Das Marsch-Gebäck der Kelten

Völklingen. Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte und Freund exquisiter Lebensmittel, soll beim ersten Bissen in einen Kelten-Kringel hingerissen gewesen sein und das Gebäck zur Chefsache erkoren haben

 Bäckermeister Peter Speicher backt Keltenkringel; neben ihm Mutter Mathilde. Foto: Becker & Bredel

Bäckermeister Peter Speicher backt Keltenkringel; neben ihm Mutter Mathilde. Foto: Becker & Bredel

Völklingen. Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte und Freund exquisiter Lebensmittel, soll beim ersten Bissen in einen Kelten-Kringel hingerissen gewesen sein und das Gebäck zur Chefsache erkoren haben. Auch bei den saarländischen Landräten, die kürzlich in der Staatskanzlei zusammenkamen und als Testverkoster eingespannt wurden, kamen die Kringel prächtig an, die Platte mit 50 Stück zu je 50 Gramm, geliefert vom Völklinger Bäckermeister Peter Speicher, war am Ende geputzt. So ist anzunehmen, dass die Süßigkeit auch am Markt wird bestehen können, so sie denn im Herbst verkauft wird, und zwar parallel zur großen Kelten-Ausstellung im Weltkulturerbe.

Der Kelten-Kringel ist kein Feingebäck, das auf der Zunge zergeht. Sondern ein kerniges, gehaltvolles Lebensmittel, das den Eindruck vermittelt, gesund und kräftigend sein zu wollen und deshalb verwandt ist mit Gesundheitsriegeln aus der Bio-Bäckerei. Senior-Bäckereichefin Mathilde Speicher liegt wohl nicht ganz falsch mit der Einschätzung, dass der Kelten-Kringel etwas für interessierte Leute ist, "die alles mit Verstand angehen". Hendrik Kersten, Mitarbeiter von Grewenig, wäre jedenfalls damit einverstanden, "wenn der Kelten-Kringel eine kleine Mode würde".

Im keltisch-römischen Gräberfeld von Wederath-Belginum im Hunsrück wurde in einem Grab aus dem 2. und 1. Jahrhundert vor Christus ein Gebäck mit einem mittigen Loch entdeckt. Es war einem Verstorbenen mit ins Grab gegeben worden. Ein niedergeschriebenes Rezept ist nicht überliefert, durch chemische Analyse konnten aber Zutaten ermittelt werden. Die Organisatoren der Völklinger Ausstellung traten mit den Erkenntnissen der Wissenschaftler an den Bäcker Speicher mit der Bitte heran, er möge Kelten-Kringel backen, die möglichst nah am Original sind und dennoch den Geschmack der heutigen Zeit treffen.

Speicher ersetzt Hirschhornsalz der Kelten durch Backpulver, ihr Schmalz durch unsere Butter und vermengt beides mit Dinkelvollkornmehl, Honig und Eiern zu einem Brei, der sich nach 15 Minuten bei 175 Grad im Ofen zu besagten Keksen verfestigt. Sie sind eher gummig denn knusprig und drei Wochen haltbar. Der Kaloriengehalt dürfte in der Nähe von Schokolade liegen. "Mehr als zwei bis drei kann man nicht auf einmal schaffen", weiß der Bäcker. Immerhin hat es Peter Speicher, 46, mit seinen Kringeln kürzlich auf die Titelseite des Deutschen Handwerksblattes gebracht. Dort war die Rede vom "Power-Kringel". Hendrik Kersten vermutet nach eingehender Beschäftigung, dass er den Kelten als "Marsch-Gebäck" bei langen Wegen diente. Ungeklärt ist noch, warum ihn die Kelten mit Loch backten.

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