Das Sterben der Lieder

Indien ist verrückt, im wahrsten Sinne des Wortes, sagt Florian Luxenburger: "Man weiß nie, was auf einen zukommt. Es ist ein Land voller Gegensätze und Extreme, farbenfroh und chaotisch, aber die Menschen haben uns alle mit offenem Herzen empfangen

Indien ist verrückt, im wahrsten Sinne des Wortes, sagt Florian Luxenburger: "Man weiß nie, was auf einen zukommt. Es ist ein Land voller Gegensätze und Extreme, farbenfroh und chaotisch, aber die Menschen haben uns alle mit offenem Herzen empfangen."Ein Stück von diesem Land hat der 26-jährige Filmer aus Ensdorf zusammen mit seinen Kollegen Holger Reißig und Daniel Kreuter in dem Film "Manganiars" festgehalten.

Eine alte Tradition stirbt

Der Dokumentarfilm handelt von den Manganiars, der Kaste der Musiker und Geschichtenerzähler, die über Jahrtausende für die mündliche Überlieferung von Wissen und Tradition zuständig waren. Durch den technischen Fortschritt und den medialen Wandel verlieren die Manganiars diese gesellschaftliche Position allmählich. Einige Mitglieder dieser aussterbenden Kaste hat das Filmteam in der indischen Wüstenstadt Jaisalmer, im Staat Rajasthan nahe der Grenze zu Pakistan, gefunden.

Ein Hotel in der Wüste

Dort in Jaisalmer, in der Wüste Thar, hat die indische Regierung den Manganiars ein wenig Land zur Verfügung gestellt. Weil moderne Kommunikationsmittel die ursprünglich sehr wichtige Rolle der traditionellen Erzähler bedrohen, kämpfen viele von ihnen ums nackte Überleben.

Der österreichische Soziologe Helmut Pachler führt seit über 16 Jahren in der Kolonie der Musiker das "Artist Hotel", ein Projekt, das sich den Erhalt dieser Kultur zur Aufgabe gemacht hat. So bietet er den Künstlern beispielsweise eine Plattform für Live-Auftritte und setzt sich für ihre Anliegen ein. "Ich bin im Herbst 2010 auf einer Indienreise in Jaisalmer auf Helmut Pachler gestoßen, der dort sein Hilfsprojekt in Form des Artist Hotels betreibt", erzählt Luxenburger. "Er beschäftigt da Mitglieder der Kaste der Manganiars, um ihnen finanziell unter die Arme zu greifen, und ihnen eine Art Ausbildung zu ermöglichen. Pachler hat mir viel über die Kaste und ihre Probleme erzählt, und so ist die vage Idee entstanden, eine Doku darüber zu machen."

Erschwerte Bedingungen

Zurück in Trier erzählte Florian Luxenburger seinen Freunden und Mitstudenten Holger Reißig und Daniel Kreuter von der Idee. Zusammen beschlossen sie, das Projekt ins Rollen zu bringen. Ein Antrag auf Medienförderung wurde bewilligt, und so ging es schon bald nach Indien.

Doch das klingt einfacher, als es war: "Drehen unter erschwerten Bedingungen" nannte es das Filmteam. Obwohl die jungen Filmer gut vorbereitet schienen, durch regen E-Mail-Kontakt, eine Menge Literatur, Erfahrungsberichte, Impfungen, Visa, Zollbestimmungen, gab es doch immer wieder überraschende Situationen. Angefangen bei der Verständigung: In Indien ist die Amtssprache Englisch, aber lange nicht alle Inder sprechen es, vor allem nicht in den ländlichen Regionen.

Reise voller Abenteuer

Schon die Anreise zum Drehort war ein Abenteuer, erzählt Luxenburger: "Von Delhi aus ging es 17 Stunden mit dem Zug in die Wüste Thar nach Jaisalmer, wo wir dann im Artist Hotel wohnten. Dort wurden wir mit allen Kräften unterstützt, wir wurden den Musikern und Außenstehenden vorgestellt."

Allerlei kleine und große Geschichten rund um die Kultur der Musiker hörten die drei Filmer aus erster Hand, das Material für die Doku kam schnell zusammen. Gedreht wurde mit digitalen Spiegelreflexkameras in FullHD, die teils eigenes und teils Eigentum der FH Trier sind.

"Ob per Kamel, mit der Motorrikscha oder dem Jeep, mit all der Ausrüstung bei 40 Grad Hitze, zu den unterschiedlichen Drehorten zu kommen, gestaltete sich nicht immer so einfach", erinnert sich Luxenburger. Doch nach einem Monat Drehzeit und Abenteuern war alles im Kasten.

Zurück in Deutschland begann die Auswertung des Materials: Einen langen Sommer verbrachten die drei Studenten dann damit, das Material zu sichten, über 700 Einzelclips zu sortieren, zu übersetzen und zu verwerten.

Premiere in Trier

In Deutschland wurde der Film "Manganiars" in Trier uraufgeführt . Eine erste kleine Premiere des fertigen Filmes fand aber bereits zuvor am Drehort, in Jaisalmer, statt.

"Als kleines Dankeschön vorab haben wir den Leuten DVDs dagelassen, die sie nun in eigener Sache verkaufen können. Auch wird ein Teil des Erlöses der Premiere in Trier den Musikern zu Gute kommen", erklärt Luxenburger.

Die Weltreise geht weiter

Florian Luxenburger konnte in Trier nicht dabei sein: Der 26-jährige Saarländer befindet sich zurzeit auf den Philippinen - Station einer neunmonatigen Weltreise. Nach drei Monaten Osteuropa, einem Monat Nepal und einem Monat Indien, geht es danach weiter in die USA, bis er Ende April nach Deutschland zurückkehrt.

Der Trailer und ein Blog zum Film "Manganiars" sind zu sehen im Internet:

youtube.com/

watch?v=vR_z_v5fBBE

manganiars-movie.

blogspot.com

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