die Klassen seiner Schule Ausflüge, etwa zum Weltkulturerbe in Völklingen sowie zum Technikmuseum nach Speyer oder besuchten eine Gerichtsverhandlung am Saarbrücker Landgericht. Am St. Wendeler Gymnasium Wendalinum wanderten die Klassen 5 bis 7 häufiger als in den höheren Klassen, sagte Schulleiter Heribert Ohlmann. Er sagt aber auch: "Wenn Sie als Lehrer sagen 'Wir wandern', dann löst das keine große Begeisterung bei den Schülern aus."

Der Saarländische Lehrerinnen und Lehrerverband (SLLV) begrüßte das geplante Vorhaben des Saarwaldvereins, mit Schulklassen wandern zu gehen. "Die Lehrer haben es schwer, eine Schulklasse dazu zu motivieren, von A nach B zu Fuß zu gehen", berichtete SLLV-Chef Herbert Möser. Viele Kinder können heute laut Möser kilometerlange Strecken zu Fuß nicht ohne Wehklagen bewältigen. Der Hauptgrund dafür sei, dass junge Leute oftmals nicht gewohnt seien, den Schulweg zu Fuß zu gehen. Stattdessen ließen sich von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule fahren, so Möser.

Der Chef der Gesamtlandesschülervertretung Saar, Alexander Zeyer, plädierte dafür, die vier vom Bildungsministerium empfohlenen Wandertage pro Jahr von Klassenstufe fünf bis acht fürs Wandern zu nutzen. "Man sollte dazu zurückkehren, an Wandertagen in den heimischen Wäldern zu wandern", sagte der Landesschülersprecher. Ab der neunten Klasse halte er es aber für angebracht, an Wandertagen eine kulturelle Einrichtung aufzusuchen. Dass Schulwanderungen einmal vom Jugendwart des Saarwaldvereins geführt werden könnten, nannte Zeyer begrüßenswert. "Wandern regt den Geist an und fördert damit die Kreativität."

Ulrich Commerçon (SPD)

HINTERGRUND

Das Ausbildungssystem zum Projekt "Schulwandern" des Deutschen Wanderverbands ist vor Kurzem von den Vereinten Nationen als "offizielle Maßnahme der UN-Dekade für nachhaltige Entwicklung" ausgezeichnet worden. Das Konzept besteht aus zwei Elementen: Lehrer und Wanderführer werden zu "zertifizierten Schulwanderführern" fortgebildet. Zudem werden Fortbilder ausgebildet, die ihrerseits Experten für Schulwanderungen qualifizieren. bera

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort